Sergio Perez meldete mit seinen Siegen in Jeddah und Baku ernsthafte Ansprüche auf den Formel-1-Weltmeistertitel 2023 an. Red Bull einstige Nummer zwei ist Weltmeister Max Verstappen dank des besten Saisonstarts seiner Karriere auf den Fersen. Im Vorjahr war er davon weit entfernt, und doch war die Beziehung der beiden belastet. Obwohl Perez ihm noch nie so viel Druck machte, hat sich die Stimmung im Team gebessert. Verstappen zollt dem Rivalen seinen Respekt. Der wiederum strotzt vor neugewonnenem Selbstvertrauen.
"Ich denke, ohne die Probleme, die wir in Melbourne im Qualifying hatten, sollten wir die Weltmeisterschaft anführen. Ich habe jeden Grund, daran zu glauben, dass wir es dieses Jahr schaffen können", so Perez nach seinem Triumph in Aserbaidschan. Dieser ließ ihn in der Gesamtwertung bis auf sechs Punkte an Verstappen heranrücken. In den Jahren 2021 und 2022 gewann er vereinzelt Rennen, doch diesmal haben seine Siege eine andere Note. Sowohl in Jeddah als auch in Baku lieferte er sich mit Verstappen eine intensive Verfolgungsjagd. Perez behielt an der Spitze jeweils die Nerven und blieb vorne.
"Das waren für mich zwei starke Wochenenden, an denen mich Max von Anfang bis Ende unter Druck gesetzt hat. Ich bin auch früher schon sehr gute Rennen gefahren, zum Beispiel in Singapur, wo mich Charles Leclerc sehr hart unter Druck gesetzt hat. Ich würde deshalb nicht sagen, dass das [Baku 2023] mein bestes Rennen war. Es war einfach ein sehr gutes, bei dem ich vom Start bis ins Ziel ohne Fehler gepusht habe. Wenn dir das gelingt, glaubst du, dass du jeden schlagen kannst - und das muss ich die Saison über beibehalten", erklärt Perez den Boost, den ihm die jüngsten Erfolge verleihen.
Verstappen war sein Frust in Baku deutlich anzuerkennen. Nach seiner Bestzeit im ersten Training gelang es ihm nicht mehr, sich an der Spitze zu behaupten. Am Samstag war er nach Platz drei im Sprint und einem für ihn unbefriedigenden Zweikampf mit George Russell in jeder Hinsicht bedient. Die Niederlage gegen Perez im Grand Prix nahm er hingegen maximal sportlich.
Perez und Verstappen haben Streit längst beigelegt
"Checo und ich haben eine gute Zeit", so Verstappen, der sich unmittelbar nach dem Rennen als guter Verlierer zeigte. "Es ist wichtig, dass man es anerkennt und zu schätzen weiß, wenn jemand einen tollen Job gemacht hat, und das war der Fall", unterstreicht der Niederländer sein Verständnis von Teamgeist. Im Vorjahr war es in Brasilien zu einem Eklat gekommen, als er sich einer Teamorder zugunsten von Perez verwehrte. Verstappen begründete dies mit einem angeblichen Fehlverhalten des Mexikaners.
In der Folge machten Gerüchte um einen fingierten Unfall von Perez im Q3 in Monaco die Runde, von dem bei Verstappens kryptischen Äußerungen die Rede gewesen sein sollte. Von einer belasteten Beziehung ist 2023 allerdings keine Spur zu sehen. "Eigentlich pflegen Max und ich eine tolle Beziehung, auch wenn viele Leute das nicht glauben, so sind wir uns in manchen Belangen doch sehr ähnlich. Wir haben ein Leben außerhalb des Sports und wenn wir zuhause sind, finden wir eine Distanz dazu", erklärt Perez.
Vor allem im WM-Kampf empfindet er dies als vorteilhaft: "Zwischen Max und mir herrscht sehr viel Respekt, wie auch innerhalb des gesamten Teams. Auf dem Level, auf dem wir operieren, pushen wir einander wirklich hart. Wir wollen uns natürlich gegenseitig schlagen. Ich will diese Weltmeisterschaft genauso sehr gewinnen, wie Max es will. Aber zwischen uns herrscht viel Respekt."
Red Bull lässt teaminternen Kampf zu
Max Verstappen setzte sich in seiner Formel-1-Karriere bisher gegen jeden Teamkollegen durch. Das eine interne Rivalität nicht unbedingt das zwischenmenschliche Verhältnis zerrütten muss, zeigte sich 2018 mit Daniel Ricciardo. Der Australier wurde von Red Bulls Wunderkind verdrängt, ließ es in Baku aus Frust sogar einmal krachen. Am Ende verließ er das Team, doch die Freundschaft zwischen ihm und Verstappen blieb trotz der sportlichen Auseinandersetzung intakt.
"Eines ist klar, Checo geht dieses Jahr richtig ab. Er performt gut und das ist toll zu sehen. Er fühlt im Auto mehr und mehr Selbstvertrauen, und das ist auch für das Team gut", sieht Verstappen auch die neue Rivalität mit Perez sportlich. Dabei war der Routinier 2021 verpflichtet worden, um eine zuverlässige Nummer zwei im Team zu haben. Pierre Gasly und Alex Albon waren an der Seite Verstappens gescheitert, und für den Kampf gegen Mercedes wollte Red Bull sich mit einem Wingman unterstützen.
"Wir lassen sie Vollgas geben, bis zum Schluss. Das war von Anfang an der Plan. Sie sind frei, gegeneinander Rennen zu fahren, das ganze Jahr schon", beteuert Teamchef Christian Horner, dass bei der momentanen Vorherrschaft von Red Bull freie Fahrt gilt. Sofern sich kein anderes Team in den WM-Kampf einschaltet, soll das auch so bleiben: "So wie es im Moment ist, dürfen sie kämpfen."
Perez bedauert Melbourne Defekt, Verstappen die Stadtkurse
In Jeddah wurde Verstappen bereits einmal von einem technischen Problem lahmgelegt. Im Qualifying streikte sein Red Bull, was Startplatz 15 bedeutete. Mit Platz zwei betrieb er im Rennen Schadensbegrenzung. In Melbourne hatte Perez im Qualifying ein Problem und musste als Letzter starten, kam am Sonntag aber nicht über Rang fünf hinaus. "Ich bereue nur, dass wir in Melbourne diese Probleme hatten, die uns einige Punkte gekostet haben. Abgesehen davon haben wir zwei Siege und wenn wir mal nicht gewinnen, müssen wir immer noch so viele Punkte wie möglich holen", fordert Perez.
In der Saison 2016 gaben Defekte im teaminternen WM-Kampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg bei Mercedes schlussendlich den Ausschlag zugunsten des Herausforderers. Perez weiß, dass er in der Tabelle auf keinen Fall den Anschluss verlieren darf: "Wenn wir das nicht schaffen, haben wir keine Chance, um die WM zu kämpfen. Es ist noch ein sehr langer Weg, viele Rennen und Situationen erwarten uns und wir müssen sicherstellen, dass wir ein Rennen auch gewinnen, wenn wir es können."
Etwas, das auch Verstappen vorhat. Er ist sicher, dass seine Zeit noch kommt, um den WM-Kampf mit mehr Siegen in die für ihn richtigen Bahnen zu lenken. "Ich war früher schon in dieser Position. Es geht um Konstanz, das wissen wir alle. Die Saison ist noch lang. Es kommen noch unterschiedliche Rennstrecken. Die bisherigen waren sehr viel Stop-and-Go, keine kompletten Rennstrecken mit wirklich schnellen Kurven. Die scheinen mir aber ein bisschen besser zu gefallen", so der 25-Jährige.
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