DTM-Chaos auf dem Norisring! Ausfälle ohne Ende, Crashes, rote Flaggen, Full-Course-Yellows, Strafen, lose Räder und mit Thomas Preining (Manthey-Porsche) ein strahlender Sieger: Das Sonntagsrennen auf dem berühmten Stadtkurs hatte so ziemlich alles zu bieten, was man sich im Motorsport nur vorstellen kann. Ein kompletter Kontrast zum fast schon langweiligen Lauf am Samstag, in dem Jordan Pepper (GRT-Lamborghini) seinen ersten DTM-Sieg feierte.

Umso heißer ging es am Sonntag bei Temperaturen um die 30 Grad und vor 112.000 Besuchern (am Wochenende) zu. Bei all dem Chaos blieb Preining cool und überquerte den Zielstrich nach 65 turbulenten Runden als Erster. Jack Aitken (Emil-Frey-Ferrari) und sein Teamkollege, Pole-Setter Thierry Vermeulen, komplettierten das Podest auf den Plätzen zwei und drei.

DTM Crash-Festival am Norisring! Irre MotoGP-Show in Nürnberg (18:56 Min.)

Norisring: Overcut, Undercut, Preining brilliert

Die Entscheidung fiel während der beiden Pflicht-Boxenstopps: Bei den ersten Reifenwechseln gelang es Preining und Aitken in einem Zuge per Overcut-Strategie, dem Niederländer Vermeulen die Führung abzuluchsen. Ferrari-Ass Aitken manövrierte sich zunächst souverän durch viele Zwischenfälle auf der Strecke herum, bis in der Schlussphase die zweiten Pflicht-Reifenwechsel anstanden.

Diesmal profitierte Preining von einer Undercut-Strategie seines Manthey-Teams gegen Emil-Frey-Kontrahent Aitken und übernahm 15 Runden vor Schluss die Führung. Der Österreicher musste sich die Spitze hart erkämpfen und knackte Aitken im zweiten Anlauf. "Ich bin fertig", keuchte Preining mit hochrotem Kopf nach dem Zieleinlauf am ProSieben-Mikro. "Es war ein beinhartes Duell mit Jack. Er hat mir nichts geschenkt, aber es war fair und für die Fans eine tolle Show."

Karambolage! Heimspiel-Horror für Wittmann und Abt-Lamborghini

Preining hatte den Grundstein für seinen ersten Saisonsieg mit einem Top-Start gelegt: Der DTM-Champion von 2023 stürmte von P6 bis auf die dritte Position nach vorne, bevor das Rennen mit roten Flaggen unterbrochen werden musste.

Vorausgegangen war eine Kollision, die das vorzeitige Aus für Marco Wittmann (Schubert-BMW) und die beiden Abt-Lamborghini von Mirko Bortolotti sowie Nicki Thiim bedeutete. Lokalmatador Wittmann wurde ausgangs der ersten Kurve unglücklich nach rechts gedrückt, dahinter konnten die beiden Abt-Lambos nicht ausweichen. Manthey-Rookie Schuring (Manthey-Porsche) wurde auch noch von dieser Situation erwischt, konnte das Rennen aber zumindest fortsetzen.

Ein Horror-Heimspiel für Wittmann, der schon am Samstag nach einem schwierigen Qualifying und einer Kollision mit Bortolotti ohne Punkte blieb. "Das ist schade, weil das hier Marcos Heimrennen ist", sagte Schubert-BMW-Teamchef Torsten Schubert. "Da ist ein frühes Aus ganz unangenehm. Gestern im Rennen verlief alles diszipliniert. Heute hat jeder versucht, früh ein bisschen weiter nach vorne zu kommen. Das sind Renn-Sachen. Die letzten zwei Jahre war es gut am Norisring, aber in der Zeit davor hatten wir hier Crashes ohne Ende."

Abt-Pilot Nicki Thiim, der schon am Samstag unverschuldet um ein besseres Ergebnis gebracht wurde: "Typisch Norisring, erste Kurve, vier Autos nebeneinander. Wenn man hinten startet, hat man diesen Stau-Effekt. Da ist nix zu machen. Ich wurde von beiden Seiten eingedrückt. Das Heimspiel (für Abt Sportsline aus Kempten) hatten wir uns anders vorgestellt."

Norisring-Crashfestival: Neun vorzeitige Ausfälle

Das Rennen wurde nach einer 25-minütigen Unterbrechung wieder hinter dem Safety Car aufgenommen. Es war faktisch ein Neustart mit einer veränderten Renndauer von 55 Minuten plus drei Runden.

Wittmann, Bortolotti und Thiim bildeten den Anfang einer nachfolgenden Ausfall-Orgie: Auch Fabio Scherer (HRT-Ford, Rad verloren), Maximilian Paul (Paul-Lamborghini, Bremsen-Probleme), Tom Kalender (Landgraf-Mercedes) und Gilles Magnus (Comtoyou-Aston-Martin) nach einer Kollision, Luca Engstler (GRT-Lamborghini, Kollision mit Ricardo Feller), Timo Glock (Dörr-McLaren, Grund unbekannt) sahen nicht die Ziellinie - also ernüchternde neun Ausfälle.

Sieger Preining, Aitken und Vermeulen bestimmten das Geschehen an der Spitze eindeutig. Der Rest des Feldes verkam zu Statisten, während ein flüssiges Racing wegen all' der Zwischenfälle gar nicht aufkommen wollte. Maro Engel (Winward-Mercedes, von P5 gestartet) verpasste seinen zweiten Podestplatz am Wochenende als Vierter knapp. Arjun Maini (HRT-Ford), Ben Green (Emil-Frey-Ferrari), Rene Rast (Schubert-BMW) und Lucas Auer (Landgraf-Mercedes) komplettierten die Top-8. Der Österreicher Auer reist als Spitzenreiter in der DTM-Tabelle aus Nürnberg ab.

