McLaren feiert beim Formel-1-Rennen in China einen Doppelsieg, während auf Lewis Hamiltons ersten Ferrari-Triumph eine bittere Disqualifikation beider Scuderia-Piloten am Tag darauf folgt. Hamilton ist dennoch – im wörtlichsten Sinne - einer der Gewinner des Wochenendes, Ferrari als Team zählt hingegen zu den Verlierern. Genauso wie Red-Bull-Pilot Liam Lawson.

Formel 1 China GP: Die Gewinner des Shanghai-Wochenendes

Oscar Piastri
Was für eine Antwort auf den Australien-Ausrutscher. Oscar Piastri war bei der Formel 1 in Shanghai ohne Frage der Mann des Wochenendes. Lando Norris sah in beiden Qualifyings zwar schneller aus, aber im Gegensatz zu dem Briten reduzierte Oscar Piastri in einem augenscheinlich schwierig zu fahrenden McLaren die Fehler auf ein Minimum. Das verhalf ihm nicht nur zur Pole, sondern auch zu einem Rennen, das er locker an der Spitze bestimmen konnte. Auf einzelne Tempoverschärfungen seines Teamkollegen reagierte er immer mit Bravour, im Sprint passte er auch besser auf die Reifen auf als Norris. "Ich denke, dieses Wochenende war vielleicht weniger emotional als die ersten beiden Siege, die ich hatte, aber definitiv befriedigender", analysierte Piastri in seiner gewohnt unaufgeregten Art.

Haas
Sie waren die großen Verlierer des Saisonstarts und sahen in Australien wie das klare Tabellen-Schlusslicht aus. Waren sie dort auch. Aber neues Wochenende, neue Strecke, neue Reifen und schon war dieser Eindruck wie weggeweht. Am Freitag und Samstag mischte Haas "nur" im Mittelfeld mit - nach Australien an sich schon eine Steigerung - aber kaum befanden sich im Rennen auch die harten Reifen in der Verlosung, war der VF-24 wie ausgetauscht. Esteban Ocon düpierte sogar Andrea Kimi Antonelli auf der Strecke und hatte ihn bis ins Ziel im Griff. Oliver Bearman arbeitete sich nach einem schwachen Qualifying auf P10 vor. Zum ganz großen Zahltag wurde der Australien-GP nach Rennende durch die Disqualifikationen. P5 für Ocon! So weit vorne landete ein Haas seit über drei Jahren nicht mehr.

Isack Hadjar
Für Isack Hadjar gilt nach China eigentlich dasselbe wie für Oscar Piastri. Oder besser gesagt: Erst recht. Sein "peinlicher" Unfall vor dem Start seines Formel-1-Debüts war vor diesem Wochenende noch Gesprächsthema Nummer 1, doch recht viel besser hätte er nicht auf die Kritik reagieren können. Besonders beeindruckend: Sein siebter Platz im Qualifying. Im Rennen war die Pace auch ordentlich. Dafür hätte er sich eigentlich sogar ein paar Punkte verdient, aber das lag aufgrund mehrerer Ursachen nicht in seiner Macht.

George Russell
Dass George Russell zu den besten Fahrern der derzeitigen Formel 1 gehört, daran besteht ja schon länger kein Zweifel mehr. Aber er bekommt nicht immer die Würdigung, die er verdient. Der Mercedes-Pilot hat es sich irgendwie zu einer Kunstform gemacht, langweilige Podien einzufahren. Und das ist nicht despektierlich gemeint, sondern ganz im Gegenteil: In Australien war sein Auto eigentlich nicht Top-3-fähig, doch er war zur Stelle als die Konkurrenz Fehler machte, in China kamen auch mehrere Kandidaten in Frage, die sich hinter den beiden McLarens den dritten Platz sichern hätten können. Aber der Mercedes-Pilot war wiederum der einzige, bei dem im Qualifying und im Rennen sowohl fahrer- als auch teamseitig alles richtig gemacht wurde. Um ein Haar (oder sollen wir besser sagen 'um eine Bremse') hätte es beinahe auch noch zu Platz 2 gereicht.

Lewis Hamilton
Die Disqualifikation wirft einen etwas dunklen Schatten über das vergangene Wochenende bei Ferrari. Das zweite von Lewis Hamilton beim Team. Doch dieser Schatten darf nicht über die historische Sternstunde hinwegtäuschen, die der Rekord-Weltmeister am Samstag hinlegte. Ja, es war nur ein Sprint, schon klar. Aber sein erster Sieg in Rot ist trotzdem ein großer Moment für Hamilton. Dann auch noch die Art und Weise, wie er ihn eingefahren hat: Platz 1 im Sprint-Qualifying nach einem grandiosen letzten Sektor, absolute Dominanz im Sprint-Rennen. Wie in alten Mercedes-Tagen. Auch die Antwort gegen die Kritiker saß: Super-Qualifier Charles Leclerc hatte gleich zweimal auf eine Runde das Nachsehen. Warum nur musste Hamilton nach dem Sprint an seinem Setup basteln?

