1. Warum musste Yuki Tsunoda aus der Box starten?

Nach dem heftigen Unfall in der Qualifikation musste bei Yuki Tsunoda nicht nur das Monocoque gewechselt werden. Red Bull baute sein Auto mit älteren Aero-Teilen auf und wechselte zusätzlich noch Motor-Komponenten. Dadurch entsprach das Auto nicht mehr jener Spezifikation, mit der im Qualifying gefahren war. Bei einem Bruch des Parc-fermés sieht das Reglement immer einen Start aus der Boxengasse vor.

2. Warum war Red Bull so schnell?

Max Verstappen legte den Grundstein für den Sieg mit dem Überholmanöver nach dem Start. Da traute er aber dem Braten noch nicht. "Ich war auch in Miami vorne", erinnerte er sich. McLaren-Pilot Oscar Piastri sah es von der anderen Seite erst einmal gelassen. "Ich war da noch nicht übermäßig besorgt", gab er zu. Auch er wusste, was vor zwei Wochen in Miami passierte: Verstappen gingen nach wenigen Runden die Reifen ein, McLaren konnte auf der Strecke die überlegene Pace ausspielen.

Doch genau das passierte in Imola nicht: Verstappen setzte sich von Piastri leicht ab. Auch Lando Norris kam in freier Fahrt nicht näher. Warum? "Wir wussten, dass es hier ausgeglichener sein würde, aber ihre Pace hat uns überrascht", meinte McLaren-Teamchef Andrea Stella. Einerseits schienen die kleinen Updates am RB21 funktioniert zu haben. Nach Setup-Änderungen fühlte sich Verstappen am Samstag richtig wohl. Dazu kommt die Streckencharakteristik des Autodromo Enzo e Dino Ferrari: Schnelle Kurven liegen dem Bullen.

3. Welche Strategie war besser: 1 oder 2 Stopps?

Pirelli brachte die weichsten Mischungen aus dem Sortiment nicht mit nach Imola, weil sie so gut zur Strecke passten. Man wollte das Rennen dadurch spannender gestalten, weil der Zeitverlust in der langen Boxengasse extrem lang ist und das Rennen in der Emilia-Romagna deshalb für Einstopp-Strategien prädestiniert ist.

Tatsächlich ging Pirellis Strategie auf: Einige Piloten setzten freiwillig auf zwei Stopps. VSC und die spätere Safety-Car-Phase brachten das Rennen durcheinander, doch unter normalen Umständen war die Einstopp-Strategie schneller, das zeigte der Vergleich zwischen den beiden McLaren-Piloten deutlich. Einerseits konnte Piastri die Pace der frischen Reifen im Verkehr nicht nutzen, auf der anderen Seite brachen die Medium-Reifen bei Norris nicht im erwarteten Maße ein.

Durch die weichen Reifen gab es nicht nur unterschiedliche Strategien, sondern auch - Imola-untypisch - viele Überholmanöver. Ein- und Zweistopper mischten sich und sorgten für reichlich Rennaction.

4. War das Safety Car wirklich nötig und warum dauerte es so lange?

In Runde 46 schickte die Rennleitung das Safety Car auf die Strecke, weil Kimi Antonelli sein Formel-1-Auto am Streckenrand abgestellt hatte. Der Mercedes stand fast exakt an der gleichen Stelle, wo zuvor schon Esteban Ocon liegengeblieben war. Für die Bergung des Haas reichte aber eine kurze VSC-Phase. Antonelli löste hingegen eine acht Runden andauernde Safety-Car-Phase aus.

Der Grund für die unterschiedlichen Konsequenzen ist einfach: Der Haas wurde nach seinem Defekt in eine Tasche gerollt. Eine Tasche ist eine Öffnung in der Streckenbegrenzung. Dort stand der Haas auch noch, als Antonelli ausrollte. Entsprechend war die Tasche besetzt. Deshalb musste der gestrandete Mercedes an eine andere Stelle gebracht werden. Dafür musste das Bergungsfahrzeug über die Strecke fahren.

Sobald ein Bergungsfahrzeug auf die Strecke muss, ist das Safety Car unumgänglich. Acht Runden brauchte die Bergung, weil es durch die Boxenstopps einige Runden dauerte, bis sich das Feld hinter dem Safety Car aufgereiht hatte. Dann dauerte die Bergung länger, weil der Kran recht weit fahren musste. Dazu kam am Ende noch die Zurückrundung von Oliver Bearman.

5. Wodurch fielen Ocon und Antonelli aus?

Ocon und Antonelli sorgten für die einzigen beiden Ausfälle beim Emilia-Romagna-GP 2025. Bei Ocon entdeckten die Ingenieure einen Druckverlust in der Pneumatik. Weil die Ventile in der Formel 1 pneumatisch betätigt werden, hätte das einen kapitalen Motorschaden zur Folge haben können. Deshalb musste Ocon das Auto abstellen. Antonelli hingegen hatte Probleme mit der Gasannahme. In unregelmäßigen Abständen nahm sein Mercedes-V6 das Gas nicht mehr richtig an, ehe er gar nicht mehr anschob.

6. Kamen die Haas-Piloten absichtlich mit frischen Reifen an die Box?

Vor seinem Ausfall fiel Esteban Ocon mit einem Boxenstopp am Ende von Runde 1 auf. Dabei hatte er sich in der Startrunde keine Beschädigung eingefangen. Haas zockte von der scheinbar aussichtslosen Position, wollte durch den Stopp einen extrem aggressiven Undercut machen und dann ein defacto-Einstopp-Rennen mit Hard und Hard fahren. Der Undercut ging auf, allerdings gingen Ocon vor dem Motor noch die Reifen ein.