Das fünfte Rennwochenende der DTM-Saison 2025 steigt in einem Monat vom 08.-10. August auf dem Nürburgring.

DTM Norisring: So lief das Rennen am Sonntag

Die Startaufstellung: Thierry Vermeulen schnappte sich seine zweite DTM-Pole im Emil-Frey-Ferrari. Teamkollege Jack Aitken erbte den zweiten Startplatz, weil Aston-Martin-Pilot Nicolas Baert wegen eines technischen Vergehens disqualifiziert wurde. Hinter dem Drittplatzierten Arjun Maini schaffte es mit Ben Green auch der dritte Emil-Frey-Fahrer in die Top-4 der Startaufstellung. Maro Engel, Thomas Preining, Ricardo Feller und Ben Dörr komplettierten die Top-8.

Der Start: Das Feld der 24 Autos kam nur eine Kurve weit, bis das Safety Car ausrücken musste und wenig später rote Flaggen geschwenkt wurden. Im hinteren Feld wurde Marco Wittmanns Schubert-BMW von Jules Gounon (Winward-Mercedes) in den Abt-Lamborghini von Nicki Thiim gedrängt. Der Däne konnte ebenso wenig ausweichen wie dahinter Mirko Bortolotti im zweiten Abt-Lambo. Manthey-Rookie Morris Schuring bekam in dieser Situation auch noch etwas ab, konnte aber weitermachen.

Das Rennen wurde nach einer 25-minütigen Unterbrechung - leichte Verwirrung über die tatsächliche Startreihenfolge inklusive - wieder hinter dem Safety Car aufgenommen.

  • Die Top-8 beim Restart: 1. Vermeulen, 2. Aitken, 3. Preining, 4. Maini, 5. Green, 6. Dörr, 7. Engel, 8. Güven
  • Der Restart mit 55 Minuten plus 3 Runden Restdauer verlief ohne besondere Vorkommnisse. Für Action sorgte Rene Rast, der Tom Kalender und Fabio Scherer in einem Atemzug kassierte und P13 übernahm. Direkt danach öffnete sich das erste von zwei Boxenstopp-Fenstern.

    Die erste Rennhälfte: Nicolas Baert eröffnete in Runde 11 den Boxenstopp-Reigen. Auch Lucas Auer, Rene Rast und Timo Glock bogen sofort ab, um neue Reifen aufziehen zu lassen. Maro Engel legte von P7 in Runde 17 seinen Pflicht-Stopp ein. Jordan Pepper (P9) folgte im 19. Umlauf, während Rene Rast im hinteren Feld erneut zwei Konkurrenten auf einen Schlag überholte.

    In Runde 22 rief die Rennleitung eine Full-Course-Yellow-Phase aus, weil Fabio Scherer ein Rad an seinem Ford Mustang verloren hatte. Für den Schweizer war das Rennen vorzeitig beendet. Kurz zuvor war Tom Kalender wegen einer Kollision mit Gilles Magnus ausgefallen.

    In Runde 24 absolvierte Spitzenreiter Thierry Vermeulen seinen Pflicht-Reifenwechsel, Ben Green von P4 und Ben Dörr folgten. In Runde 26 reagierte Jack Aitken vom virtuellen zweiten Platz und steuerte die Boxengasse an, mit Thomas Preining (virtuell P3) im Schlepptau.

    Der Overcut klappte: Aitken und Preining kehrten vor Vermeulen auf die Strecke zurück! Arjun Maini ließ in Runde 27 als letzter Fahrer aus der Spitzengruppe neue Reifen an seinem GT3-Mustang aufziehen. Dörr und Feller kassierten je eine Penalty Lap, weil sie während der Full-Course-Yellow zu schnell fuhren - Dörr noch eine weitere wegen durchdrehender Räder beim Boxenstopp.

    Der weitere Rennverlauf: In Runde 33 zog sich Luca Engstler nach einer Kollision mit Ricardo Feller einen Reifenschaden zu und stellte seinen GRT-Lamborghini ab. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter mit einem harten Führungs-Duell zwischen Preining und Aitken, in dem der Ferrari-Pilot die Oberhand behielt (Runde 38). Kurz danach, 17 Minuten vor dem Rennende, öffnete sich das zweite Boxenstopp-Fenster.

    Maro Engel, Rene Rast, Nicolas Baert und Ben Dörr machten den Anfang und ließen ihre Reifen wechseln (alle Runde 45). In Runde 48 folgten Vermeulen von P3, Güven, Pepper, Gounon, Maini und Auer. Thomas Preining stoppte in Runde 49 und blieb Zweiter vor Vermeulen. In Runde 50 bog Spitzenreiter Aitken ab. Nach der Rückkehr auf die Strecke kam Preining von hinten angeschossen, fuhr in Kurve 1 aber einen Tick zu weit, sodass der Ferrari zunächst vorne blieb. In der nächsten Kurve klappte es dann aber für Preinings Grello-Porsche - P1!

    5 Minuten vor dem Zieleinlauf stellte Timo Glock seinen McLaren an der Dörr-Box ab, womit nur noch 15 Fahrer verblieben waren. Teamkollege Ben Dörr sammelte weiter fleißig Penalty Laps, erneut wegen eines Boxenstopp-Vergehens.