In der Zweiklassengesellschaft der Formel 1 2024 wird hinter den fünf regulären Top-Teams genauso hart, wenn nicht sogar härter, um die letzten abfallenden Punkte gekämpft. Nach neun Rennen ist das Bild klar genug für eine Bestandaufnahme des Fünfkampfes zwischen den Racing Bulls, Haas, Alpine, Williams und Sauber. Motorsport-Magazin.com analysiert das Kräfteverhältnis.

6. in der WM / 1. im Hinterfeld: Racing Bulls im ununterbrochenen F1-Aufschwung

Das Hinterfeld hat ein zunehmend ernstes Problem, und das sind die Racing Bulls. Die starteten nach Rebranding in Bahrain eigentlich in diesem engen Fünf-Team-Block, doch seit die Saison Fahrt aufgenommen hat, hat sich das kleine Red-Bull-Team abgesetzt. Sechs von neun Rennen resultierten in Punkten, sogar 28 davon. Der Vorsprung auf die Verfolger ist dank der Konstanz bereits groß, 21 auf Haas. Und tatsächlich nur 30 hinter Aston Martin.

Von allen Teams im Verfolgerfeld haben die Racing Bulls das größte Update-Programm gefahren. Zwei Revisionen des Unterbodens, weiters Seitenkästen, Heckflügel, bereits drei verschiedene Aero-Levels für verschiedene Streckentypen. Da scheint die direkte Konkurrenz nicht mitzukommen. So war ab Australien bis auf ein Doppel-DNF immer ein Racing Bull die Nummer eins im Verfolgerfeld, und im Qualifying seit Imola, und regelmäßig in der Lage, Aston Martin zu nerven.

Das Auto scheint in seinem Rahmen ein Allrounder zu sein. Zunehmend kommt das Gefühl auf, dass die direkte Konkurrenz nicht mehr mitmag. Wenn Daniel Ricciardo sein in Miami und Kanada aufblitzendes Potenzial mit seinen in Monaco angelaufenen Bemühungen eines neuen Ansatzes konstanter abrufen kann, dann werden er und der in fast jedem Rennen verlässliche Yuki Tsunoda es schwer machen, die Racing Bulls noch einmal einzuholen.

7. in der WM / 2. im Hinterfeld: Wird Haas 2024 wieder ausentwickelt?

Der Start von Haas in die neue Ära unter der Führung von Ayao Komatsu hätte eigentlich nicht besser laufen können. Das neue Auto hat seine Renn-Probleme aus dem Vorjahr abgelegt, und ist besonders mit Nico Hülkenberg am Steuer (vier Q3-Auftritte) schnell. Wenn es um Punkte geht, dann hat der VF-24 aber nicht ausreichend Pace, um etwaige Fehler im Rennverlauf locker auszubügeln. Sicher nicht gegen die Racing Bulls.

Anders als in den letzten Jahren fährt das Team ein Update-Programm, aber kein gigantisches. Unterboden, Diffusor, kleine Verbesserungen an Verkleidung und Frontflügel sind nicht genug, um mit den Racing Bulls Schritt zu halten. Sie erfüllen eher nur das Pflichtsoll. Da überrascht es nicht, dass sich Hülkenberg in drei der letzten vier Rennen auf dem elften Platz einfand. Gut, aber nicht gut genug.

Mit gesteigerter Team-Effizienz könnte Haas aber eventuell die Lücke ohne Aufwendung von Ressourcen wieder verkleinern. Guten Strategien in Australien und Japan stehen zweifelhaften in Imola oder Kanada gegenüber. In Monaco schraubten die Mechaniker das High-Downforce-Paket falsch zusammen und sorgten für eine Disqualifikation. Und Kevin Magnussen hat bereits zehn Strafpunkte eingefahren. Komatsus neu installierte, Feedback-lastige offene Kommunikation, die er installieren will, wird nötig sein, um den Platz zu konsolidieren.

8. in der WM / 3. im Hinterfeld: Alpine zieht sich halb aus dem Formel-1-Sumpf

Die größten Schlagzeilen beim Thema Alpine waren Katastrophenmeldungen. Seit dem Saisonstart wurde der Cheftechniker ausgetauscht, Esteban Ocons Ausscheiden zu Jahresende ist bereits fix. Bei zwei Rennen in Serie gab es Konfrontationen zwischen Ocon, Pierre Gasly und dem Team. Bis jetzt hat das noch keinen Punkt gekostet, aber bei so spärlichem Angebot ist die Situation brenzlig.

