Die Reaktion kam schnell: Nur rund eine Woche nach aufkommenden Gerüchten, AlphaTauris Pierre Gasly könne Esteban Ocon nach dessen bis dato durchwachsener Comeback-Saison 2020 bei Renault im direkten Franzosen-Tausch ersetzen, reagierte Red Bull. AlphaTauri bestätigte am Mittwoch vor dem Emilia Romagna GP in Imola den einmaligen Grand-Prix-Sieger für die kommende Formel-1-Saison 2021.

Damit steht formal auch fest: Eine Variante, wie Red Bull das zweite Cockpit im Hauptteam besetzen kann, ist gestorben. Alexander Albon tut sich 2020 an der Seite Max Verstappens schwer. Lange protegierte die Teamführung den Briten thailändischer Herkunft uneingeschränkt, inzwischen sind diese Tage gezählt. Sowohl Teamchef Christian Horner als auch Bullen-Berater Dr. Helmut Marko erwarten eine Entwicklung, will Albon sein Cockpit 2021 behalten.

Red Bull macht Albon Druck: Hülkenberg & Perez bereit

Den vergangenen Portugal GP und das kommende Formel-1-Rennen in Imola bezeichneten die Teamoberen dabei zwar nicht als klare Deadline, dennoch gelten diese Rennen, vielleicht noch der folgende Türkei GP, als letzte Chance des 24-Jährigen, sich seinen Platz zu verdienen. Der Druck ist groß - mit Sergio Perez und Nico Hülkenberg scharren zwei erfahrene und erwiesen starke Piloten mit den Hufen. Längst machen weder Marko noch Horner einen Hehl daraus, angesichts dieser Namen womöglich erstmals auf externe Kräfte zu setzen.

„Wir müssen uns alle Optionen ansehen, sonst würden wir unseren Job nicht richtig machen. Es gibt Fahrer mit viel Erfahrung, die verfügbar sind“, betonte Horner erst zuletzt nach einem weiteren schwachen Rennen Albons in Portimao. Über ein ordentliches Maß an Erfahrung hätte inzwischen allerdings auch eine interne Lösung verfügt - Pierre Gasly nämlich.

Pierre Gasly 2020 stark, trotzdem nie Red-Bull-Kandidat

Der Franzose verfügt sogar über Erfahrung als Teamkollege Verstappens. Keine gute zwar, doch weiß Gasly nach seiner Zurückstufung zu Toro Rosso nach der Sommerpause 2019, wie es ist, neben einem Kaliber wie Verstappen bestehen zu müssen. Dennoch - oder gerade deshalb - kam der Sieger des Italien GP 2020 nie mehr in Frage für einen Rücktausch mit Albon, wie Teamchef Horner in Portugal verriet.

Albons letzte Chance in der Formel 1: Kommt danach Hülkenberg?: (13:14 Min.)

Gasly habe sich zwar mehr als nur rehabilitiert, so Horner. Allerdings könne das auch an den Rahmenbedingungen bei AlphaTauri liegen. „Pierre hat einen klasse Job gemacht, er fährt in diesem Umfeld bei AlphaTauri sehr gut, fühlt sich in diesem Auto wohl, was vielleicht auch mit weniger Druck und geringeren Erwartungen in diesem Umfeld einhergeht“, sagte Horner noch vor der formalen Bestätigung Gaslys für 2021 bei AlphaTauri in Portimao.

Horner: Gasly funktioniert 2020 dank AlphaTauri-Umfeld

Es gebe keine Garantie, dass Gasly bei einer zweiten Chance besser abschneiden würde als zuvor. „Vergesst nicht, dass er [Albon] Pierre signifikant geschlagen und mehr Punkte erzielt hat, als er letztes Jahr in dieses Auto gesprungen ist. Wenn wir sie also zurücktauschen würden, warum sollte es anders sein?!“, sagte Horner. „Unsere erste und wichtigste Priorität ist, Alex die Gelegenheit zu geben, dieses Cockpit zu behaupten“, betonte der Teamchef Red Bulls.

Dass Gasly im WM-Stand der Fahrerwertung mit 63 Punkten im laut Konstrukteurswertung aktuell siebtbesten Auto nur exakt einen Zähler hinter Albon im laut Teamwertung zweitschnellsten Boliden rangiert, spielt dabei offenbar keine Rolle. „Das Auto ist schwieriger zu fahren als der AlphaTauri. Wir wissen das, es ist sehr, sehr klar“, meint Horner. „Das Auto ist auf der Hinterachse sehr viel sensibler und ich denke, dass das für Fahrer zermürbend sein kann.“

Red Bull schwer fahrbar: Albon im AlphaTauri stark wie Gasly?

Verstappen gehe damit unglaublich gut um, so der Brite. „Andere Fahrer haben damit mehr gekämpft. Das ist einfach Tatsache“, betonte Horner. Würde Albon im AlphaTauri sitzen, würde er dort vielleicht einen sehr ähnlichen Job machen wie Gasly, so Horner. „Da habe ich keinen Zweifel“, sagte der RBR-Teamchef. „Es liegt einfach an der Charakteristik unseres Autos. Sie haben am Kurveneingang damit zu kämpfen.“ Ungewöhnlich sei das in der Formel 1 nicht, beugt Horner gleich einmal der nun logischen Kritik an der Fahrbarkeit des RB16 vor. Horner: „Du siehst das gerade auch ein wenig bei Ferrari mit Leclerc und Vettel, du hast es heute im Rennen mit Hamilton und Bottas gesehen. So ist es eben manchmal.“

Abseits dieses Arguments nannte Horner noch einen zweiten Grund dafür, warum Gasly keine zweite Chance bei Red Bull erhält. „Ihre Ansprüche als Team sind außerdem andere, als sie es als Toro Rosso waren. Deshalb ergibt es Sinn, dass es für beide Richtungen passt, für Pierre und das AlphaTauri-Team“, sagte Horner. Damit zielte der Teamchef auf das neue Image des einstigen Juniorteams. Seit der Umbenennung in AlphaTauri sieht Red Bull das ehemalige Toro Rosso eine sehr viel gleichwertigere Rolle ausführen.

AlphaTauri emanzipiert, Gasly als Teamleader

Ein gleichwertiges Schwester- statt Nachwuchsteam also, das einen Teamleader braucht - und mit Gasly gefunden hat. "Ich werde das Maximum geben, um das Team zu pushen, und werde sämtliche Verantwortung übernehmen, um es so weit nach vorne zu bringen, wie ich nur kann“, sagte der Franzose im Zuge seiner Bestätigung für 2021 selbst.

Bei Red Bull stehen damit nur noch drei Namen auf der Liste. Albon, Hülkenberg und Perez. Einen Shootout unter Live-Bedingungen noch 2020 schließt Red Bull unterdessen aus. Albon soll die Saison regulär beenden, so Horner. „Wir sind Alex dieses Jahr verpflichtet“, versicherte Horner. „Er hat das Talent, ist in seinem zweiten Jahr in der Formel 1 und es ist hart, gegen Max anzukommen. Ich hoffe, dass er nächstes Wochenende in Imola zurückschlägt.“

Albon-Aus bei Red Bull? AlphaTauri kein sicherer Plan B

Sollte das nicht geschehen und Red Bull sich für Perez oder Hülkenberg entscheiden, stellt sich als nächstes die Frage, ob Albon wie einst Gasly zurück ins B-Team darf - oder gänzlich aus der Formel 1 ausscheidet. Nach der Gasly-Bestätigung bleibt nur noch ein Platz offen - der von Daniil Kvyat. Mit gerade einmal 14 WM-Punkten wackelt der Russe bedenklich. Zuletzt gab sich Kvyat fast schon resigniert, gleichgültig, seinem Schicksal ergeben.

Eine Garantie ist das für Albon dennoch mitnichten. Aus der Formel 2 drängt Yuki Tsunoda nach. Zuletzt erklärte Helmut Marko, der junge Japaner sei bereits klar für AlphaTauri vorgesehen - vorausgesetzt, Tsunoda sammelt die noch nötigen Superlizenzpunkte. Das allerdings ist nur mehr Formsache. Der Formel-1-Ausstieg des japanischen Motorenherstellers und Red-Bull-Partners Honda soll sich unterdessen nicht negativ auf die Chancen des Red-Bull-Juioren auswirken.