Nach dem Jerez-Test vor anderthalb Wochen hatte Ducati das gesamte MotoGP -Paddock noch rätselnd zurückgelassen. Was genau wurde am Montag nach dem Spanien-GP getestet? Als einziger MotoGP-Hersteller ließ sich Ducati nicht in die Karten blicken und auch die Fahrer gaben nur wenig Auskunft. Einzig von ein paar kleineren "neuen Teilen" wurde gesprochen - und genau ein solches wurde während dem Frankreich-GP in Le Mans nun doch enthüllt: Ein neues Chassis.

Am Trainingsfreitag erstmals während eines Grand-Prix-Wochenendes im Einsatz, stürmte Marc Marquez damit auch gleich zu zwei Trainingsbestzeiten und einem neuen MotoGP-Rundenrekord auf dem Bugatti Circuit. Um mehr als eine halbe Sekunde distanzierte der Spanier das restliche Feld im FP1 am Vormittag, im Training am Nachmittag dann noch um knappe zwei Zehntel. War dieses neue Ducati-Chassis also ein voller Erfolg? Jein.

Marc Marquez: Neues Chassis nicht schneller - und doch eine Verbesserung!

"Ich bin die Rundenzeit zwar mit dem Motorrad aus dem Jerez-Test gefahren, aber das Gefühl war auf beiden Motorrädern sehr ähnlich. Ich bin mehrmals zwischen beiden Motorrädern hin und her gewechselt und die Rundenzeiten waren sehr ähnlich", wollte Marquez die Rekordrunde am Freitagabend nicht alleinig dem neuen Chassis zuschreiben. Stattdessen hätte er die neue Le-Mans-Bestmarke von 1:29.855 Minuten laut eigener Aussage wohl auch mit dem Paket aus dem Spanien-GP fahren können.

Von fehlendem Fortschritt bei Ducati wollte die Startnummer 93 dann aber auch nichts wissen. "Das war unser Ziel, das Gefühl des Fahrers [für das Motorrad, Anm.] nicht zu verändern", betonte Marquez vielmehr, denn: "Die Ingenieure glauben, dass wir durch diese Veränderung [beim Chassis, Anm.] zukünftig mehr Performance aus unserem Paket herausholen können werden. Warum? Das weiß ich nicht. Aber ich vertraue auf sie und momentan habe ich mit beiden Bikes das gleiche Gefühl, das ist das Wichtigste."

Erklärt: Die neuen MotoGP-Regeln für Privattests und Starts (09:28 Min.)

Kein Update in Le Mans: Francesco Bagnaia von Ducati benachteiligt?

Scheint, als hätte Ducati nach den zahlreichen Verwerfungen aus den Wintertests nun also doch den richtigen Weg mit der GP25 gefunden, zumindest wenn man den Worten Marquez' Glauben schenken mag. Ein finales Urteil fällt jedoch schwer, denn Teamkollege Francesco Bagnaia konnte am Freitagabend nicht beipflichten, da der MotoGP-Weltmeister von 2022 und 2023 das neue Chassis gar nicht im Einsatz hatte. Eine Reaktion Ducatis auf das anhaltende Formtief des vermeintlichen Teamleaders? Keinesfalls. "Wir können jedem Fahrer jederzeit alles zur Verfügung stellen", meinte bereits Teammanager Davide Tardozzi im offiziellen MotoGP-Livestream am Ende von FP1 und Bagnaia klärte am Abend auf: "Ich werde es hier nicht benutzen, weil ich keine Zeit habe, es ausgiebig zu testen. Ich werde es ab Aragon nutzen."

Die Startnummer 63 verzichtete am Freitag also freiwillig auf Tests mit dem neuen Chassis, um endlich die eigenen Probleme der letzten Monate in den Griff zu bekommen - mit Erfolg. "Nach sechs Grands Prix habe ich endlich verstanden, dass das, was ich vom Motorrad haben will, nicht mehr da ist und ich auf andere Art und Weise Performance finden muss", reflektiert Bagnaia seinen Trainingsfreitag in Le Mans. Zuvor hatte er seit Saisonbeginn vergebens nach verbessertem Gefühl auf der Vorderradbremse gesucht. "Wir haben alles probiert, um stabiler auf der Bremse zu werden. Heute habe ich dann versucht, meinen Fahrstil etwas anzupassen und das hat endlich funktioniert. Ich fühle mich damit zwar nicht wohl, aber das ist der einzige Weg, wieder konkurrenzfähig zu werden."

Mit einem Rückstand von 0,184 Sekunden war Bagnaia im Training tatsächlich auch nicht weit von Stallgefährte Marquez entfernt, verlor als einziger Ducati-Pilot weniger als dreieinhalb Zehntel auf die Nummer 93. "Wenn es so weitergeht, kann ich zufrieden sein", meint Bagnaia mit Blick auf den weiteren Saisonverlauf und eine mögliche Aufholjagd im WM-Kampf. Mit 20 Punkten Rückstand in der Fahrer-WM hat er schließlich noch alle Möglichkeiten. Dennoch weiß Bagnaia, dass es bis dahin noch ein weiter Weg sein dürfte: "Ich bin der Fahrer, der in den letzten vier Jahren am meisten gewonnen hat. Da kann ich erst wieder vollkommen glücklich sein, wenn ich auch wieder der Schnellste bin und das bleibt momentan noch Marc."

Dass Francesco Bagnaia Marc Marquez am MotoGP-Samstag in Le Mans also ernsthaft fordern kann, muss aktuell noch bezweifelt werden. Mit viel breiterer Brust kommt dagegen Fabio Quartararo daher. Nach seiner Pole in Jerez hat er Blut geleckt und rechnet sich vor heimischem Publikum einiges aus: