Die Formel 1 erlebt 2023 einen sehr ungewöhnlichen Saisonstart. Nach drei Rennen beginnt eine "Frühlingspause", erst am 28. April startet das Baku-Wochenende. Während in den Sommer- und neuerdings auch Winterpausen verpflichtete arbeitsfreie Zeiten festgelegt werden, gibt es das in dieser Frühlingspause nicht. Eigentlich hätte hier der China-GP stattfinden sollen.

Für einige Teams, Fahrer, und auch für die Rennleitung kommt diese Unterbrechung gerade recht. Denn sie haben einen durchwachsenen, teils horrenden Saisonstart hinter sich. Motorsport-Magazin.com streicht hervor, wer von diesen knapp vier Wochen der rennfreien Zeit wie profitieren kann.

Mercedes & McLaren: Harte Arbeit am nächsten Upgrade

Bei zwei Teams ist bereits bekannt, dass große Umbauten am Auto gerade in den Fabriken entworfen und gebaut werden. Es sind Mercedes und McLaren, die beide beim Saisonstart klar hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben waren. In beiden Fällen stehen auch die ersten Upgrade-Pakete bereits fest.

Bei Mercedes wird momentan damit gerechnet, dass in Imola eine große Revision der aerodynamischen Flächen des Autos kommen wird. Die berüchtigten Seitenkästen sollen sich ändern, auch sonst soll das Auto sich außen zumindest stark anpassen. Wie genau, da hält das Team nach wie vor den Deckel drauf.

Die Hauptarbeit hier wurde schon verrichtet, hat vor der Saison begonnen. Doch mit den Lernerfahrungen der ersten drei Rennen hat man zuletzt noch einmal große Schritte gemacht. Die Pause ist ideal, um die letzten Schritte ohne den zusätzlichen Renn-Stress abzuwickeln. "Wir werden auch daran arbeiten, ein paar mechanische Komponenten ans Auto zu bringen, ein paar Aufhängungsteile, die der grundlegenden Balance helfen und es ein fahrbareres Ding machen sollten", verriet Chief Technical Officer James Allison zusätzliche Pläne.

McLaren ist bereits im fortgeschrittenen Stadium. Das Baku-Upgrade ist in der Produktion. Teil des Redesigns ist hier anders als bei Mercedes aber auch eine Umstellung im technischen Führungsstab nach der Trennung vom bisherigen Cheftechniker James Key. Aero-Chef Peter Prodromou und Chefkonstrukteur Neil Houldey können in der Pause den Kurs ohne Ablenkungen festigen. Ziel ist es, so noch vor der Sommerpause ein noch größeres Upgrade zu bringen. Das in Baku soll lediglich die größten Schwächen adressieren.

Ferrari sucht den Setup-Durchbruch vor Baku

Als drittes weit hinter den gestellten Erwartungen zurückliegendes Team bleibt Ferrari übrig. Hier geht es nicht um grundlegende Redesigns. Das wurde das Team zuletzt nicht müde zu betonen. Nach wie vor ist man überzeugt, dass der SF-23 Potenzial hat, aber dass man dies nicht mit dem bisherigen Verständnis der Abstimmung am Rennwochenende voll ausschöpfen kann. Das soll sich für die vielen Probleme mit den Reifen verantwortlich zeigen.

Der schiere Umfang des Defizits zu Red Bull scheint Ferrari überrascht zu haben. Mit drei Muster-Rennen sollte man aber in vier Wochen Pause daraus einen Schritt nach vorne stricken können, wenn die bisherigen Schlussfolgerungen stimmen. Aus Australien reiste man vorsichtig optimistisch ab, nachdem der Reifenverschleiß im Rennen besser schien. Dass das Qualifying so schlecht lief, soll rein am Fahrerischen gelegen haben. Charles Leclerc und Carlos Sainz unterstrichen das.

Ferrari nutzt die Pause, um gleich auch die nächsten Upgrade-Pakete zu beschleunigen. Entwicklungen, die ursprünglich in Barcelona kommen sollten, sind jetzt für Imola eingeplant. Mehr Daten erlauben nun eine gezieltere Entwicklung, die Pause bietet auch viele Chancen für Simulator-Arbeiten am Setup. Wenn es wirklich daran liegt und das Potenzial des Autos evident ist, dann könnte die Pause für Ferrari gerade noch rechtzeitig kommen, um eine große Trendwende einzuleiten.

Lance Stroll kann sich auskurieren

Vielleicht ist es in den letzten Wochen etwas untergegangen, aber nicht vergessen: Lance Stroll stürzte knappe zwei Wochen vor dem Saisonstart schwer mit dem Fahrrad. Mit Schrauben in der Hand fuhr er die ersten Rennen, und lieferte in einem guten Auto trotzdem solide Leistungen ab. Die Pause kann er nutzen, um sich weiter auszukurieren, und sich anschauen, was Fernando Alonso sonst bisher im Auto besser macht.

