Max Verstappen verlor die Führung und damit womöglich auch den Sieg zum Aserbaidschan GP durch einen Boxenstopp zum falschen Zeitpunkt. In Führung liegend ging der Weltmeister in Runde zehn an die Box, just bevor die Rennleitung das Safety Car auf die Strecke schickte. Durch einen vergünstigten Reifenwechsel eine Runde später überholten Teamkollege Sergio Perez und Ferrari-Pilot Charles Leclerc Verstappen.

Mit Leclerc hatte Verstappen beim Restart leichtes Spiel, doch an Perez gab es 36 Runden lang kein Vorbeikommen. Verstappen stellte nach dem Rennen in Frage, ob der schlecht getimte Boxenstopp nur Pech war, oder ein Fehler seiner Mannschaft. Schließlich hätte man die Safety-Car-Phase erahnen können. Der Niederländer forderte eine Analyse.

Die gab es nach dem Rennen von Teamchef Christian Horner. "Im Nachhinein hätten wir noch eine Runde draußen lassen sollen", sieht der Brite ein. "Aber er begann damit, Probleme mit den Hinterreifen zu bekommen und von der Strategie her war es der optimale Zeitpunkt, um zu stoppen."

Perfekte Strategie - Ohne Safety Car

Doch die perfekte Strategie hatte kein Safety Car miteinkalkuliert. Als Verstappen in die Box einbog, war der Unfall, der zum Safety Car führte, längst passiert. Nyck de Vries hatte seinen AlphaTauri in Kurve sechs abgestellt. Zunächst gab es an der entsprechenden Stelle Gelbe Flagge, just als Verstappen wieder aus der Box herausfuhr, rief die Rennleitung eine Safety-Car-Phase aus.

Die Gelb-Phase wurde ausgerufen, als Verstappen durch Kurve 15 fuhr, also kurz bevor er in den letzten Sektor einbog. Red Bull hätte den Stopp zu diesem Zeitpunkt noch leicht absagen können, man hatte Verstappen noch nicht einmal über den bevorstehenden Reifenwechsel informiert.

Red Bull erkannte den Schaden am AlphaTauri nicht sofort, Foto: LAT Images
Red Bull erkannte den Schaden am AlphaTauri nicht sofort, Foto: LAT Images

"Wir hatten nur einen flüchtigen Blick auf de Vries und der gab folgendes Bild: Ein Auto mit allen vier Reifen, das nicht in der Leitplanke stand und einen laufenden Motor hatte. Es sah aus, als würde er den Rückwärtsgang einlegen und dann wieder fahren. Wir hatten da niemals ein Safety Car erwartet", so Horner.

Bei genauerem Hinsehen konnte an aber erkennen, dass de Vries zwar noch alle vier Räder am Auto hatte, das Rad vorne links aber in die falsche Richtung schaute. Der AlphaTauri-Pilot war in Kurve fünf innen angeschlagen und hatte sich dabei die Spurstange gebrochen. Anschließend legte er eine Vollbremsung ein und verhinderte den Einschlag in der nächsten Kurve.

Teamchef Horner nimmt seine Strategen in Schutz: "Wir hatten keine Sicht auf de Vries, wir haben nur den kurzen Schnitt auf ihn gesehen. Und mit den schwarzen Linien auf dem Asphalt sah es so aus, als hätte er sich verbremst und wäre geradeaus gefahren - aber eben nicht in die Mauer. Wenn hier ein Auto in die Mauer fährt, dann ist es normalerweise ein Safety Car. Aber es gab kein Anzeichen dafür. Erst in der Wiederholung haben wir gesehen, dass seine Spurstange gebrochen war."

Kostete dieser Red Bull Fehler Verstappen den Sieg? (18:34 Min.)

Red Bull will Ferrari-Undercut verhindern

Als das Worldfeed de Vries gefunden und eingeblendet hatte, war Verstappen außerdem schon unmittelbar am Boxeneingang. Es wäre eng geworden, den Stopp noch abzublasen. Red Bull muss sich nur die Frage gefallen lassen, ob man allein durch die Gelb-Phase schon gewarnt hätte sein müssen und den Stopp dadurch sicherheitshalber aufschieben hätte sollen.

Horner allerdings entgegnet: "Vielleicht stoppt dann Leclerc und überholt beide Autos von uns." Zu diesem Zeitpunkt lag der Ferrari-Pilot 'nur' drei Sekunden hinter Verstappen und gut zwei Sekunden hinter Perez. Aus Angst vor einem Undercut wollte Red Bull der Scuderia zuvorkommen.