Im Samba-Takt über die Rüttelpiste: Obwohl das Autódromo Jóse Carlos Pace in São Paulo zu einem Großteil völlig neu asphaltiert wurde, verdient sich die Strecke ihren Beinamen "Waschbrett-Kurs" nach wie vor. Auf dem welligen Belag der 4,309 Kilometer langen Strecke werden die Formel-1-Boliden und ihre Fahrer kräftig durchgeschüttelt.

Bereits zwischen 1973 und 1980 war die Strecke siebenmal Austragungsort des Brasilien-GPs. In den 1980er-Jahren wurde der ursprünglich 7,9-Kilometer lange Kurs aber aufgrund von Sicherheitsbedenken auf 4,3 Kilometer zurechtgestutzt und der Grand Prix wanderte vorübergehend nach Rio de Janeiro ab. Seit dem Comeback 1990 ist das Autódromo Jóse Carlos Pace aber ein Stammgast im F1-Kalender. Die einzige Absage erfolgt im Zuge der Corona-Pandemie 2020.
Das Layout des Autódromo Jóse Carlos Pace

Der im Stadtteil Interlagos (portugiesisch für "zwischen den Seen") gelegene Kurs hat 15 Kurven und wird gegen den Uhrzeigersinn befahren. Wie viele Rennstrecken, die vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden, zeichnet sich der Autódromo Jóse Carlos Pace durch überhöhte Kurven aus. Von der Start-Ziellinie aus geht es in eine Bergab-Linkskurve, sofort gefolgt von einer Rechtskehre. In Ehren des legendären Formel-1-Weltmeisters und der brasilianischen Ikone Ayrton Senna wird diese Passage "Senna-S" genannt. Hierbei werden Kräfte von bis zu 3,87 g auf die Fahrer ausgewirkt.

Vom Senna-S geht es in die ovale Curva do Sol ("Kurve der Sonne") und auf die "Reta Oposta" – die Gegengerade. Hier können Fahrer ihr DRS auf der längsten, aber nicht schnellsten Geraden der Strecke nutzen, um ein Überholmanöver zu probieren. Kurve vier und fünf, die Discida do Lago ("Abstieg des Sees"), sind zwei Bergab-Linkshänder, die nach einer kurven Bergauf-Geraden in den Kart-ähnlichen Teil des Autódromo führen. In der langgezogenen Laranjinha ("kleine Orange") erreichen die Fahrer bis zu 180 km/h und verlangsamen für die schnellen Richtungswechsel in Pinheirinho ("kleine Tanne") nur leicht.
Auf Kurve 9 folgt die langsamste Stelle der Strecke. In Bico de Pato – "der Entenschnabel" – bremsen die F1-Piloten auf 90 km/h hinunter und schalten auf den zweiten Gang zurück. Danach heißt es wieder Gas geben, denn in der gezogenen Abwärtskurve Mergulho ("Tauchgang") kann auf über 200 km/h beschleunigt werden. Mit viel Speed schleudern sich die Fahrer in Kurve 12 wieder den Berg hinauf.

Nach einem Linksknick fängt die längste Highspeed-Passage des Autódromo an, in der die Fahrer mit einer Steigung von 10 Prozent zu kämpfen haben. Die Linkskurven vierzehn und fünfzehn können in Formel-1-Autos mit Vollgas durchfahren werden. Mit etwa 200 km/h rasen die Piloten auf der Reta de Largada ("Start-Gerade") über die Ziellinie. Ausbremsmanöver mit Hilfe von DRS vor der ersten Kurve sind eine beliebte Überholtaktik in Interlagos.

Die Technick in Interlagos
Der Autódromo Jóse Carlos Pace verlangt aber nicht nur den Fahrern alles ab: Auch die Reifen benötigen eine hohe Leistungsfähigkeit, um auf dem rauen Asphalt das Rennen durchzustehen. Die Motoren werden hingegen weniger gefordert als anderswo: Der Kurs in Interlagos liegt 750 Meter über dem Meeresspiegel, sodass ihnen etwa zehn Prozent ihrer Leistung verloren gehen. Dennoch brauchen sie richtig Power, um durch die finale Bergauf-Passage zu kommen.
In puncto Fahrzeugabstimmung müssen die Ingenieure einen Spagat erfüllen. Dafür sorgt neben dem welligen Streckenbelag auch das Streckenlayout, das mit den vielen langsamen bis mittelschnellen Kurven und der langen Bergauf-Passage am Ende der Runde einen weiteren Kompromiss abverlangt. Aus den langsamen Kurven im Infield ist neben einer guten Fahrzeugbalance auch eine gute Traktion auf die Start-Ziel-Gerade gefragt.
Zudem weist die Strecke ein verhältnismäßig niedriges Grip-Niveau auf. Besondere Würze erhält die Suche nach dem optimalen Setup schließlich durch das teilweise unberechenbare brasilianische Wetter. In der Vergangenheit gab es zahlreiche Regenrennen. Teilweise war der Niederschlag so stark, dass Sessions verschoben, unterbrochen oder vorzeitig abgebrochen werden mussten – wie zuletzt 2024, als das Qualifying notgedrungen am Sonntagvormittag ausgetragen wurde .
