Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer macht deutlich, was sich seiner Meinung nach an den Regularien der Budgetobergrenze ändern muss. Der jüngst vom Alpine-CEO scharf kritisierte Teamchef hadert mit der technischen Infrastruktur seines Teams. Er fordert, dass Investitionen in die Infrastruktur nicht das verfügbare Budget für die Entwicklung des Autos verkürzen, um die seiner Meinung nach notwendigen Upgrades in den Fabriken in Enstone und Viry vornehmen zu können. "Wir müssen die FIA davon überzeugen, dass eine bestimmte Menge an Infrastruktur, die von allen Teams benötigt wird, um wettbewerbsfähig zu sein, nicht unter den Kostendeckel fällt. Sie haben es für Aston Martin und ihren neuen Windkanal erlaubt, weil man sonst nie einen neuen Windkanal kaufen würde. Denn die Kostenobergrenze liegt bei 36 Millionen und ein neuer Windkanal kostet etwa 70 Millionen", sagte der US-Amerikaner.

Aus den Worten des Teamchefs wird klar: Alpine würde gerne weiter in ihre Infrastruktur investieren. Der Windkanal des Teams hat in der Vergangenheit bereits Probleme verursacht. Ein neuer Simulator wurde im April 2023 bestellt, wird aber wohl erst 2025 einsatzbereit sein. Die mangelhafte Simulator-Ausstattung soll laut Szafnauer mitverantwortlich für die Baku-Misere bei Alpine gewesen sein. "Wenn wir sehr gute Simulationsapparate gehabt hätten, wäre unser Setup auch nach nur drei Runden ziemlich nah dran gewesen. Aber wir brauchen die Zeit auf der Strecke, um alles zu optimieren. Die anderen Teams brauchen das nicht", erklärte er.

Ausnahmen der Budgetgrenze: Nachteil für kleine Teams?

Die Budgetobergrenze wurde 2021 mit dem Ziel eingeführt, Chancengleichheit für die kleineren Teams herzustellen. Sie sieht unter anderem vor, dass die Teams von 2021 bis 2024 insgesamt 36 Mio. Dollar für Kapitalkosten, sprich Anlagen und Maschinen in den Fabriken, aufwenden dürfen. Der Betrag wurde für 2021 auf 45 Mio. Dollar angehoben, da einige Teams aufgrund der Pandemie die ursprünglich für 2020 geplanten Kosten auf 2021 verschieben mussten. Für den Zeitraum 2022-2025 und alle folgenden Vierjahreszeiträume wurde der Freibetrag wieder auf 36 Mio. USD zurückgeschraubt.

Die Regularien besagen außerdem, dass Teams zwar neue Fabriken und Windkanäle bauen dürfen, aber alle anderen Investitionen zur Verbesserung der Infrastruktur in den allgemeinen Kostendeckel mit aufgenommen werden müssen. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss, dass die Teams, die zum Zeitpunkt der Einführung über die beste Infrastruktur verfügt haben, einen Vorteil gegenüber den Teams haben, die in diesem Segment bisher weniger investiert hatten. Es entsteht die Gefahr, dass Teams Abstriche bei der Entwicklung ihres Autos machen müssen, wenn sie in ihre Infrastruktur investieren wollen.

Der Alpine Teamchef im Austausch mit Formel-1-CEO Stefano Domenicali, Foto: Alexander Trienitz
Der Alpine Teamchef im Austausch mit Formel-1-CEO Stefano Domenicali, Foto: Alexander Trienitz

Erste Gespräche zur Lösung der Problematik wurden bereits in einem Meeting der Formel-1-Kommission geführt, bei dem Repräsentanten von Teams, Motorenherstellern, FIA und Liberty Media anwesend waren. Für eine Änderung der Regeln im Jahr 2024 bräuchte es die Stimmen von sechs der aktuell zehn Teams, für eine mögliche Regeländerung 2023 acht Stimmen.

Alpine: Die Konkurrenz entwickelt bereits

Während Alpine sich also noch mit den finanziellen Restriktionen herumschlagen muss, ist die unmittelbare Konkurrenz bereits dabei, ihre Anlagen zu erneuern. Vor allem bei McLaren und Aston Martin stehen in naher Zukunft die Fertigstellungen einiger großer Infrastrukturprojekte bevor.

McLaren:

Bei McLaren werden im Sommer 2023 der hauseigene Windkanal und der neue Simulator in Betrieb genommen. Nach dem Baustart 2019 wird die neue Einrichtung corona- und inflationsbedingt ca. 18 Monate später als geplant online gehen. Bisher musste das Team aus Woking den in die Jahre gekommenen Windkanal von Toyota in Köln mieten. Die Neuinvestitionen in die Infrastruktur sollen die Talfahrt der letzten zwei Saisons bei McLaren beenden und sie wieder auf die vorderen Plätze des Feldes hieven. Erste Auswirkungen auf das Auto sollen die neuen Einrichtungen bereits in der Saison 2024 zeigen.

Aston Martin:

Aston Martin wird Ende Mai 2023 in ihre neue Mega-Fabrik in Silverstone ziehen. Auch hier konnten die neuen Einrichtungen durch die Corona-Pandemie erst zwei Jahre später als geplant fertig gestellt werden. Der von Otmar Szafnauer bereits erwähnte neue Windkanal wird Mitte 2024 fertig gestellt. Teambesitzer Lawrence Stroll lässt sich die Neuerrichtung rund 200 Millionen Euro kosten und soll Aston Martin den nächsten Schritt auf dem Weg zu Formel-1-Spitze ermöglichen.