Liam Lawson im Racing Bull vor Esteban Ocon im Haas
Für Haas wurde es in Imola nichts, Foto: IMAGO / PsnewZ

Oliver Bearman fuhr lediglich zwei Runden auf Medium. In Runde 29 wechselte er, in Runde 31 legte er sie wieder ab. In seinem Fall war es aber keine Absicht. Beim Boxenstopp wurde das Rad vorne rechts nicht richtig festgezogen. Der Brite bemerkte es sofort, als er nach der VSC-Phase wieder auf Renntempo wechselte und musste direkt wieder an die Box kommen.

7. Wie kam Lewis Hamilton so weit vor?

Von Platz zwölf gestartet, überfuhr Lewis Hamilton die Ziellinie beim Ferrari-Heimspiel in Imola als Vierter. Der Brite profitierte dabei nicht nur von der deutlich konkurrenzfähigeren Rennpace des Ferrari. Im ersten Stint fand Hamilton auf dem harten Reifen keinen Weg an Antonelli vorbei. Erst als bei Antonelli die Technik-Probleme begannen, passierte der Rekordsieger der Formel 1 seinen Mercedes-Nachfolger.

Glücklich waren aber nicht nur die Technik-Probleme der Konkurrenz für Hamilton. Die VSC-Phase kam für ihn genau zum richtigen Zeitpunkt, das Safety Car wenig später genauso. Dann profitierte er vom Zweikampf zwischen Charles Leclerc und Alexander Albon. So kam er am Thailänder vorbei, kurz darauf überholte er seinen Teamkollegen, der auf alten Reifen unterwegs war, auf der Strecke.

8. Warum hatte Leclerc am Ende keine Reifen mehr?

Warum hatte Hamilton im Schlusssprint frische Reifen, während Charles Leclerc auf abgefahrenen harten Pneus kämpfen musste? Leclercs Problem war, dass er eine aggressive Zweistopp-Strategie versuchte. Die hätte bei ihm ohne VSC und SC auch einigermaßen funktioniert. Als das Safety Car in Runde 46 kam, hatte Leclerc schon zwei Stopps absolviert. Den ersten Stint fuhr er auf Medium, die nächsten beiden auf Hard. Ein vierter Stint war nicht einkalkuliert. Dafür hätte es nur noch Soft-Reifen gegeben. Die extrem weichen C6-Reifen traute sich Ferrari nicht einmal für den Schlusssprint aufschnallen.

9. Warum gab Leclerc Albon den Platz zurück?

Auf den abgefahrenen harten Reifen tat sich Leclerc schwer, Alex Albon auf frischen Hards hinter sich zu halten. Leclerc wehrte sich mit Händen und Füßen. Albon musste deshalb durch den Kies fahren und verlor dabei eine Position gegen Hamilton. In der Schlussrunde wies Ferrari Leclerc dazu an, Albon vorbeizulassen. Die Stewards hatten zuvor eine Untersuchung der Szene angekündigt. Ferrari hatte Angst vor einer Strafe. Fünf Sekunden hätten Leclerc bis auf Platz neun zurückwerfen können.

Deshalb ging Ferrari auf Nummer sicher und ließ Albon vorbei. Das war ein geschickter Schachzug, denn Albon hatte gute Chancen, Leclerc auch regulär zu überholen. Die Stewards legten den Fall deshalb zu den Akten. Ob Leclerc sonst bestraft worden wäre, ist fraglich, aber so kam immerhin Teamkollege Hamilton am Williams-Piloten vorbei. Mit einem einfachen Zurückgeben der Leclerc-Position wäre es eigentlich im Falle eines Fehlverhaltens nicht getan gewesen.

F1-Rätsel um McLaren-Pace: Verstappen zockt Piastri ab! (09:53 Min.)

10. Warum ist Alonso der unglücklichste Pilot der Welt?

"Das wird eine Qual. Es ist ruiniert. Ich bin der unglücklichste Pilot auf dieser verdammten Welt", funkte Fernando Alonso völlig verzweifelt. Endlich lief der Aston Martin in der Formel-1-Saison 2025 und konnte aus eigener Kraft in die Punkte fahren, doch dann kam das VSC für den Matador genau zum falschen Moment. Seine Konkurrenten bekamen einen vergünstigten Boxenstopp, Alonsos Zweistopp-Strategie ging nicht auf. Durch das Safety Car später bekam er noch eine Chance auf frischen Reifen, doch sein Punktekonto bleibt in dieser Saison weiter leer. Ein Platz oder eine knappe Sekunde fehlte ihm im Ziel auf Yuki Tsunoda auf Platz zehn.

11. Was war bei George Russell kaputt?

George Russell erlebte einen Albtraum-GP in Imola. Von Platz drei gestartet ging es für ihn nur rückwärts. Schon in den Sichtungsrunden fühlte er sich nicht wohl im Auto. Doch die Mercedes-Ingenieure und Mechaniker konnten in der Startaufstellung nichts entdecken. Im Rennen verzog sein Silberpfeil auf den Geraden. "Ich glaube, eine Spurstange ist gebrochen", funkte er. Doch die Spurstange war intakt, auf den Daten konnten die Ingenieure keine Anomalien entdecken. Womöglich waren es schlicht zu heiße Reifen an der Hinterachse, weshalb Russell das Gefühl hatte. Wie stark dem Briten die Reifen eingingen, zeigt die Tatsache, dass Leclerc - von elf gestartet - eine Runde früher zum Stopp kam und damit den Undercut schaffte.