Das einjährige Intermezzo von Bruno Famin als Teamchef in der Formel 1 ist zu Ende. Das bestätigte der Franzose bereits am Rande des Belgien-GPs. Am Mittwoch nach Spa gibt Alpine seinen designierten Nachfolger bekannt. Mit Oliver Oakes ist es ein auf F1-Level noch praktisch unbeschriebenes Blatt.
Oakes' Name war schon seit dem vorangegangenen Donnerstag in Spa im Formel-1-Fahrerlager kursiert. Mit dem erst 36-jährigen Briten verjüngt sich Alpine an der Spitze wesentlich. Verzichtet zugleich aber auch auf direkte Erfahrung in der Formel 1. Wenngleich Oakes bei weitem kein Unbekannter ist. Sondern im erweiterten Motorsport-Umfeld eine respektable Erfolgsbilanz vorweisen kann.
Oakes tritt seinen Posten nach der Sommerpause an. "Oli ist sehr talentiert und hat eine tolle Bilanz in Führungsrollen und mit Erfolg im Motorsport", so Flavio Briatore, der seit wenigen Wochen bei Alpine als F1-Berater fungiert. "Sein Antreten der Rolle ist ein tolles Beispiel für die Stärke und für den Glauben, den wir in unser Team und in junge, aufstrebende Leute haben. Ich freue mich, mit ihm zusammenzuarbeiten, mit dem Fokus, aufzusteigen und Rennen zu gewinnen."
Oakes selbst bedankt sich bei Briatore und bei Renault-CEO Luca de Meo für die Chance: "Das Team hat talentierte Leute und im Kern exzellente Ressourcen. Ich bin zuversichtlich, dass wir zusammen viel erreichen können. Sowohl im Rest der Saison als auch langfristig. Ich freue mich darauf, nach der Sommerpause loszulegen."
Wer ist der neue Alpine-Teamchef? Oliver Oakes im Portrait
Wer Nachwuchs-Rennserien wie die Formel 2 verfolgt, dem ist Oakes eventuell schon einmal untergekommen. Vielleicht sogar als Fahrer. 2005 holte er in einem Feld mit den späteren F1-Piloten Jules Bianchi und Valtteri Bottas einen Kart-Weltmeistertitel. Nach dem Wechsel in den Formelsport wurde er zwei Jahre lang im Red Bull Junior Team gefördert, doch der Erfolg in den höheren Klassen blieb aus.
Nach einer punktelosen GP3-Saison ließ er es nach 2010 bleiben und startete sein eigenes Kart-Team. 2015 kam der nächste Management-Schritt: Oakes übernahm das brachliegenden Juniorteam Hitech und stellte es als Formel-3-Team neu auf. 2016 holte George Russell für ihn den dritten Rang in der Meisterschaft.
Ab da ging es für Hitech steil bergauf. In den folgenden Jahren expandierte Oakes die Operation Schritt für Schritt in andere Nachwuchs-Serien. Das kulminierte 2020 in einem Einstieg in die Formel 2, mit finanzieller Hilfe von Dmitry Mazepin, dessen Sohn (und späteren F1-Piloten) Nikita Hitech auf den fünften Gesamtrang brachte. 2023 reichte Hitech mit Unterstützung eines kasachischen Geschäftsmannes eine Bewerbung um einen der zwei offenen F1-Startplätze an, wurde aber abgewiesen.
Nachwuchssport zu Formel-1-Teamchef: Nicht ohne Vorbilder
Hitech ist aber auch sonst durchaus mit der Formel 1 verbunden. Mehrere Teams, darunter Red Bull, vertrauten Oakes schon ihre Förderpiloten an. Abgesehen davon ergänzte er Hitech um einen Arm für Forschung und Entwicklung, der sich als Motorsport- und Automobil-Dienstleister anbietet, auch über Nachwuchs-Sport hinaus.
Oakes mag also jung sein und noch keinen direkten F1-Job haben, hat aber seinen Lebenslauf im relevanten Umfeld gut gefüllt. Dass so eine Verpflichtung Erfolg haben kann, zeigt die Vergangenheit. Red-Bull-Teamchef Christian Horner folgte fast dem identischen Weg: Ex-Formelsport-Pilot, baute sein eigenes Team auf, dann wurde er von Red Bull direkt als Teamchef angeheuert.
Formel-1-Team von Alpine vor großem Wandel
Oakes ist nun auch eine Symbolfigur für den großen anstehenden Wandel der im britischen Enstone beheimateten Alpine-Mannschaft. Erst Ende Juni war Flavio Briatore, einst Teamchef, offiziell als Berater zurückgekehrt. Mit ihm am Ruder hatte Enstone erst als Benetton, dann als Renault-Werksteam die größten Erfolge inklusive Titel gefeiert. Ehe er für die Manipulation des Singapur-GP 2008, bekannt als Crashgate, an die Luft gesetzt wurde.
Seit Briatores Rückkehr hat sich viel getan: Bruno Famin wurde nach nur 12 Monaten als Teamchef verabschiedet. Zugleich wurde die Entscheidung getroffen, das eigene Motorprogramm zu beenden. Ein Arrangement als Mercedes-Kundenteam ab 2026 ist das wahrscheinlichste Szenario.
So hat Alpine 2024 inzwischen das ganze Management ausgetauscht. Briatore und Oakes werden auf technischer Seite um David Sanchez als Technik-Direktor (seit Mai) ergänzt. Auch das technische Leadership-Team unter ihm war nach Abgängen zu Saisonbeginn in ein Dreier-Gremium umstrukturiert worden. Der Standort Enstone hat außerdem seit Jahresbeginn mit John Woods einen Chief Operating Officer.
Oakes ist der siebte Mann, der seit Renaults 2016 vollzogenem werksseitigen Wiedereinstieg in Enstone als Teamchef oder in einer ähnlichen Rolle fungiert. An diversen Punkten waren Fred Vasseur, Cyril Abiteboul, Marcin Budkowski, Davide Brivio, Otmar Szafnauer und Bruno Famin in Führungspositionen zu finden. Nur Famin ist noch beim Unternehmen beschäftigt. Nach seinem F1-Abtritt bleibt er für andere Motorsport-Projekte von Renault verantwortlich. F1-Experte Christian Danner hat bei der Stabilität des Teams seine Zweifel - mehr dazu gibt es im aktuellen 'AvD Motorsport-Magazin':
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