Kevin Magnussen auf der Jagd nach Nico Hülkenberg

Von den Fahrern, die Probleme mit ihren Teamkollegen haben, steht Kevin Magnussen ganz oben auf der Liste jener, die sich verbessern müssen. Magnussen hilft die Pause insofern, weil er dringend evaluieren muss, wie Nico Hülkenberg immer mehr aus dem Haas VF-23 herausholt. Selbst sein Renn-Vorteil scheint verpufft, jetzt, da Hülkenberg mehr Erfahrung bei unterschiedlichen Bedingungen sammeln konnte und sich in Startphasen keine Schäden einfuhr.

Kevin Magnussen nähert sich bei Haas Nico Hülkenberg an, Foto: LAT Images
Kevin Magnussen nähert sich bei Haas Nico Hülkenberg an, Foto: LAT Images

In Australien wechselte Magnussen die Richtung - und begann sich Hülkenbergs Setup-Weg anzunähern. Man hatte erst gedacht, dass sich die beiden fahrerisch doch mehr unterschieden, doch in Melbourne berichtete Magnussen von einem Schritt nach vorne. Ein Durchbruch war es allerdings nicht. Die Pause ermöglicht ihm hier weiter nachzuforschen, ohne sofort die Leistung abliefern zu müssen.

FIA und Stewards kämpfen mit den Formel-1-Regeln

Für die versammelten Formel-1-Offiziellen war es kein einfacher Auftakt. Natürlich sind Stewards und Rennleitung nicht dasselbe, das darf nicht vergessen werden, aber ihre Probleme hängen zusammen. Man kann schnell eine Liste an Problemen aufstellen, für die man die rennfreie Zeit jetzt besser nutzen sollte. Das fängt an damit, sich zu verdeutlichen, wann man Safety Car und Abbrüche als Mittel einsetzen will. Das Safety Car für den ausrollenden Lance Stroll und das Australien-Chaos hinterließen da bei Teams und Fahrern Unklarheiten.

Ferrari legt Einspruch ein! Wird die Sainz-Strafe annulliert?: (11:24 Min.)

Natürlich sind auch Ermittlungserfahren nicht optimal gelöst worden. Eigentlich hätte das neue "Remote Operations Centre", gerne als "Videoschiedsrichter der F1" bezeichnet, helfen sollen. Wie kam es dann zu den chaotischen Ermittlungen rund um Fernando Alonsos Straf-Stopp in Saudi-Arabien, wo erst nach ewiger Wartezeit eine Ermittlung eingeleitet wurde? Obendrauf unterstellten die Stewards nach einem Protest hier der Rennleitung eine falsche Argumentation.

Auch die drei unterschiedlich behandelten Startunfälle von Australien werfen Fragen auf. Eigentlich hätten die Prozesse seit Abu Dhabi 2021 verbessert werden sollen. Immerhin hat die Rennleitung zuletzt angefangen aufzuräumen und bereits eine Klarstellung veröffentlicht, was das Arbeiten am Auto (Grund für das Alonso-Chaos) betrifft.

Formel 1 Kalender 2023: Termine und Strecken

  • 23. - 25. Februar: Testfahrten in Bahrain
  • 05. März: Großer Preis von Bahrain (Sakhir)
  • 19. März: Großer Preis von Saudi Arabien (Jeddah)
  • 02. April: Großer Preis von Australien (Melbourne)
  • 30. April: Großer Preis von Aserbaidschan (Baku)
  • 07. Mai: Großer Preis von Miami
  • 21. Mai: Großer Preis der Emilia Romagna (Imola)
  • 28. Mai: Großer Preis von Monaco
  • 04. Juni: Großer Preis von Spanien (Barcelona)
  • 18. Juni: Großer Preis von Kanada (Montreal)
  • 02. Juli: Großer Preis von Österreich (Spielberg)
  • 09. Juli: Großer Preis von Großbritannien (Silverstone)
  • 23. Juli: Großer Preis von Ungarn (Budapest)
  • 30. Juli: Großer Preis von Belgien (Spa)
  • 27. August: Großer Preis der Niederlande (Zandvoort)
  • 03. September: Großer Preis von Italien (Monza)
  • 17. September: Großer Preis von Singapur
  • 24. September: Großer Preis von Japan (Suzuka)
  • 08. Oktober: Großer Preis von Katar
  • 22. Oktober: Großer Preis von USA (Austin)
  • 29. Oktober: Großer Preis von Mexiko (Mexiko Stadt)
  • 05. November: Großer Preis von Brasilien (Sao Paulo)
  • 19. November: Großer Preis von Las Vegas
  • 26. November: Großer Preis von Abu Dhabi

Diese Wochenenden finden im Sprint-Format statt.