"Mit dem heutigen Tag sind die Weichen dafür gestellt, dass in Milton Keynes eine neue Firma etabliert wird", sagte Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko im Februar 2021 zu Motorsport-Magazin.com. An diesem Tag wurde in der Formel-1-Kommission beschlossen, dass die Motoren ab 2022 bis zur Saison 2025 eingefroren werden. Die neue Firma, von der Marko sprach, ist Red Bull Powertrains.
Mit Red Bull Powertrains hatte man sich einen Traum erfüllt und das letzte Puzzleteilchen zum kompletten Werksteam selbst erschaffen. Nach dem angekündigten Honda-Ausstieg war Red Bull einmal mehr auf der Suche nach einem Motorenpartner und wollte ab 2026 komplett autark arbeiten können.
Anderthalb Jahre später ist die Welt eine andere. Von Krise ist - zumindest in der Formel 1 - keine Spur mehr. Der Sport boomt wie noch nie zuvor. Erst kürzlich schlug Red Bull eine Partnerschaft mit Porsche aus. Man kann sich den Luxus leisten, weil man nicht mehr darauf angewiesen ist. Oder nicht darauf angewiesen war?
Am 22. Oktober 2022 verstarb Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz. "Es wird sich sicher einiges ändern. Es war ja de facto eine Alleinherrschaft", sagt Dr. Helmut Marko im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.
Für Red Bull Racing erwartet der Motorsportchef keine Auswirkungen: "Es ist das stärkste und effizienteste Marketing-Tool des Gesamtkonzerns. Wir haben schon in der Vergangenheit sehr autark gearbeitet." Daran soll sich auch in der Ära nach Mateschitz nicht viel ändern: "Es ist schon durchgesickert, dass die neue Führung die Formel-1-Aktivitäten weiterführen will. Und zwar so wie jetzt, mit einer relativ starken Unabhängigkeit."
Formel-1-Motoren kein Geschäftsmodell
Das Rennteam selbst dürfte nicht das Problem sein: Durch die Budgetobergrenze kann das Team zumindest kostenneutral operieren. Allein die Preisgeldausschüttung des Kommerziellen Rechteinhabers übersteigt beim Konstrukteursweltmeister die - laut Reglement - Performance-relevanten Kosten von knapp 150 Millionen US-Dollar.
Auf Motorenseite sieht es aber anders aus. Das Powertrains-Projekt kostet Red Bull richtig viel Geld. Auf dieser Seite gibt es nur Ausgaben, keine Einnahmen. Dafür wäre eine Partnerschaft gut. Nach dem eigentlichen Ausstieg hat Honda wieder richtig Gefallen an der Formel 1 gefunden. Bis 2025 liefert Honda ohnehin noch die Motoren für Red Bull. Aber plötzlich ist auch das neue Reglement 2026 ein Thema in Tokio und Sakura.
Honda will bleiben. Nachdem die Porsche-Ehe gescheitert ist, bevor sie überhaupt geschlossen wurde, gäbe es nun wieder Platz an der Seite von Red Bull. Aber die Motorenfabrik in Milton Keynes steht schon. "Wenn sie nicht ausgestiegen wären, hätten wir uns das ganze Investment sparen können", ärgert sich Marko. Trotzdem ist die alte Ehe wieder ein Thema: "Es gibt Gespräche, da müssen wir jetzt mal schauen."
Ganz einfach sind die Gespräche aus mehreren Gründen nicht. "Wir haben unsere Lehren aus der Porsche-Verhandlung gezogen. Es wird keine 50/50-Lösung geben", versichert Marko. Red Bull will Herrscher über das eigene Team bleiben. Die eigentliche Einschreibefrist für Motorenhersteller wurde vom 15. Oktober noch bis Mitte November hinein verlängert. "Das hat eigentlich auf uns keinen Einfluss. Außer, Honda will mit einem eigenen Motor kommen", so Marko.
Wer baut Red Bulls MGU-K?
Dazu stellt sich die Frage, welchen Beitrag Honda zum 2026er Motor leisten kann, will oder darf. Red Bull hat schon viel Geld in die Motorenfabrik und die Entwicklung des V6-Aggregats investiert. Honda hat in Sakura ebenfalls eine State of the Art Infrastruktur. Eine Möglichkeit wäre, dass die 350 Kilowatt starke Elektro-Einheit in Japan entsteht. Über die nötige Elektro-Expertise verfügt Red Bull Powertrains noch nicht. Der Plan mit Porsche war, dass die MGU-K in Zuffenhausen oder Weissach entwickelt wird.
Diese Lösung könnte nun für Red Bull Powertrains und Honda in Frage kommen. "Es ist aber nicht unsere einzige Option", verrät Marko. Offenbar gibt es noch mehr Interessenten für eine Zusammenarbeit mit Red Bull. Hyundai oder KIA, denen zuletzt Formel-1-Interesse nachgesagt wurde, sollen es nicht sein: "Aber wir haben andere Alternativen."
Auch große Automobilzulieferer kommen als Partner für die elektrische Antriebseinheit in Frage. Bosch und Schäffler entwickelten bereits Antriebe für die Formel E. Die MGU in der Elektrorennserie ist mit der MGU-K der Formel 1 vergleichbar, auch wenn in der Königsklasse das Thema Packaging deutlich wichtiger ist.
diese Formel 1 Nachricht