McLaren muss die Fehler abstellen - angefangen bei den Fahrern. An den letzten Grand-Prix-Wochenenden der Formel 1 häuften sich kleine, aber doch gravierende Fehler bei Oscar Piastri, vor allem aber bei Lando Norris. Durch ihre jüngsten Patzer in Spa-Francorchamps verloren sie wertvolle Positionen gegen ihre Hauptkonkurrenten. Teamchef Andrea Stella kündigte zur Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte eine teaminterne Fehleranalyse an.

Weckruf für McLaren: Lando Norris mit wiederkehrenden Problemen beim Start

"Es sind marginale Dinge, die hier und da kleine Anpassungen erfordern", beschwichtigte Stella die Tragweite der Fehlerserie von Lando Norris. In der Startrunde beim Großen Preis von Belgien reihte sich ein weiterer Lapsus ein. Der Brite geriet in La Source (Kurve 1) mit den linken Reifen ins Kiesbett, wodurch Piastri, Russell und Sainz passieren konnten. Dementsprechend fiel der McLaren-Pilot gleich zu Beginn des Rennens von Startplatz vier auf die siebte Position zurück. Am Ende war dies möglicherweise auch ausschlaggebend dafür, dass er sechs Zehntel hinter Max Verstappen ins Ziel kam und somit in der WM den Punktevorsprung des Spitzenreiters nicht schmälern konnte.

Start: McLaren-Fahrer Lando Norris leicht im Kiesbett
Beim Start in Belgien kam Lando Norris ins Kies, Foto: LAT Images

"Ich glaube, Lando war ein wenig abgelenkt von dem, was auf der Innenseite passierte und kam aus der Spur", suchte sein Boss nach dem Rennen eine Entschuldigung. Eine Ablenkung, die einem Formel-1-Fahrer mit Titelambitionen allerdings nicht unterlaufen darf. Trotz der aktuell guten Verfassung von McLaren mache ein solcher Positionsverlust am Start - zumal die Abstände im F1-Feld derzeit richtig eng sind - den Kampf definitiv nicht leichter, so Andrea Stella.

Jetzt steht bei McLaren die Analyse der verpassten Gelegenheiten ganz oben auf dem Zettel, um mit Norris und Piastri eine individuelle wie auch kollektive Verbesserung im Team zu verfolgen. Eine Auffälligkeit hat sich dabei bereits manifestiert, wie Stella bemerkte: "Bei Lando sieht es so aus, als ob die verpassten Gelegenheiten statistisch gesehen eher in der Anfangsphase des Rennens geschehen. Wir müssen also prüfen, ob dies aus bestimmten Gründen der Fall ist oder ob es sich um einen Zufall handelt."

Norris selbst ging nach dem Rennen in Spa deutlich härter mit sich ins Gericht als sein Teamchef. Er sieht ein, dass er in den letzten Rennen wegen suboptimaler Starts und anderer Fehler zu viele Punkte hat liegen lassen. Die Selbstkritik gibt es in diesem Artikel:

Kostete der Boxenstopp-Fehler Oscar Piastri den F1-Sieg?

Oscar Piastri hat sich in der Formel-1-Saison 2024 bislang weniger Fauxpas vorzuwerfen als Norris - wenngleich der Australier sowohl in der Qualifikation als auch im Rennen häufig hinter seinem Teamkollegen zurücklag, was die generelle Pace betrifft. Beim Belgien-GP ging jedoch ein folgenschweres Missgeschick beim zweiten Boxenstopp auf seine Kappe.

In Runde 30 kam Piastri als Letzter der Top-5-Piloten ein zweites Mal an die Box. Nachdem McLaren mit ihm in Runde 11 mit 2,05 Sekunden Standzeit der schnellste Boxenstopp des Rennens gelang, folgte der zweite Reifenwechsel, der 4,43 Sekunden dauerte und der langsamste des gesamten Rennens war. Der Stopp missglückte, weil Piastri seinen Boxenstopp-Bereich zu aggressiv ansteuerte, deshalb leicht über die Begrenzung hinausschoss und nicht die optimale Standposition für seine Crew einnahm.

Direkt nach dem Rennen, in dem er mit nur sechs Zehnteln Rückstand auf den Sieger Lewis Hamilton ins Ziel kam, entschuldigte er sich per Funk für den nicht perfekt ausgeführten Boxenstopp. Zwar wäre er auch ohne den kleinen Fehler zunächst hinter Hamilton und Leclerc rausgekommen, denn bei der Boxenausfahrt betrug der Rückstand auf den Ferrari knapp vier und auf den Mercedes knapp sieben Sekunden. Aber mit einem kleineren Abstand wäre Piastri möglicherweise in einer besseren Position zum Angriff gewesen, meinte Stella.

"Ich denke, dass sich diese eineinhalb oder zwei Sekunden, die er beim Boxenstopp verloren hat, letztendlich als relativ kostspielig erwiesen haben. Wäre man mit den frischeren Reifen früher hinter Leclerc gewesen, hätte man den Überholvorgang leichter abschließen können", lautete die Einschätzung des Teamchefs. In der Folge wäre Piastri unter Umständen auch früher hinter Hamilton aufgetaucht und hätte dessen Position gewinnen können.

Starker MCL38 - Andrea Stella fordert von Fahrern und Team Optimierung im Rennen

Die hypothetischen Szenarien beiseite gelassen, will der McLaren-Teamchef - auch mit Blick auf die vergebene Chance in Silverstone - mit der Feinjustierung an einem spezifischen Punkt ansetzen: "Wir müssen mit den Fahrern daran arbeiten, dass sie es beim Boxenstopp auch in kritischen Momenten nicht übertreiben. Denn das kann sehr teuer werden."

Schon beim Großbritannien-GP hat McLaren mit beiden Fahrern den Sieg vergeigt. Zu viele Fehler auf Team-Seite. Was genau fehlt McLaren, um ein ernstzunehmender Titelanwärter zu sein? Formel-1-Experte Christian Danner identifiziert in diesem Video die Schwachstellen des Teams:

Ist McLaren noch nicht reif für den F1-Titel? (09:25 Min.)

Andrea Stella weiß indes auch: "Die Realität ist, dass niemand ein perfektes Wochenende hat. Ich denke, das ist einfach unmöglich." Zudem gebe es eine ganze Menge, worauf man bei McLaren stolz sein könne: "Wir sind eigentlich ganz zufrieden mit dem Grad an Konstanz und Robustheit, den wir als Team haben. Wir sind das einzige Team, bei dem beide Fahrer an jedem einzelnen Grand-Prix-Wochenende Punkte geholt haben. Mega-Zuverlässigkeit bis jetzt", lobt der Teamchef.

Die Aufgabe bestehe ihm zufolge nun darin, zu überlegen, an welchen Stellen sie als Team nacharbeiten müssen und wie sie sicherstellen können, dass sie das Potenzial des Fahrzeugs stärker ausschöpfen. McLaren will aus der Arbeit, die in der Fabrik geleistet wurde, in Zukunft auf der Strecke noch größeres Kapital schlagen.

Beim Ungarn-GP rückte McLaren weniger wegen Oscar Piastris Premierenerfolg als vielmehr wegen der umstrittenen Teamorder, die dahin führte, in den Fokus. Am Team-Funk ging es rund. Lest hier das hitzige Funkspruch-Protokoll der entscheidenden Runden: