1. Was ging bei Max Verstappen kaputt?

Max Verstappens jüngste Siegesserie endete nach neun Rennen in der vierten Runde von Australien. Er ist daran unschuldig. Es war auch kein klassisches Bremsproblem, wie man es später im Rennen etwa bei Esteban Ocon erlebte, wo sich ein Abreißvisier im Kühlschacht verfing. "Die Bremszange sorgte dafür, dass die Bremse festhing", erklärt Teamchef Christian Horner. Vom Start weg steckte es, dadurch stieg die Temperatur der rechten Hinterbremse sofort viel zu stark an.

Bis Runde vier überhitzte die Bremse so stark, dass sie an der Boxeneinfahrt komplett zerbrach. Weiterfahren unmöglich. Technische Details am Rande: Red Bull stellte dieses Jahr bei den Bremsscheiben auf Brembo um. Bei den Bremszangen nutzte man den Hersteller bereits. Und bei den Testfahrten im Winter kam es am RB20 einmal ebenfalls zu einem Bremsfeuer nach nur wenigen Runden, damals aber rechts vorne. Ob eine Verbindung mit dem Verstappen-Ausfall besteht ist aber offen. Red Bull muss erst das Auto eingehend untersuchen.

2. Warum war Red Bull mit Sergio Perez so langsam?

Ein Red Bull out, der andere landete aber mit 56,309 Sekunden Rückstand abgeschlagen auf dem fünften Platz. Sergio Perez konnte im Mittelstint teils nicht einmal Fernando Alonsos Aston Martin abschütteln. Perez war nach dem Rennen so baff, dass er sich sogar zu einer wilden Aussage hinreißen ließ: Nicht einmal Verstappen hätte Ferrari schlagen können: "Wir konnten sehen, dass Ferrari und McLaren einen Schritt vor uns waren. Wir bekamen die Balance einfach nicht ins Fenster."

Aber das war Perez' erste Analyse, Frisch aus dem Auto kommend. Christian Horner relativierte später: "Als er Fernando überholte, verfing sich ein Abreißvisier im Unterboden. Das sorgte für signifikanten Abtriebsverlust." Dass Ferrari für Verstappen nicht zu schlagen gewesen wäre, ist dann vielleicht etwas überdramatisiert. Das hier prävalente Graining-Problem hatte Ferrari zwar besser im Griff, aber Horner meint bezüglich Verstappen: "Auf den Runden zum Grid fühlte er sich wohl im Auto. Und die Sekunde hat er in der ersten Runde schnell rausgefahren."

3. Warum wurde Fernando Alonso für den Russell-Crash bestraft?

Das heißeste Thema nach dem Rennen war nicht Verstappens Bremse, sondern Fernando Alonsos Strafe. Obwohl er George Russell nicht berührt hatte, sondern lediglich durch Verlangsamen auf der vorletzten Runde Russell in die verwirbelte Luft des Aston Martin gelockt hatte. Ein vom in einer 280-km/h-Passage doch über 35 km/h langsameren Alonso überraschter Russell verlor das Auto und schlug heftig ein.

Alonso kassierte sogar eine Durchfahrtsstrafe dafür, nach dem Rennen in 20 Sekunden umgewandelt. Die Rechtfertigung ist aber nicht "Kollision verursacht", wie man das von anderen Unfällen kennt. Hier gab es keine Kollision. Die Stewards nutzen stattdessen den Paragrafen "unnötig langsames, erratisches oder potenziell gefährliches Fahren". Russells Unfall habe überhaupt nichts mit der Strafe zu tun, wird unterstrichen.

Vielmehr ist Alonsos aggressives Verlangsamen 100 Meter früher für die Stewards schlicht zu viel des Guten, und schlicht immer einen "potenziell gefährliche Situation". Weil es in einer so schnellen Passage geschah, urteilte man auch noch auf erschwerende Umstände. In Alonsos Augen völlig daneben. Seine Meinung zur Strafe könnt ihr hier lesen:

4. Wie konnte Sauber drei von vier Boxenstopps vergeigen?

"Fast gelöst", hatte Valtteri Bottas die Boxenstopp-Probleme am Vortag noch kommentiert. Das Team wollte mit Modifikationen an Nabe und Radmutter nach zwei Desaster-Stopps zu Saisonbeginn die Situation hier entschärfen. Drei von vier Stopps gingen stattdessen im Australien-Rennen schief. Mit drei verschiedenen Gründen.

