Der Miami-GP geht 2023 in seine zweite Ausgabe. Nur eine Woche nach dem Rennen in Baku begibt sich der Formel-1-Tross um den halben Globus in die berühmteste Metropole des sonnigen US-Bundestaates Florida. Mit dem Miami International Autodrome steht schon der vierte Stadtkurs in Folge auf dem Programm, erst in Imola folgt wieder eine permanente Rennstrecke. Wir blicken auf die Brennpunkte beim fünften Grand Prix der Saison.

Brennpunkt 1: Nächster Stadtkurs, nächste Perez-Show?

Der Sieg geht aktuell nur über die beiden Red-Bull-Piloten, der RB19 ist der Konkurrenz deutlich überlegen. Normalerweise wäre die Sache in der WM damit klar, aber Sergio Perez hält in der Frühphase der Weltmeisterschaft 2023 noch erstaunlich gut mit Weltmeister und Nummer-1-Pilot Max Verstappen mit. Nur sechs Punkte liegt er hinter dem Holländer, nach Siegen steht es sogar 2 zu 2 Unentschieden. Der Kalender scheint dem Mexikaner zu helfen: In den ersten sieben Grand-Prix-Stationen finden sich gleich fünf Stadtkurse.

Im engen Mauerngeschlängel fühlt sich Perez besonders wohl: Alle seine fünf Siege für Red Bull Racing hat er auf Stadtkursen eingefahren. Nur seinen ersten Triumph in der Königsklasse, noch für Racing Point fahrend, holte er sich auf einer permanenten Rennstrecke in Bahrain 2020. Kann Perez in Florida also wieder seine Stadt-Stärke ausspielen? Der Kurs in Miami ist mit weitläufigeren Auslaufzonen ausgestattet als die meisten anderen Stadtkurse und im Vorjahr wurde 'Checo' nur Vierter, während Verstappen siegte. Dennoch scheint der Mexikaner gerade in der Form seines Lebens zu fahren und wird es seinem Teamkollegen sicher nicht leicht machen wollen.

Brennpunkt 2: Ferrari erstarkt in Baku, wer wird erster Red-Bull-Verfolger?

Ferrari erlebte einen Katastrophenstart in die Saison 2023: Keine Chance gegen Red Bull, Zuverlässigkeitsprobleme und Fehler der Fahrer sorgten für Tristesse in Maranello. In Baku hat sich die Scuderia, zumindest mit Charles Leclerc am Steuer, aber wieder zurückgemeldet. Zweimal Pole, Zweiter im Sprint und Dritter im Rennen: Nur Red Bull konnte den Monegassen schlagen. Kann Ferrari diese Leistung in den USA wiederholen? Aston Martin und Mercedes werden es der Scuderia nicht leicht machen.

Fernando Alonso war im Baku Rennen wohl sogar etwas schneller als Leclerc, hatte aber Pech mit dem Safety-Car. Auch Lewis Hamilton war sichtlich schneller unterwegs als der zweite Ferrari von Carlos Sainz, doch kam er auf den Geraden selbst mit offenem DRS nicht nah genug heran. Der Topspeed scheint ohnehin Ferraris Trumpf im Kampf um den zweiten Rang zu sein, denn auch bei Aston Martin ist der mangelnde Effekt des DRS die wohl größte Schwäche.

Brennpunkt 3: Alpine muss Pleiten, Pech und Pannen ablegen

Eigentlich hat Alpine kein schlechtes Rennauto gebaut. Pierre Gasly konnte in Melbourne sogar mit den drei Verfolgerteams mitfahren. Dennoch stehen beim französischen Nationalteam nur magere acht Punkte. Selbst das zu Saisonbeginn kriselnde McLaren-Team ist mittlerweile in der WM-Wertung vorbeigegangen. Der Grund für die Misere: Bei Alpine geht immer irgendetwas schief.

Das Problem ist: Es ist nicht eine bestimmte Baustelle, sondern stets passiert etwas anderes. In Bahrain patzen die Fahrer, Gasly im Qualifying und Esteban Ocon bei der Positionierung in der Startaufstellung, die eine wahre Strafen-Orgie nach sich zog. In Melbourne kollidierten die beiden Autos nach dem letzten Restart. Statt fetter Punkte für Enstone gab es diese für Woking. In Baku folgte weiteres Drama. Pierre Gasly fackelte der A523 schon im Training ab, nur der 19. Startplatz fürs Rennen war die Folge. Teamkollege Ocon startete in Sprint und Rennen aus der Boxengasse, weil das Setup geändert werden musste. In der letzte Runde des Rennen entging er dann zum Glück noch einer Katastrophe in der Boxengasse, als er reinkam und das Parc Ferme schon aufgebaut wurde. Kurz gesagt: Bei Alpine ist immer irgendwas los. Ein ruhigeres Wochenende wäre wichtig, denn Punkte gibt das Auto grundsätzlich her.

Brennpunkt 4: Nyck de Vries unter Druck, AlphaTauri-Platz bereits in Gefahr?

Neben Logan Sargeant ist AlphaTauri-Pilot Nyck de Vries der einzige Fahrer im Feld, der noch keinen Punkt gesammelt hat. Der AT04 ist sicherlich kein gutes Auto, aber Teamkollege Yuki Tsunoda kratzt damit immerhin dauerhaft an den Top 10. Der Japaner wurde zweimal Zehnter und zweimal Elfter in den bisherigen vier Rennen. De Vries hingegen hat nur Rang 14 als bestes Resultat zu Buche stehen. In jeglicher Hinsicht fährt Tsunoda dem deutlich älteren Holländer zur Zeit um die Ohren.

Im Qualifying steht es (inklusive Sprint-Shootout) 5 zu 0. Tsunoda nimmt de Vries dabei im Schnitt mehr als vier Zehntel ab. Doch nicht nur der mangelnde Speed ist der Grund, warum De Vries zusehends unter Druck steht und seine Zukunft bei AlphaTauri im Paddock bereits in Frage gestellt wird. Der ehemalige Formel-E-Meister leistet sich auch klare Fehler. Höhenpunkt war zuletzt der Auftritt in Baku, als er ein von vorn bis hinten katastrophales Wochenende ablieferte, während Tsunoda Q3 erreichte und einen Punkt einfuhr. Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko ist nicht dafür bekannt, dass er besonders viel Geduld mit Nachwuchsfahrern zeigt, zumal de Vries mit 28 Jahren sowieso nicht in diese Kategorie fällt. Der Kredit seines Sensationsauftritts für Williams in Monza 2022 ist verflogen, der Niederländer braucht unbedingt ein gutes Miami-Wochenende, um sich aus der Schusslinie zu bringen.