"When it rains, it pours" - Dieses englische Sprichwort trifft wohl aktuell auf keinen anderen MotoGP-Fahrer besser zu als Francesco Bagnaia. Seit dem Buriram-Test Mitte Februar läuft beim dreimaligen Weltmeister gefühlt gar nichts mehr zusammen, Woche für Woche folgt ein neuer Tiefschlag. Und wer dachte, dass es nach einem der drei schlechtesten Wochenenden seines Lebens in Le Mans nicht mehr schlimmer kommen könnte, der wurde in Silverstone eines Besseren belehrt.

Dabei sah die Welt nach dem Qualifying am Samstagvormittag eigentlich schon viel besser aus, hatte Bagnaia sich doch als Dritter qualifiziert und damit erstmals im Jahr 2025 einen besseren Startplatz als Teamkollege Marc Marquez ergattert. Doch das Bild trügte schon damals. "Ich war sechs Zehntel langsamer als die Pole und zwei Zehntel langsamer als gestern. Ich war daher selbst überrascht, mit dieser Rundenzeit in der ersten Reihe zu stehen", machte auch Bagnaia selbst keinen Hehl daraus, dass Startplatz drei vielmehr das Resultat der Fehler anderer Piloten und nicht jenes einer eigenen Leistungssteigerung war.

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Francesco Bagnaia: Schwach im Sprint, Totalausfall im Grand Prix

Die Bestätigung folgte knapp dreieinhalb Stunden später im Sprint. Nach den ersten Runden noch auf Platz drei liegend, wurde der Ducati-Pilot in der zweiten Rennhälfte gnadenlos durchgereicht und kam nur als Sechster ins Ziel, sieben Sekunden hinter Sieger Alex Marquez. Die üblichen Sprintprobleme? Nicht ganz. "Nach vier Runden war mein Hinterreifen hinüber, was merkwürdig ist. Es lag aber nicht am Reifen, sondern am Motorrad, weil es mir nicht dabei hilft, in die Kurven einzulenken", klagte Bagnaia. "Wenn ich bremse und einlenke, bin ich nicht auf der korrekten Linie. Ich muss das Bike dazu zwingen, einzulenken." Das gehe nur, indem der Hinterreifen zusätzlich beansprucht werde - und auf einer Reifenfresser-Strecke wie Silverstone ist das Gummi dann nun mal schnell aufgebraucht.

"Es war dann ein Überlebenskampf bis zum Ende. Andere haben mich überholt, als wäre ich nicht da", beschrieb Bagnaia die zweite Sprinthälfte. Hoffnung auf Besserung am Sonntag hatte er kaum, wurde im Grand Prix zunächst aber positiv überrascht. "Mein Gefühl nach dem Start gut. Nach dem Sturz von Marc war ich direkt hinter Fabio [Quartararo, Anm.] und habe gemeinsam mit ihm eine Lücke nach hinten aufgemacht", begann er die Rennanalyse am Sonntagabend.

Francesco Bagnaia war nach dem Start noch Zweiter, Foto: IMAGO / Action Plus
Francesco Bagnaia war nach dem Start noch Zweiter, Foto: IMAGO / Action Plus

Dann allerdings der erneute Tiefschlag: "Als die Rote Flagge kam, mussten wir den Hinterreifen wechseln und einen neuen einsetzen. Von da an hat wieder nichts mehr funktioniert. Ich bin rumgerutscht, hatte überall ein durchdrehendes Hinterrad und keinerlei Traktion, alle haben mich überholt." Nach der ersten Runde des neugestarteten Großbritannien-GPs noch Zweiter, wurde Bagnaia in den folgenden zweieinhalb Umläufen bis auf P13 zurückgereicht, ehe ihm ein Sturz in Kurve sieben weiteres Übel ersparte.

Marc Marquez stichelt gegen Bagnaia: Der Fahrer ist das Problem!

