Das Formel-1-Rennen in Singapur war eine Rückkehr in die Normalität. Red Bull dominiert wieder und das Rennen war nach dem Singapur-Thriller auch kein Spektakel. Dafür wurden die Fans aber mit zahlreichen kleinen Brandherden entschädigt, darunter Kollisionen, Teamorder-Diskussionen und die kuriose Strafen-Farce rund um Sergio Perez. Ganz nebenbei haben wurde auch schon der erste Weltmeister-Titel der Saison vergeben.

Gewinner: Red Bull

Die Konstrukteurs-Krone 2023 geht fix nach Milton Keynes. Zum sechsten Mal in der Historie des Teams thront der anfangs als Partytruppe verschriene Rennstall wieder an der Spitze der Formel 1. Dass Red Bull in diesem Jahr nicht zu schlagen sein würde, war schon ziemlich früh in der Saison klar, doch die Art und Weise war dennoch beeindruckend. In Singapur leistete sich das Team rund um Chef Christian Horner den einzigen Ausrutscher der Saison, ansonsten reisten die Titelverteidiger von Sieg zu Sieg. Von 749 möglichen Punkten sammelte Red Bull im bisherigen Saisonverlauf 623 - mehr als doppelt so viele wie Mercedes auf Team-Rang 2. Der dritte Fahrertitel von Max Verstappen ist zwar noch nicht unter Dach und Fach, er ist jedoch nichts weiter als eine Formsache.

Verlierer: Sergio Perez

Es wirkt beinahe paradox, dass am selben Tag, an dem Red Bull die Konstrukteurs-Meisterschaft erringt, Sergio Perez einen seiner bittersten Nachmittag der laufenden Formel-1-Saison erlebt. Doch es ist eigentlich ein Sinnbild des Jahres. Das Rennen von Perez war schon nach wenigen Metern so kaputt wie sein Frontflügel. Aber genauso wie jener noch zumindest reparabel. Abgesehen vom schlechten Start hatte er sich bis dahin kaum etwas zuschulden kommen lassen. Das änderte sich an der Boxeneinfahrt, wo er vollkommen ohne Not eine Strafe kassierte, weil er Fernando Alonso überholte. Anschließend war sein Bolide immer noch leicht beschädigt. Das ist allerdings keine Ausrede für sein übereifriges Manöver gegen Kevin Magnussen, bei dem er den Haas-Pilot umdrehte und erneut seinen Frontflügel abfuhr. Strafe Nummer 2 war die Folge. Ein Rennen zum Vergessen für Perez. Die ganze Boxenstopp-Farce mit langem Warten in der Garage und einer kurzen Ausfahrt auf die Strecke setzte seinem bemitleidenswerten Japan-GP noch die Krone auf.

Gewinner: Max Verstappen

Rennsiege gehören bei Max Verstappen an einem gewöhnlichen Rennsonntag inzwischen fast genauso dazu wie das Zähneputzen nach dem Aufstehen - Singapur war die Ausnahme. Dennoch darf die Anerkennung für den bald dreifachen Formel-1-Champion nicht zu kurz kommen. Schließlich war Japan ein Rennwochenende, das auch für seine Verhältnisse nur selten reproduzierbar ist. Jede einzelne Session beendete Verstappen auf P1, im Qualifying hatte er fast sechs Zehntelsekunden Vorsprung auf die beiden McLaren und im Rennen nach einer kontrollierten Fahrt fast 20. Vom direkten Vergleich zum Teamkollegen reden wir erst gar nicht. Alles in allem einmal wieder ein perfektes Rennwochenende für den Niederländer, an dem man selbst mit der Lupe keinen einzigen Makel erkennen kann.

Verlierer: Aston Martin

Fernando Alonso und Teamchef Mike Krack betonten nach dem Rennen, dass die Pace des AMR23 in Suzuka besser war, als vor dem Rennwochenende erwartet. Doch das ist fast umso alarmierender, wenn man bedenkt, wo das Team zu Beginn der Saison stand. Und vor allem ist es nach diesem Grand Prix nur ein schwacher Trost. Lance Stroll können wir schnell abarbeiten: Qualifying-Aus in Q1 und anschließend ein Heckflügel-Defekt bedeuteten in Summe null Punkte. Fernando Alonso hingegen kämpfte sich immerhin zu Rang 8, schimpfte aber auf dem Weg dorthin lauthals über die Strategie seines Teams. Ein Emotionsausbruch, den wir bei dem heißspornigen Asturier in diesem Jahr noch selten so erlebt haben und der zeigt, dass das so oft gepriesene gute Verhältnis zwischen ihm und seinem Rennstall so langsam zu bröckeln beginnt. Nach den ersten Saisonrennen hatten wir den Rennstall aus Silverstone sogar im Kampf um die Vize-Meisterschaft auf dem Zettel, inzwischen rückt in Form von McLaren der fünfte Platz unaufhörlich näher.