Formel 1 China GP: Die Verlierer des Shanghai-Wochenendes

Ferrari
Ferrari ist im Moment das personifizierte "Was-wäre-wenn", der Formel 1. Und das gleich doppelt. Was wäre, wenn Leclerc keinen Flügelschaden gehabt hätte. Der Monegasse ist ja der Meinung, dass er dann um den Sieg hätte kämpfen können. Was wäre, wenn Lewis Hamiltons Setup nach dem dominanten Sprint-Sieg unverändert geblieben wäre? Seiner Pace hätte es wohl kaum geschadet. Und natürlich: Was wäre, wenn die Roten endlich einmal die Qualifying-Pace konstant hinbekommen würden? Nun, im Endeffekt sind alle diese Fragen zwecklos und hätten Ferrari auch keine Punkte eingebracht. Denn stattdessen hatte Ferrari bei beiden Autos an zwei verschiedenen Stellschrauben zu wenig Sicherheitsmarge eingebaut und wurde dafür bitter bestraft. Hamilton disqualifiziert für zu viel Unterboden-Abnützung, Leclerc für Untergewicht. In der WM liegt Ferrari trotz Sprint-Sieg hinter Williams und nur knapp vor Haas.

Ferrari Formel-1-Schock: Hamilton & Leclerc disqualifiziert! (09:58 Min.)

Racing Bulls
Die Racing Bulls sahen an diesem Wochenende lange wie die tonangebende Kraft im Mittelfeld aus. Jedenfalls so lange bis man das Schicksal in die Hände der Strategen legen musste. Diese vertrauten offenbar auf die Pirelli-Prognose, dass ein 1-Stopp-Rennen nicht zu stemmen sei und beharrten - entweder von vornherein, oder weil man das Reifenmanagement auf zwei Stopps gelegt hatte - auf dieser Wahl und verloren dadurch wertvolle Punkte. Immerhin bleiben drei Zähler von Yuki Tsunoda aus dem Sprint. Zu wenig für zwei Wochenende mit solch einer überraschend guten Pace. Eigentlich könnte das kleine Red-Bull-Team schon jetzt das Mittelfeld anführen.

Liam Lawson
Nach nur zwei Wochenende könnte es das schon gewesen sein mit der Red-Bull-Karriere von Liam Lawson. Motorsportberater Dr. Helmut Marko und Teamchef Christian Horner ließen in China bereits durch die Blume durchklingen, dass der Verbleib des Teamkollegen von Max Verstappen in den nächsten zwei Wochen zur Debatte stehen würde. Das Formel-1-Wochenende in Shanghai hätte für Lawson auch ohne Unfall kaum schlechter verlaufen können: P20 im Sprint-Qualifiyng, dann nochmal P20 im Qualifying und weder im Sprint am Samstag, noch im Rennen am Sonntag machte er allzu viele Anstalten zu einer Aufholjagd. Und das alles in einem Team, das nicht nur den amtierenden Weltmeister stellt, sondern dessen Anspruch es ist, um beide WM-Titel zu kämpfen. Ob in Japan bereits Yuki Tsunoda im RB21 sitzen wird?

Alpine
Null Punkte nach zwei Grand-Prix-Wochenenden und damit der letzte Platz in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Diese Ausbeute hatten nach den Formel-1-Testfahrten in Bahrain wohl nur die wenigsten für Alpine auf dem Zettel. Was lief in Shanghai schief bei dem Team aus Enstone? Zunächst einmal war die Pace nicht auf Australien-Niveau und erst recht nicht auf dem Level der Testfahrten. Dann kamen noch Fehler dazu: Jack Doohan sammelte sowohl im Sprint als auch im Rennen Straf- anstelle von WM-Punkten, Pierre Gasly blieb allgemein farblos.

Sauber
Sauber kann China immerhin mit der Gewissheit verlassen, dass man im (hinteren) Mittelfeld-Kampf mitspielt und nicht abgeschlagen Letzter ist. Denn in beiden Qualifyings fuhr in Q2 jeweils ein Pilot der Schweizer Mannschaft noch mit, gemessen an weiten Teilen der letzten Formel-1-Saison ein Erfolg. Punkte befanden dennoch in weiter Ferne. Erst recht im Grand Prix am Sonntag, wo sich sowohl Gabriel Bortoleto mit einem Dreher, als auch Nico Hülkenberg mit einem Ausflug ins Kiesbett, der einen Schaden zur Folge hatte. Das ernüchternde Ergebnis: Platz 14 und 15 von 16 klassifizierten Fahrern.