Vor dem Start der Formel-1-Saison 2023 wurde hitzig über das Verhältnis der beiden Alpine-Piloten Pierre Gasyl und Esteban Ocon diskutiert. Die beiden Kindheitsfreunde sind sich schon seit Jahren nicht mehr grün und machten daraus auch kein Geheimnis. Warum genau, wusste allerdings niemand. Nachdem Alpine die Beförderung von Oscar Piastri vermasselte, sollte es per Notlösung ausgerechnet an den beiden zerstrittenen Ex-Kumpels liegen, das ambitionierte Werksteam wieder in die Spur zu bringen. Das Chaos schien nur eine Frage der Zeit zu sein.
Bei noch zwei verbleibenden Rennen ist allerdings festzustellen: Das Gegenteil ist der Fall. In einem weiterhin hochexplosiven Alpine-Gemisch bildeten ausgerechnet die beiden Fahrer eine der wenigen Konstanten im Team. Gasly und Ocon begegnen sich in dieser Saison überwiegend auf Augenhöhe, konnten beide sogar bereits aufs Podium fahren. Mit Zwischenfällen wie dem Japan-Ausraster von Gasly oder der Kollision in Australien wurde für Alpine-Verhältnisse in ungewohnt souveräner Art und Weise umgegangen.
Es war einmal mehr die Chefetage, die für Unruhen beim französischen Werksteam sorgte. Der ehemalige CEO Laurent Rossi wurde mehr oder weniger freiwillig in den Hintergrund versetzt, Teamchef Otmar Szafnauer wurde während des Großen Preises von Belgien entlassen. In all dem Personal-Drama rund um Alpine ging die vor der Saison heiß diskutierte Dynamik zwischen Gasly und Ocon etwas unter, auch wegen der konstanten Mittelmäßigkeit des Teams.
Gasly über Ocon: Wir sind keine Freunde
"Ich war ein bisschen besorgt darüber, wie er mich willkommen heißen und mit mir arbeiten würde", gab Gasly angesprochen auf sein erstes Treffen mit Ocon in der Fabrik in Enstone zu. "Aber ich war nicht allzu angespannt. Ich kenne Esteban schon lange und wusste, wie ich es angehen würde."
Die Zusammenarbeit läuft laut dem Franzosen auf einer professionellen und sachlichen, aber weiterhin distanzierten Ebene ab - zum Wohle des Teams. "Damit mein Team eine gute Leistung zeigen kann, müssen wir in einem gesunden Umfeld arbeiten", erklärte Gasly im F1-Podcast 'Beyond the Grid'. "Unser Arbeitsverhältnis ist, ich würde sagen sehr formal. Aber das ist alles wonach ich fragen kann. Es darf keine erbitterte Rivalität zwischen den Fahrern geben. Das weiß ich, deswegen versuche ich, was das angeht, sehr vorsichtig zu sein."
Von einem Verhältnis wie in ihren Kindheitstagen, als sich die weniger als 60 Kilometer voneinander entfernt geborenen Teamkollegen noch auf sämtlichen Kartbahnen Frankreichs duellierten, sind sie allerdings noch ein gutes Stück entfernt. "Ich würde nicht sagen, dass wir Freunde sind", gab Gasly zu. "Wir verbringen nicht viel Zeit miteinander, aber wenn wir zur Strecke kommen, geht es um die Arbeit. Da sind wir erwachsen und verantwortlich." Er fügte hinzu: "Ich weiß, dass mich Esteban nicht zum Abendessen einladen wird."
Alpine-Duell: Wir kämpfen beide um unsere Karriere
Ein Duell abseits der Strecke gibt es zwischen der Alpine-Paarung also (noch) nicht. Die Rivalität auf der Strecke schwankte dafür in der zweiten Saisonhälfte leicht in Richtung Gasly. Das Qualifying-Duell wird er in dieser Saison nicht mehr abgeben, dort steht es bei noch zwei verbleibenden Rennen 12:7. Im Rennvergleich kann Ocon höchstens noch den Ausgleich erzielen. Auch dort hat Gasly mit 10:8 aktuell die Oberhand, genau wie beim Punktestand. Elf Punkte trennen die beiden Alpine-Piloten vor dem Rennen in Las Vegas. Dass Ocon in dieser Saison bereits sechs Mal aufgeben musste (Gasly ein Mal) half ihm natürlich nicht.
"Der Vergleich ist immer wichtig", sagte Gasly angesprochen auf eine potenzielle Rivalität der beiden. "Man kann jeden Fahrer, jeden Teamkollegen fragen. Der Direktvergleich ist der erste, auf den die Leute schauen werden. Aber er ist auch die erste Person, mit der ich mich vergleichen kann. Es hat ein paar Rennen gedauert, aber ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg."
Er fügte hinzu: "Wir kämpfen beide um unsere Karriere, wir wollen beide an die Spitze und die Anführer im Team sein. Ich weiß, er will mich schlagen, aber er weiß auch, wie sehr ich ihn schlagen will. Das ist nichts Persönliches."
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