Warum aktuell nichts mehr zusammenlaufe? "Ich weiß es nicht", präsentierte sich der 30-malige MotoGP-Rennsieger planlos. "Es war schwierig, mich überhaupt in die Kurven zu lehnen. Das war äußerst merkwürdig." Zurückzuführen sind all die Probleme Bagnaias wohl auf das fehlende Gefühl für die Front der Ducati Desmosedici GP25, über die der Italiener schon seit Saisonbeginn in Buriram klagt. In Silverstone erreichten diese aber nochmal ein neues Ausmaß. "Ich konnte nicht einmal fühlen, ob ich einen weichen oder harten Vorderreifen fahre. Das sind zwei komplett verschiedene Reifen und für mich haben sie sich identisch angefühlt", lautete das bittere Geständnis.

Hoffnung macht Bagnaia, dass Teamkollege Marquez in Silverstone erstmals mit identischen Problemen zu kämpfen hatte. Auch der MotoGP-Superstar klagte über Probleme mit der Front, stürzte im Grand Prix kurz vor dem Abbruch auf diese Art und Weise. Der Umgang mit den Problemen ist beim achtmaligen Weltmeister aber ein ganz anderer. "Wenn du viele verschiedene Setups ausprobierst und dich mit keinem davon wohl fühlst, dann bedeutet das, dass du das Problem bist und nicht, dass das Motorrad das Problem ist", berichtete er bereits am Samstag und verteilte im Anschluss einen Seitenhieb gegen Bagnaia: "Das ist etwas, was manche Fahrer gerne mal verwechseln. Wenn du vier, fünf verschiedene Setups ausprobierst und das Problem immer noch da ist, bist du das Problem. Ich werde an meinem Fahrstil arbeiten müssen."

Bagnaia beharrte bekanntlich lange auf seinem Fahrstil der letzten Jahre, wollte das Motorrad dahingehend anpassen. Erst in Le Mans gestand er sich ein, dass das womöglich nicht der richtige Weg sein könnte. So ganz angekommen scheint diese Botschaft aber noch immer nicht. "Wir haben im FP1 auf eine Art und Weise angefangen und das Wochenende mit den gleichen Rundenzeiten beendet, obwohl wir mehr oder weniger alles [beim Setup, Anm.] verändert hatten. Das Gefühl war immer noch das gleiche", gab Bagnaia am Sonntagabend fast 1:1 jene Worte die wieder, die auch Marquez 24 Stunden zuvor gewählt hatte. Während Marquez die Schuld anschließend aber bei sich suchte, blieb ein ähnlicher Ansatz bei Bagnaia (zumindest öffentlich) aus.

Francesco Bagnaia im Formtief: Wende 2025 überhaupt noch möglich?

Stattdessen warnte der 28-Jährige aus Turin: "Marc konnte die Probleme mit unserem Motorrad während dem Wochenende gut verstecken, er hat fantastische Arbeit geleistet. Ich muss aber sagen, dass dies das erste Rennen seit Ewigkeiten [Silverstone 2021, Anm.] ohne eine Ducati auf dem Podium gewesen wäre, hätte Fabio nicht den Defekt erlitten. Die Anderen holen auf, während wir stagnieren oder uns sogar verschlechtern. Wir müssen dringend einen Schritt machen." Lediglich vier Punkte sammelte Bagnaia an den letzten zwei Rennwochenenden, nur vier andere Stammfahrer schnitten in diesem Zeitraum noch schlechter ab. Der Trend fällt also alarmierend aus. Der Ducati-Star bleibt jedoch kämpferisch: "Das Gute ist, dass ich mein Potenzial kenne. Ich kann gewinnen, wenn ich ein gutes Gefühl für die Front habe."

Die große Frage lautet nur, ob dieses "gute Gefühl für die Front" mit der Ducati GP25 ohne eine größere Anpassung des Fahrstils - zu der Bagnaia aktuell nicht in der Lage scheint - nochmal zurückkehren wird. Was meint ihr: Schafft der Ducati-Pilot die Trendwende in der laufenden MotoGP-Saison noch? Sagt uns eure Meinung in den Kommentaren!