Das Formel-1-Rennen in Brasilien brachte am Sonntag zwei große Gewinner hervor. Neben Sieger Max Verstappen war Alpine im 21. Grand Prix der Saison 2024 der absolute Matchwinner. Nach einem starken Qualifying am Morgen überzeugte Esteban Ocon bei Regen und chaotischen Bedingungen auch im Rennen. Teamkollege Pierre Gasly bahnte sich den Weg mit einer Aufholjagd. Schnelle Pace und die richtigen strategischen Entscheidungen bescherten den Franzosen ein Doppelpodium und das beste Resultat der Saison. In der Konstrukteurswertung kann der Big Point aus Interlagos am Saisonende enorm viel Preisgeld wert sein.

"Es zeigt, dass wir es noch können und wir da sind, wenn es eine Möglichkeit gibt", so ein erleichterter Ocon, der zusammen mit Gasly im Rennen in Interlagos insgesamt 33 Punkte für Alpine einfuhr. Zuvor war das beste Resultat der Mannschaft die Ausbeute von drei Punkten gewesen, was das Team sowohl in Kanada als auch in Spanien erreichte. Das Top-Resultat in Brasilien war aber alles andere als Glück. Der Schlüssel zum Erfolg war ein durch beide Fahrer perfekt ausgeführtes Rennen.

Mit Startplatz vier im turbulenten Qualifying hatte Esteban Ocon für eine hervorragende Aufholjagd gesorgt. Die erste goldrichtige Entscheidung für den Rennausgang traf der 28-Jährige aber noch vor dem Start. Nach dem Abflug von Lance Stroll in der Einführungsrunde, herrschte im Grid nach dem abgebrochenen Start große Verwirrung. Lando Norris, George Russell und die beiden Racing Bulls setzten sich ohne das entsprechende Signal in Bewegung. Ocon hielt im Funk mit seinem Team Rücksprache und zog zunächst nicht mit. Damit entging er im Gegensatz zur Konkurrenz einer Untersuchung durch die Rennleitung, die im Nachhinein noch zu einer Strafe führen kann.

Beim Rennstart behauptete sich Ocon im Verfolgerfeld hinter der Spitze und blieb dort bis zum einsetzenden Regen um Runde 30. "Es war hier wirklich schön zu fahren. Der Regen hat die Performance angeglichen", so der Franzose. "Wir waren einfach schnell. Das Auto fuhr sich extrem schwierig, aber ich fühlte mich entspannt. Als es heute Morgen wieder regnete wollte ich einfach nur fahren. Ich liebe es, wenn es regnet und das hat uns heute ein besonderes Rennen beschert!".

Alpine sahnt mit der Verstappen-Strategie ab

Auf abgefahrenen Intermediates entschieden sich die Leader und der Großteil des Feldes aufgrund des stärker werdenden Regens gegen Rennhalbzeit zum Wechsel auf neue Reifen. Einzig Max Verstappen, die beiden Alpine und Valtteri Bottas hatten noch nicht gestoppt und blieben draußen. "Es gab diesen einen Punkt, wo wir aufpassen mussten, den Bogen nicht zu überspannen. Wir haben am Funk viel gesprochen, über die Strategie, ob wir draußen bleiben oder nicht", erklärt Alpine-Teamchef Oliver Oakes am Mikrofon von Sky Sports F1.

Der Mut zum Risiko wurde wenig später belohnt. Ocon übernahm dadurch vor Verstappen und Gasly die Führung, bis der Unfall von Franco Colapinto eine rote Flagge auslöste. Die Unterbrechung gab dem Führungstrio die Chance, die Reifen ohne Zeit- oder Positionsverlust zu wechseln. Auf frischen Intermediates zog Ocon dem Champion nach dem Restart zunächst weg. "Das war ein besonderer Moment, ich bin Max weggezogen und es ging super. Dann kam natürlich der Reality Check und Max war schneller als wir", so Ocon."

Beim erneuten Restart nach einer Safety-Car-Phase in Folge des Unfalls von Carlos Sainz verlor er die Führung an den Red-Bull-Fahrer, doch Platz zwei ließ er sich bis zur Zielflagge nicht mehr nehmen. "Das war nahezu lachhaft", freut sich Oakes. "Er flog heute regelrecht und auch von Pierre war ich zutiefst beeindruckt. George [Russell] hing ihm die ganze Zeit im Nacken!"

Red Bull-Pilot Max Verstappen gewinnt den Restart vor Esteban Ocon im Alpine
Esteban Ocon musste sich in Brasilien nur Weltmeister Max Verstappen geschlagen geben, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Gasly mit Aufholjagd zum Podest

Gasly war nach einem verpatzten Qualifying nur als 13. gestartet und hatte sich bis zu den ersten Boxenstopps der Konkurrenz auf den achten Platz vorgearbeitet. Durch den strategischen Schachzug wurde er auf Platz drei vorgespült und verteidigte diesen bei beiden Restarts erfolgreich. In der zweiten Rennhälfte übte Russell unermüdlich Druck auf, doch auf dem Zielstrich reichte Gasly knapp mehr als eine halbe Sekunde für das Podium.

"Wir haben dieses Jahr sehr gekämpft, Punkteresultate zu holen. Aber bei diesen Bedingungen war alles möglich und wir haben bis zum Schluss daran geglaubt", so Gasly, der nach dem Zeittraining zunächst enttäuscht war. Im Sprint hatte er am Samstag als Siebter bereits zwei Punkte geholt und sich gute Chancen ausgerechnet: "Die Pace im Trockenen war gestern gut. Wir hatten dann ein sehr schlechtes Qualifying mit ein paar Zwischenfällen. Im Q2 habe ich keine Runde zusammenbekommen. Wir sind von weit hinten gestartet und haben zehn Positionen geholt. Ich bin jetzt wirklich gut drauf!"

Vor dem Rennwochenende in Brasilien hatte Alpine in der Gesamtwertung mit 14 Punkten den neunten Platz, nun stehen Position sechs und 49 Zähler zubuche. Für die Ausschüttung der Preisgelder am Saisonende könnte das bedeuten, dass rund 25 Millionen US-Dollar mehr in die Kassen des Teams fließen. "Es ist wirklich surreal und mir fehlen die Worte. Es war ein starkes Rennen von beiden Fahrern und dem gesamten Team", so Oakes, der dennoch realistisch bleibt. "Wir müssen bescheiden sein. Aber die letzten Rennen haben immerhin gezeigt, dass wir es mit einem Auto ins Q3 schaffen können. Das muss uns aber mit beiden gelingen."