Es ist Donnerstag, aber im Formel-1-Fahrerlager von Imola tut sich noch nicht viel. Denn beim Emilia Romagna GP wird 2020 ein neues Wochenend-Format getestet. Erstmals werden sich die Fahrer und Teams mit nur einem Training am Samstagvormittag auf Qualifying und Rennen vorbereiten müssen.

Um dieses Experiment möglich zu machen, musste die FIA selbst noch vor wenigen Tagen das Reglement der Formel 1 final anpassen. Ganz eindeutig sind die Meinungen noch nicht, ob der Test beim Comeback in Imola Sinn macht. Motorsport-Magazin.com summiert die wichtigsten Punkte: Was neu ist, und was Fahrer und Teams darüber denken.

Formel 1 Imola: Das ist der Sonder-Zeitplan

Freitag:
14:00 Uhr: Pressekonferenz
Samstag:
10:00 Uhr - 11:30 Uhr: 1. Freies Training
14:00 Uhr: Qualifying
Sonntag:
13:10 Uhr: Rennen

Ein normales Formel-1-"Wochenende" beginnt eigentlich schon am Donnerstag mit dem Medientag, an dem 2020 alle Fahrer gestaffelt in der Pressekonferenz antreten müssen. In Imola wandert diese Pressekonferenz auf den Freitag. Außerdem werden sich neben den Fahrern auch alle Teamchefs in der Pressekonferenz einfinden müssen. Gefahren wird erst am Samstag: 90 Minuten Training müssen reichen, um sich einzuschießen. Zweieinhalb Stunden Mittagspause folgen. Mit dem Start des Qualifyings um 14:00 Uhr wird das Wochenende dann de facto zu einem normalen.

Formel 1 muss für Imola-Zeitplan Reglement ändern

Das bedeutet natürlich Reglements-Anpassungen, am Montag wurde eine revidierte Fassung des Sportlichen Reglements veröffentlicht. Abgesehen von dem Zeitplan auf der Strecke wurde auch eine weitere Fahrerbesprechung eingefügt. Eigentlich findet die am Freitag nach FP2 statt, damit haben die Fahrer zu Vorgängen auf der Strecke schon eine Meinung. Ohne Freitags-Training wurde in der samstäglichen Mittagspause ein weiteres Meeting eingefügt, um den Fahrern die Chance zu geben, auf etwaige Probleme hinzuweisen.

Da zweieinhalb Stunden Fahrtzeit wegfallen, wurden die Reifenlimits außerdem um drei Reifensätze hinuntergesetzt. Zwei Sätze Hard, zwei Medium (einer weniger), sechs Soft (zwei weniger) bekommt jeder Fahrer. Drei Reifensätze müssen nach dem Training außerdem zurückgegeben werden und dürfen danach nicht mehr verwendet werden.

So plant die Formel 1 für Imola

Nur 90 Minuten Trainingszeit sehen viele als Herausforderung. Besonders, da Imola für die Formel 1 praktisch eine neue Strecke ist. 2006 wurde hier das letzte Mal gefahren. Seither wurde umgebaut, und bis auf ein paar Testrunden kam kein Team mehr hierher. Die Fahrer kennen die Strecke entweder gar nicht, oder sind vor Jahren zum letzten Mal in einer Nachwuchsklasse hier gefahren.

"Ich schätze, wir haben alle die gleiche Zeit, um in den Rhythmus zu kommen, und dann ins Qualifying, das sollte aufregend werden", glaubt Sebastian Vettel. Großen Stress macht er sich deswegen aber nicht: "Weniger Zeit für das Setup des Autos, aber heute wissen wir sowieso, wo das Auto sein muss."

Zielkurve, Asphalt und Boxenanlage sind in Imola neu, Foto: Ferrari Press Office
Zielkurve, Asphalt und Boxenanlage sind in Imola neu, Foto: Ferrari Press Office

Mercedes' Cheftechniker James Allison stimmt dem zu. Sicher, schwieriger wird es: "Weil wir keine lange Checkliste von Dingen haben, die in der Vergangenheit hier schiefgegangen sind, und wir haben kein detailliertes Wissen über das Fahrzeug-Verhalten. Aber wir haben ziemlich gute Simulationswerkzeuge."

"Solange wir wissen, wie der Asphalt aussieht, wie uneben er ist, und solange wir das Layout der Kerbs und der Rennlinie kennen, können wir eine ganz gute Einschätzung bekommen, was wir brauchen, um auf dieser Strecke schnell zu sein", meint Allison.

Verstappen zweifelt: Kürzung in Imola etwas dumm

Die Fahrer wissen jedoch nicht ganz, was sie von der Idee halten sollen. "Wenn wir es bei einer Strecke gemacht hätten, die wir kennen, und die wir mit den heutigen Autos befahren haben, dann ist es kein Problem", glaubt Max Verstappen. Das ist in Imola nicht der Fall. "Gebt uns zwei Sessions, nur um ein paar Dinge auszusortieren und sicherzugehen, dass alles funktioniert, statt einer Session."

Imola 2006 - die Formel 1 war eine andere, Foto: Sutton
Imola 2006 - die Formel 1 war eine andere, Foto: Sutton

"Das Zweitages-Format, es ist mir relativ egal, aber gebt uns einfach zwei Trainings-Sessions", meint Verstappen. "Da ist es auch besser, zwei einstündige Sessions zu haben statt einer eineinhalbstündigen. Das ist denke ich etwas dumm."

"Ohne Daten, von denen wir ausgehen können, wie das in Imola der Fall ist, gibt es weniger Feintuning, und man muss das große Ganze sehen", sagt Ferraris Chef-Renningenieur Matteo Togninalli voraus. "Natürlich hilft der Simulator, besonders um den Fahrer schnell in die Strecke einzuführen. Nicht nur beim Layout, auch andere Features, die die Autoperformance beeinflussen. Bodenwellen, Kerbs, richtige Linien, Bremspunkte." Einig sind sich alle: Es muss diesmal wirklich so viel wie möglich gefahren werden. Kein Bummeln im Training, keine 15 Minuten parken.

Formel 1 kehrt auf veränderte Imola-Strecke zurück

Wer 2006 das bisher letzte Imola-Wochenende der Formel 1 verfolgte, dem wird 2020 außerdem eine umgebaute Strecke erwarten. Der Boxenkomplex wurde seitdem komplett umgebaut. Außerdem ist die letzte Schikane vor dem Ziel, die 'Variante Bassa', verschwunden: Nun geht es vollgas von Rivazza über die Ziellinie und hin bis zur Variante Tamburello, jener Schikane, die einst als Folge von Ayrton Sennas tödlichem Unfall die alte Vollgas-Linkskurve ersetzte.

Die Imola-Boxengasse ist neu, Foto: LAT Images
Die Imola-Boxengasse ist neu, Foto: LAT Images

Das macht die Strecke in ihrer 2020er-Konfiguration etwas kürzer. 2006 fuhr Michael Schumacher mit 1:22.795 über 4,933 Kilometer auf die Pole. Das aktuelle Layout hat ohne Variante Bassa nur noch 4,909 Kilometer.

Abgesehen davon hat sich wenig verändert. Die Strecke ist eine klassische anspruchsvolle Berg- und Talfahrt, bietet verschiedene Kurvenprofile, und die Track Limits sind Kies und Gras. Ohne die letzte Schikane kann eine gut ein Kilometer lange DRS-Zone eingerichtet werden, die beim Überholen helfen soll.

Mercedes in Imola kurz vor Formel-1-Titel

Das Kräfteverhältnis in der Formel 1 erwartet keine großen Verschiebungen. Mercedes vorneweg könnte sogar schon den Konstrukteurs-Titel klarmachen, solange Red Bull sie nicht um 34 Punkte aussticht. Red Bull wird eher hoffen, dass sie ihre Rennpace nach einem enttäuschenden Portugal-Auftritt wieder ins Reine bringen können.

Alex Albon läuft die Zeit davon - er braucht in Imola nun schon eine herausragende Leistung, um sein Cockpit zu halten. Dabei muss er aufpassen, denn das Mittelfeld ist gefährlich. Bei Racing Point, Ferrari, McLaren, Renault und AlphaTauri ist ein letztes kleines Wettrüsten ausgebrochen. Im Streit um einen Top-fünf-Platz wird die verkürzte Trainingszeit eine kritische Rolle spielen. Denn die Abstände sind hier so eng, dass richtige Setup-Entscheidungen eine massive Rolle spielen könnten. Gerade bei Teams wie McLaren, die zuletzt mit ihren Upgrades Probleme hatten.

Alfa Romeo, Haas und Williams rechnen sich weiterhin keine großen Chancen aus. Ein Wetterchaos ist keines angekündigt, und aus eigener Kraft zweifeln die Hinterbänkler der Saison 2020 stark daran, dass sie um Punkte kämpfen können.