Sauber-Fahrer Valtteri Bottas beim Boxenstopp
Beide Bottas-Stopps in Australien gingen schief, Foto: LAT Images

"Etwas anders, aber verwandt" sei das erste Stopp-Problem bei Valtteri Bottas gewesen, hieß es vom Team. 31,18 Sekunden stand er still, während die Mechaniker den linken Vorderreifen nicht montieren konnten. Auf der selben Seite patzte man bei Bottas' zweitem Stopp erneut. Diesmal nicht zum Nachteil des Fahrers. Aber den Mechanikern entglitt eine der Radmuttern. Die rollte in die Fastlane, dafür kassierte das Team 5.000 Euro Strafe.

Abgerundet wurde das durch einen weiteren Desaster-Stopp von 20,2 Sekunden bei Guanyu Zhou. Hier war nicht der Reifenwechsel schuld, der funktionierte. Aber Zhou hatte das ganze Rennen über Getriebeprobleme. Er konnte den Gang nicht mehr einlegen, und dann starb das Auto ab.

5. Was war bei Lewis Hamilton schon wieder los?

Doppel-Aus bei Mercedes, auch Lewis Hamilton verabschiedete sich in Australien nach 17 Runden aus dem Rennen. Auf der Onboard klang es bereits ungesund, das Team bestätigt später: Motorschaden. "Wir hatten keine Vorwarnung und werden weitere Untersuchungen anstellen müssen, wenn die PU wieder in Brixworth ist", so Ingenieursdirektor Andrew Shovlin. Auch sonst war Hamilton nicht schnell, und auch sonst hat Mercedes keinen Plan warum. In FP3 war das Auto gut. Seither miserabel. "Wir werden in den kommenden Tagen die Daten weiter durchforsten, um herauszufinden, was nicht funktioniert und warum wir derzeit nur manchmal Lichtblitze bei der Performance erkennen können", schließt Shovlin.

6. Warum war Carlos Sainz so viel stärker als Charles Leclerc?

Carlos Sainz war nach seiner Blinddarm-OP noch nicht bei 100 Prozent, aber er dominierte Charles Leclerc in Australien, als es drauf ankam. "Er war einfach besser", sucht Leclerc keine Ausreden. Er bekam die Balance im Qualifying nicht mehr auf die Reihe. Im Rennen ging es weiter. Zu viel Graining links vorne, der SF-24 war einfach zu schlecht ausbalanciert. "Ich muss einfach besser sein", gibt Leclerc nur seinen Entscheidungen und seinem Fahrstil die Schuld.

7. Wie konnte Haas drei weitere Punkte abstauben?

Schon wieder diese Haas. Diesmal landeten Nico Hülkenberg (P9) und Kevin Magnussen (P10) sogar beiden in den Punkterängen. Der nur von P16 losgefahrene Hülkenberg pokerte mit einem Start auf Hard, und cashte seine Chips in Runde 17 ein, als Lewis Hamilton ausrollte. Ein Boxenstopp unter Virtuellem Safety Car sparte ihm gute zehn Sekunden und brachte ihn mit frischeren Reifen direkt hinter Teamkollege Magnussen, der eine konventionelle Medium-Hard-Hard-Strategie fuhr.

Magnussen winkte Hülkenberg schnell durch. Nur Alex Albons Williams trennten ihn danach noch von den Punkten. Da der Williams die komplett gegenläufige Strategie fuhr - er war schon in Runde 7 gestoppt - konnte Hülkenberg mit Reifenvorteil den zweiten Stopp wieder hinauszögern und Albon ausmanövrieren. Obendrauf war die Haas-Rennpace erneut großartig. Das ermöglichte es auch Magnussen, Albon auf der Strecke noch abzufangen.

8. Warum gab es Teamorder für Oscar Piastri?

Es erscheint wie ein allzu häufiges Bild bei McLaren. Oscar Piastri landet im Rennen vor Lando Norris, und muss dann Platz machen. In Australien musste er in Runde 29 seinen dritten Platz an den Teamkollegen abtreten. Das war aber alles strategisch bedingt. Norris war eigentlich vor Piastri gestartet, hatte aber seinen ersten Stint in die Länge gezogen. Dadurch kam Piastri per Undercut vorbei.

Mit neuen Reifen schloss Norris dann wieder zu Piastri auf. Für den ist die folgende Teamorder völlig fair: "Ich fuhr hinter Leclerc her, und Lando hat uns beide eingeholt. Ich habe ehrlich gesagt gehofft, dass er an mir vorbeigeht und sich dann Charles holt." Norris hat deutlich mehr Frust. Er versteht nicht, warum McLaren nicht ihn anfangs zum Undercut holte, und ihm damit viel frühere Attacke auf Leclerc ermöglichte: "Unsere Pace war nicht so gut wie die von Carlos, aber wohl besser als die von Charles." Mehr dazu gibt es hier: