"Der Budgetdeckel ist jetzt da und er wird bleiben. Wir sind noch hier, weil es das Budgetcap gibt, sonst hätten wir 2020 die F1 verlassen müssen", bringt Haas-Teamchef Günther Steiner die Wichtigkeit des Budgetdeckels für seinen Rennstall auf den Punkt. Die Einführung einer Kostengrenze um die Marke von etwa 140 Millionen US-Dollar galt als der wichtigste Schritt zur finanziellen Gesundung der Königklasse und eröffnet die Möglichkeit, ein Team sogar mit Gewinn zu betreiben.
Mit Red Bull in der Saison 2021 hat die Formel 1 jedoch bereits den ersten Fall einer Überschreitung des Limits. Für Steiner ist dies keine Überraschung: "Weil es das erste Mal ist, dass wir so etwas Komplexes wie das Budgetcap einführen, mussten wir erst einmal Kompromisse eingehen, um es überhaupt durchzubekommen. Einige Teams, die nun über seine Umsetzung nachdenken müssen, haben vorher dreimal so viel ausgegeben. Wir konnten es also beim ersten Versuch kaum richtig hinbekommen."
Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen, die laut drastische Maßnahmen gegen Red Bull forderten, sieht der Südtiroler die Sache gelassener. Er verweist auf die eigenen Erfahrungen: "Es ist ein Lernprozess, wir werden darin besser werden. Unser erstes Jahr im Budget-Cap war noch freiwillig, aber selbst da hatten wir Probleme alles korrekt hinzubekommen, denn die FIA ist sehr streng in der Überwachung. Du musst dir über deine Vorgänge zu 100% im Klaren sein und da geht es nicht nur um die Finanzabteilung, sondern auch die Limitierungen was Autoteile angeht. Es ist keine einfach Aufgabe."
Steiner: Budgetcap große Errungenschaft, 5% dennoch zu viel
Für Haas ist die bloße Existenz des Budgetdeckels bereits ein Sieg und daher hat Steiner mit der neuen Regelung und ihrer Weiterentwicklung mehr Geduld als viele seiner Kollegen: "Das nächste Mal müssen wir also nachdenken: Was hat funktioniert und was müssen wir verbessern? Das ist normal bei jeder neuen Regel oder einem neuen Gesetz. Wir sollten also nicht zu hart mit uns selbst ins Gericht gehen, denn wir haben etwas erreicht, dass noch vor fünf Jahren als unmöglich galt. Die hätten euch [den anwesenden Journalisten, Anm. d. Red.] den Paddock-Pass weggenommen, wenn ihr eine Budgetgrenze nur erwähnt hättet. Jetzt geht es darum die Details weiter auszuarbeiten."
Die 'Details' sind allerdings genau das, woran sich viele im Paddock stören. Besonders die Definition des sog. 'Minor Breach', also einer geringfügigen Überschreitung des Kostendeckels welche aktuell bei 5% liegt, ist stark umstritten. McLaren-Boss Zak Brown gilt als einer der schärfsten Kritiker, auch wenn sein Team den 5% bei der Regelerstellung zugestimmt hatte: "Im Nachhinein sind die 5 % viel zu hoch. Darüber haben alle Teams diskutiert und sich geeinigt. Ich denke also, das ist etwas, das wir uns ansehen müssen, denn 5 % sind prozentual gesehen eine sehr beträchtliche Summe für Dinge wie die Entwicklung von Autos, die Einstellung von Mitarbeitern oder wo auch immer man das Geld ausgeben möchte."
Steiner pflichtet seinem Kollegen aus Woking in dieser Frage bei: "Meiner Meinung nach sollte der Spielraum kleiner sein. Man muss bedenken, bei einem Budgetdeckel von 140 Millionen [US-Dollar, Anm. d. Red.] wären 5% etwa 7 Millionen. In den 140 Millionen gibt es aber bereits gewisse Basisausgaben, die nicht zu ändern sind und nicht in der Entwicklung ausgegeben werden. Es sind also nicht 5% mehr in der Entwicklung, sondern ein wesentlich höherer Prozentsatz. Es macht also einen wesentlich größeren Unterschied. Wir müssen das bedenken, wenn das nächste Concorde-Agreement ansteht."
Steiner fordert klarere Regeln, ABA soll weg
Der Ruf nach harten Strafen gegen Red Bull war natürlich Teil des politischen Wettkampfes der Formel 1. Für Haas ist Red Bull momentan mit oder ohne Strafe sportlich außer Reichweite, aber das Thema Budgetdeckel an sich ist essenziell: "Wird die Strafe gegen Red Bull viel für sie ändern? Vermutlich nicht jetzt, aber wir müssen die Zukunft unter dem Budgetcap bedenken und es dann weiter sichern. 1 oder 2 Millionen zu viel ausgegeben ist für mich momentan noch nicht so schlimm, denn wir haben schon einen riesigen Schritt gemacht die Teams beim Budget viel enger zusammenzubringen."
Trotz allem Verständnis und der Freude über die generelle Richtung stellte Steiner klar, dass auch eine geringe Überschreitung eine Überschreitung bleibt: "Es ist wie untergewichtig zu fahren oder zu viel Sprit zu verbrauchen. Wir wurden mal disqualifiziert, wegen einer Abweichung von 3 Millimetern an einem Bauteil, dass nicht leistungsrelevant war. Es ist also Betrug, aber wir müssen auch die Strafen in den Regeln respektieren. Es steht dort eben nicht geschrieben, dass du bei einem Bruch ausgeschlossen wirst."
Red Bull wurde letztlich den Regeln nach mit einer Geldstrafe und Reduktion von Windkanalzeiten bedacht, doch das wie ärgert auch den Haas-Boss. Die Rede ist von der Möglichkeit des ABA (Accepted Breach Agreement), welches Red Bull trotz zahlreicher Dementi einer Überschreitung letztendlich doch noch mit der FIA abschloss und damit die eigene Schuld eingestand. Für Steiner herrscht hier Handlungsbedarf: "Es ist eine Schwäche der Regeln, das lernen wir gerade." Für den 57-Jährigen sollte es weniger Möglichkeiten zur Strafverhandlung geben: "Vermutlich ist es ein Punkt, die Regeln klarer - schwarz und weiß - zu formulieren."
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