Gewinner: McLaren

Apropos Papaya-Orange. Seit Silverstone haben wir uns beinahe daran gewöhnt, McLaren in einem Atemzug mit Mercedes oder Ferrari zu nennen. Denn mindestens dort steht die Mannschaft aus Woking im Moment auch, oder im Falle dieses Grands Prix sogar einen Schritt weiter vorne. Japan war das bisher beste Wochenende seit der Wiederauferstehung des Traditionsteams, sowohl punktemäßig mit 33 Zählern, als auch bei der Umsetzung. Fehler erlaubte man sich in Suzuka fast keine - je nachdem ob man die Kommunikation zwischen Lando Norris mit seinem Renningenieur als solchen bewerten will. Folgerichtig landeten mit Norris und Oscar Piastri auch zwei McLaren-Piloten auf dem Podium. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis sie P4 in der Team-Weltmeisterschaft übernehmen.

Verlierer: Logan Sargeant

Nein, so bewirbt man sich wahrlich nicht um eine Verlängerung seines Formel-1-Vertrages. Logan Sargeant stand schon vor der Sommerpause in der Kritik, was er sich aber seitdem leistet passt auf keine Kuhhaut: Ein selbst verschuldeter Crash in Zandvoort, ein Unfall in Singapur und jetzt auch noch zwei Unfälle in Suzuka. Von einem Aufwärtstrend gegenüber Alex Albon kann man auch nur mit sehr viel gutem Willen reden. In Japan crashte er bereits auf der ersten Qualifying-Runde hart: Klarer Fahrfehler. Im Rennen verbremste er sich dann und räumte Valtteri Bottas ab. Ein Unfall infolgedessen er auch selbst abstellen musste. Kein Wunder, dass sich Williams nach Alternativen zu dem US-Amerikaner umschaut.

Gewinner: Oscar Piastri

McLaren haben wir in dieser Rubrik schon abgehakt, aber Oscar Piastri muss dennoch einmal hervorgehoben werden. Der Australier kam als Formel-2- und Formel-3-Champion und mit einer Vertrags-Posse im Rücken mit viel Druck in die Königsklasse. Was er seitdem neben dem erfahrenen Supertalent Lando Norris abliefert, ist nicht minder aufsehenerregend. Es ist sogar so beeindruckend, dass ihn McLaren nach gerade einmal 15 Rennen umgehend mit einer Vertragsverlängerung bis 2026 ausgestattet hat. In Japan revanchierte er sich für dieses Vertrauen mit seinem ersten Formel-1-Podium. Auf dem Weg dorthin stellte er im Qualifying sogar Lando Norris in den Schatten. Sein einziges Manko: Was die Rennpace angeht, kann er mit dem Briten noch nicht mitgehen. Dementsprechend zeigte er sich nach dem Rennen auch nicht vollends zufrieden mit sich selbst. Zu Unrecht: Eine so hohe Messlatte wie Norris muss man nicht unbedingt in der ersten Formel-1-Saison überspringen.

Verlierer: Williams

Logan Sargeant haben wir schon einzeln abgehandelt, deshalb unterschlagen wir die selbst verschuldeten Unfälle und Strafen des US-Amerikaners an dieser Stelle. Aber Williams als Team muss man nach diesem Grand-Prix-Wochenende noch einmal gesondert hervorheben. Da lief in Japan gar nichts rund. Zunächst einmal war die Pace von Alex Albon im Qualifying enttäuschend - Logan Sargeant war ja schon früh raus. Im Rennen hielt es der Williams-Pilot nur wenige Meter durch, ehe er von Valtteri Bottas und Esteban Ocon torpediert wurde. Der dadurch erlittene Schaden zwang ihn kurz vor der Rennhalbzeit zur Aufgabe. Auf Teamseite kamen dann noch Patzer bei den Abläufen: Mit dem Aufbau des Ersatz-Chassis' begann das Team zu früh und kassierte daraufhin eine 10-Sekunden-Strafe.

Verlierer: Alfa Sauber

Die Erwartungen für den neuen Unterboden am C43 waren hoch. In Singapur kam er zum ersten Mal ans Auto, aber erst für Japan rechnete man sich damit größere Sprünge aus. Diese kamen dann auch, allerdings nur am Freitag. An den beiden folgenden Tagen war von dem Upgrade nichts mehr zu spüren. Die Qualifying-Pace war so, wie wir sie von Alfa in diesem Jahr schon gewohnt sind: Beide Fahrer flogen in Q1 raus. Im Rennen lief es noch schlechter: Sowohl Bottas als auch Zhou waren in die Unfälle auf der ersten Runde involviert und hatten Schäden. Zhou konnte das Rennen zwar beenden, allerdings nur auf P13. Bottas wurde nach sieben Runden ein Opfer des Verbremsers von Logan Sargeant. In Summe eine weitere Enttäuschung für die Mannschaft aus Hinwil.