Verlierer: Red Bull

Es ist paradox: Monatelang ging es bei Red Bull neben der Strecke drunter und drüber, während sportlich alles wie am Schnürchen lief. An diesem Wochenende war es in der Affäre rund um Christian Horner und allen damit verbundenen Nebenkriegsschauplätzen erstmals ruhig, dann geht im Rennen plötzlich alles schief. Wobei: Eigentlich begann es ja schon im Qualifying mit der Startplatz-Strafe gegen Sergio Perez. Im Grand Prix geschah das, mit dem inzwischen kaum jemand mehr gerechnet hatte: Max Verstappen kann auch verlieren - mit tatkräftiger Unterstützung seiner Hinterradbremse, die sich verklemmt hatte. Das dann ausgerechnet noch an diesem Wochenende ein Abreißvisier seinen Weg an den Unterboden von Sergio Perez findet, passt irgendwie ins Bild.

Gewinner: Carlos Sainz

Keine Story hätte an diesem Wochenende schöner sein können, als die eines Sainz-Sieges. Und siehe da: Ab und zu geht doch ein Märchen in Erfüllung. Am Donnerstag wusste Carlos Sainz noch gar nicht, ob er in Melbourne starten könnte, am Sonntag spielte er den Verstappen-Ersatz in Rot und kontrollierte den Grand Prix von Runde 2 bis 58. Blinddarm-OP und seiner Ferrari-Entlassung im Winter zum Trotz. Falls Toto Wolff, Andreas Seidl und Co noch ein Bewerbungsschreiben gebraucht haben, das Rennen in Melbourne war es wohl. Sogar Red Bull hat inzwischen ein Auge auf den ehemaligen Toro-Rosso-Piloten geworfen, wie Teamchef Christian Horner am Sonntag bestätigte.

Verlierer: Fernando Alonso

Manche mögen es spitzbübisch nennen, manche die Strafe zu hart. Doch unter dem Strich ist die Stewards-Entscheidung zu Fernando Alonsos Fahrweise im Zweikampf mit George Russell vertretbar. Gefährlich war seine Bremsaktion wohl allemal, wie der Unfall von Russell beweist. Ob der Mercedes-Fahrer deshalb vollkommen unschuldig ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Doch nicht nur durch seine Aktion auf der letzten Runde hat sich Alonso eine Nennung in dieser Liste verdient. Seine gesamte Vorstellung am Renn-Wochenende war nicht so routiniert wie gewohnt. Sein Fehler im Qualifying war höchst unüblich und auch allgemein ist er im Teamduell normalerweise weiter vorne.

Gewinner: Yuki Tsunoda

Wie ein roter Faden zieht sich die Misere von Daniel Ricciardo durch den bisherigen Saisonverlauf. Doch dabei darf man nicht vergessen, dass das nur eine Seite der Medaille ist. Auf der anderen Seite hat Yuki Tsunoda aus einem guten Saisonstart endlich etwas zählbares mitnehmen können. Ein bisschen Schützenhilfe kam dazu, etwa von der Red-Bull-Bremse, dem Mercedes-Motor oder dem Russell-Alonso-Duell. Aber ohne holt man in einem Racing Bull 2024 eben auch keine Punkte. Tsunoda war sowohl im Qualifying der schnellste Pilot in der zweiten Hälfte des Feldes, als auch im Rennen. An ihm verzweifelte Daniel Ricciardo, der das Gefühl hatte alles aus dem Auto geholt zu haben - und trotzdem keine Meter gegen den Japaner hatte. Womöglich eines der besten Formel-1-Wochenenden in Yuki Tsunodas bisheriger Karriere.

Verlierer: Mercedes

Mercedes war schon vor zwei Wochen auf dieser Liste vertreten. Aber damals hatten wir ja noch keine Ahnung, wie tief das einst dominante Team der Formel 1 2024 noch sinken kann. Allzu viel Fallhöhe bleibt nach Australien aber nicht mehr. Lewis Hamiltons früher Motorschaden, George Russells Unfall auf der vorletzten Runde… Das einzige Trostpflaster dieser beiden Ausfälle ist wohl, dass keiner der beiden Briten um viele Punkte kämpfte. Mit Blick auf die restliche Saison macht diese schwache Performance es hingegen noch schlimmer. Lewis Hamilton griff an diesem Wochenende sogar zum Superlativ: Der schlimmste Saisonstart seine Karriere. Harte Worte nach 17 Jahren Formel 1. Aber statistisch mehr als zutreffend.

Gewinner: Haas

Der eine Punkt in Jeddah wurde von Haas schon bejubelt wie ein Sieg. In Australien gab es gleich doppelt Grund zur Freude, auch wenn das US-Team auf dem Weg zu P9 und P10 mehr als nur einmal ein glückliches Händchen hatte. Das virtuelle Safety Car kam Nico Hülkenberg für einen Boxenstopp gerade recht. Die Ausfälle von Verstappen, Hamilton und Russell ebenso. Nichtsdestotrotz gilt hier dasselbe Motto wie bei Tsunoda: Man muss sich erst einmal in die Position bringen, um von solchen Momenten zu profitieren und das gelang Haas nun schon ein zweites Mal in Serie. Einziger Wehrmutstropfen: Tsunoda konnte noch mehr abstauben und die Racing Bulls das Team von Ayao Komatsu dadurch überholen.

Verlierer: Logan Sargeant

Hat er an diesem Wochenende was falsch gemacht? Eigentlich nein. Sogar das Abtreten seines Autos an Teamkollege Alex Albon brachte er mit Würde über die Bühne und ohne zu Klagen. Wobei: Welche andere Wahl blieb ihm eigentlich? Dass er teamintern aber als Ersatzteillager herhalten muss, anstatt nach dem Unfall von Albon ganz normal sein Wochenende fahren zu dürfen, sollte Logan Sargeant zu denken geben. Es spricht vor allem Bände über seine Stellung bei Williams. Er ist nicht mehr als ein Platzhalter. An diesem Wochenende für Albon, mit Blick auf nächste Saison womöglich für jemand anderen.