Der Große Preis von Australien erlebte kurz vor Ende des Rennens noch eine Schrecksekunde. Im Kampf um Platz sechs zwischen Fernando Alonso und George Russell flog der Mercedes-Pilot in der vorletzten Runde heftig von der Strecke ab. Wie bei Alexander Albon im vergangenen Jahr war es die tückische Kurve sechs, die kurz vor Schluss das Ende für Russells Rennen bedeutete und das Mercedes-Debakel von Melbourne perfekt machte.

Kurz nach der Schrecksekunde dann die Entwarnung. Russell funkte aus seinem Cockpit, dass es ihm gut gehe. Er machte sich mehr Sorgen um seine gestrandete Position. Russell war nach Kontakt mit der TecPro-Barriere von Kurve 6 zurück auf die Strecke geschleudert worden und befand sich in einer gefährlichen Position. Der 26-jährige forderte vehement eine rote Flagge, welche allerdings nicht kam. Das Rennen wurde unter dem Virtuellen Safety Car beendet - Carlos Sainz gewann den Grand Prix.

Heftiger Russell-Unfall kurz vor Schluss: Wie konnte es dazu kommen?

In den letzten Runden des GP konnte Russell immer näher auf Alonso aufschließen. Der Spanier hatte im ersten Stint von der ersten VSC-Phase profitiert, konnte danach die Pace der Spitzentruppe allerdings nicht mehr mitgehen. Mit vier Runden jüngeren harten Reifen war Russell, der im Rennen als Letzter zum Reifenwechsel kam, in Runde 54 von 58 im DRS-Fenster von Alonso angekommen.

Einige Runden lang versuchte es Russell vergeblich, am Altmeister vorbeizukommen. Der Aston Martin präsentierte trotz seiner durchschnittlichen Pace erneut seine über den Winter neu gewonnene DRS-Stärke. Doch in der vorletzten Runde schien es so weit zu sein. Kurz vor Kurve sechs und sieben, und damit dem Eingang zur längsten Gerade der Strecke, war Russell dicht am Heck des zweifachen Weltmeisters.

Doch dann die überraschende Wendung. Alonso ging zu einem ungewohnt frühen Zeitpunkt vor der Kurve vom Gas, drückte dann aber wieder auf den Pinsel und bremste daraufhin erneut - diesmal am Scheitelpunkt. Das Fahrverhalten Alonsos überraschte Russell dermaßen, dass er sich beim Einfahren in die Kurve verschätzte, in das Kiesbett rutschte und schlussendlich in der Bande einschlug.

"Ich bin bis auf eine halbe Sekunde herangekommen und plötzlich ist er ganz schnell auf mich zugekommen", schilderte Russell den Unfallhergang. "Er hat 100 Meter vor der Kurve gebremst und dann nochmal. Ich war direkt hinter ihm und er ist sehr langsam geworden. Das habe ich nicht erwartet."

Brake-Check von Alonso? Stewards untersuchen den Russell-Crash

Auf den ersten Blick schien der späte Unfall von Russell beinahe eine Kopie seines Singapur-Crashes aus der vergangenen Saison gewesen zu sein. Damals verschätzte sich Russell im Kampf um den Sieg in der letzten Runde und schied nach Kontakt mit der Bande ebenfalls vom Rennen aus. Doch der Australien-Crash zog dieses Mal die Aufmerksamkeit der Stewards auf sich, die unmittelbar nach dem Rennen bekanntgaben, den Vorfall zu untersuchen.

Aston Martin-Fahrer Fernando Alonso
Folgt eine Strafe für Fernando Alonso?, Foto: LAT Images

Alonso rechtfertigte sich zumindest indirekt noch im Cockpit. Unmittelbar nach dem Russell-Abflug klagte der Routinier über Probleme mit dem Gaspedal. Auch auf der langen Geraden danach ging der Spanier in einem Bereich, in dem normalerweise mit Vollgas gefahren wird, zwischendurch ebenfalls vom Gas. Nach dem Rennen wurde aus der Erstdiagnose Gaspedalprobleme eine Fehlfunktion der Batterie.

Russell wollte sich nach dem Rennen mit Schuldzuweisungen zurückhalten. "Ich bin abgeflogen, das ist meine Schuld. Ich werde ihn jetzt nicht beschuldigen. Ich kann das jetzt noch nicht richtig beurteilen, dafür muss ich erstmal die Daten sehen", erklärte der Mercedes-Fahrer selbstkritisch, fügte allerdings auch hinzu. "Es war schon ein bisschen komisch. Es ist interessant, dass es jetzt direkt zu den Stewards geht."