In Sachen Performance ist Alpine genauso in einer schwierigen Lage. Nach zwei mäßigen Ground-Effect-Jahren versuchte man sich an einem Re-Design und scheiterte kläglich. In seiner Bahrain-Iteration war das Auto übergewichtig und schlecht ausbalanciert. Das verschob Entwicklungs-Prioritäten. Erst Gewicht loswerden, dann erst werden neue Teile produziert. Es blieb bei zwei kleineren Performance-Paketen nebst einem erleichterten Chassis.

Immerhin - das leichtere Auto verzeichnete in den letzten Rennen bessere Ergebnisse. In Monaco schaffte Gasly einen Q3-Auftritt. Die Punkte für beide Fahrer in Kanada waren eher guter Regen-Strategie gezeichnet. Unterstrichen aber, dass der A524 inzwischen auf jeden Fall im Feld angekommen ist und nicht mehr desolat hinterherfährt. Trotzdem ist auch in Sachen aktueller Performance das Auto wohl weiter hinter Haas einzuordnen.

9. in der WM / 4. im Mittelfeld: Abspeck-Williams kommt dank Albon endlich in Form

Williams kam mit großen Problemen aus der Winterpause. Das Auto wurde grundlegend überarbeitet, gleichzeitig ging das neue Management unter James Vowles die internen Prozesse an. Die Kombination war zu viel, man geriet immer weiter in Rückstand, schließlich wurden Projekte nicht fertig, mussten frühzeitig und zu schwer gebaut werden. In Australien konnte nur Alex Albon fahren, da man kein Ersatz-Chassis hatte.

Wie bei Alpine sind aus diesem Grund die rein performance-orientierten Updates dünn gesät. Bei Williams sind sie eigentlich bis auf streckenspezifische (und damit essenzielle) Teile eigentlich nicht existent. Priorität hat das Abspecken. Unterboden-Update? Nur leichter. Aufhängungs-Update? Nur leichter. Ohne Performance-Updates und mit einem verlorenen Logan Sargeant im zweiten Cockpit ist es eine anhaltende Misere.

Albon hatte vier Rennen lang den 14. Platz gepachtet. In Monaco und Kanada schien die Spar-Kur erste positive Auswirkungen zu haben. Besonders für bessere, konstante Rennpace braucht es trotzdem mehr als Gewichtsreduktion. Noch scheint der Williams ungefähr auf Alpine-Level zu sitzen. Es ist ein Rennen der Übergewichtigen, wer jetzt die Performance-Entwicklung schneller auf Schiene bekommt.

10. in der WM / Jetzt einziger Hinterbänkler? Es kriselt bei Sauber

Mit verhaltenem Optimismus ging Sauber in die neue Saison, neues Chassis, neue Aufhängung, gutes Gefühl beim Test. Das erste besorgniserregende Problem waren die Boxenstopps. Auch die hatte man im Winter verbessern wollen, doch Equipment-Probleme resultierten in wiederholten langen Standzeiten, auch die erste Behelfslösung war keine. Erst neues Equipment ab Imola schien das Problem aus der Welt zu schaffen.

Draußen auf der Strecke waren die ersten Schritte klein. Frontflügel in Australien, Unterboden in Japan, dann Valtteri Bottas in China in Q3. Doch seit Miami werden die Zweifel immer größer. Weitere Unterboden-Anpassungen in Imola brachten keine Performance-Fortschritte. Das High-Downforce-Paket für Monaco war ein Desaster, das Auto eine halbe Sekunde vom Rest der F1 weg.

Während die Konkurrenz ihre Autos verbessert, rutscht Sauber in den letzten Rennen immer weiter ab. Valtteri Bottas meldet ein eigentlich fahrbares Auto, das nur einfach zu langsam ist. Aktuell scheint es klar, dass es langsam und aerodynamisch ineffizient ist. Zhou Guanyu machte es mit zwei miserablen Rennen noch schlimmer. Aktuell ist der C44 definitiv das zehntbeste Auto. Für eine Mannschaft, die in eineinhalb Jahren Audi-Werksteam sein will, eine schwierige Lage.