Den Titel 2022 hat Red Bull dominant für sich entschieden, der Titel Max Verstappens aus dem Jahr 2021 hingegen steht mittlerweile wieder in Frage. Grund dafür ist die FIA-Untersuchung gegen Red Bull: Der Rennstall hat das Budgetcap 2021 um einen sogenannten 'Minor Breach' überzogen, also in einem Bereich von bis zu 5% des Gesamtbudgets. Damit könnte Red Bull bis zu 7,5 Millionen US-Dollar zu viel ausgegeben haben.

Das genaue Maß der Überschreitung gab die FIA jedoch nicht bekannt. Ebenso wenig ist bekannt, ob und welche Strafe aus dem festgelegten Katalog das FIA-Gericht (Cost Cap Adjudication Panel) aussprechen wird. Eine außergerichtliche Einigung mit einem sogenannten 'Accepted Breach Agreement' scheint momentan unwahrscheinlich, da Red Bull dazu ein Schuldeingeständnis abgeben müsste.

Brown sucht Verbündete gegen 'Betrüger' Red Bull

McLaren-Boss Zak Brown lobbyiert bereits für eine harte Strafe gegen den österreichischen Kontrahenten. Ein Brandbrief des Amerikaners vom 12.10.2022 liegt der BBC vor und darin kommt Red Bull alles andere als gut weg. "Jedes Team, das zu viel Geld ausgegeben hat, hat sich einen unfairen Vorteil bei der Entwicklung des Autos für das laufende und das nächste Jahr verschafft. Der Verstoß gegen die Ausgaberegelungen und möglicherweise auch die Verfahrensverstöße stellen Betrug dar, da sie einen erheblichen Vorteil in Bezug auf die technischen, sportlichen und finanziellen Vorschriften bieten", schreibt Brown.

Der McLaren-Geschäftsführer wandte sich direkt an FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem und F1-Boss Stefano Domenicali. Außerdem erhielten auch die fünf weiteren Teams, welche sich bisher innerhalb der Budget-Regularien befinden, eine Kopie. Diese sind: Ferrari, Mercedes, Alpine, Alfa Romeo und Haas. Auch AlphaTauri hat sich nichts zu Schulden kommen lassen, doch das Team ist bekanntermaßen im Besitz von Red Bull und wird daher kaum ein McLaren-Verbündeter in dieser Frage werden. Williams und Aston Martin haben ebenfalls nicht zu viel ausgegeben, wurden aber aufgrund von Verfahrensfehlern ebenfalls untersucht. Williams musste deswegen bereits eine Geldstrafe von 25.000 Dollar zahlen.

Zak Brown ist 'not amused', Foto: LAT Images
Zak Brown ist 'not amused', Foto: LAT Images

Red Bull wies bisher alle Anschuldigungen von sich und führte unter anderem von der FIA falsch interpretierte Catering-Ausgaben und Mitarbeiter-Boni als Grund für die Untersuchungsergebnisse an. Brown watsche die Roten Bullen dafür ab: "Die FIA hat ein äußerst gründliches, kooperatives und offenes Verfahren durchgeführt. Man hat uns sogar eine einjährige Generalprobe (2020) eingeräumt, mit reichlich Gelegenheit, bei Unklarheiten nachzufragen. Es gibt also keinen Grund für irgendein Team, sich jetzt überrascht zu zeigen. Die Quintessenz ist, dass jedes Team, das zu viel Geld ausgegeben hat, einen unfairen Vorteil bei der Entwicklung des Autos für das laufende und das folgende Jahr erlangt hat."

McLaren will harte Red-Bull-Strafe für die Zukunft

In den Medien wurde bereits spekuliert, ob Red Bull nachträglich Punkte und Titel von 2021 verlieren könnte. McLaren fordert aber eine Strafe für die Zukunft: "Wir schlagen vor, dass die Mehrausgaben durch eine Reduzierung der Kostenobergrenze des Teams im Jahr nach der Entscheidung bestraft werden sollten, und die Strafe sollte der Höhe der Mehrausgaben plus einer weiteren Geldstrafe entsprechen - d.h. eine Mehrausgabe von 2 Mio. Dollar im Jahr 2021, die 2022 festgestellt wird, würde zu einem Abzug von 4 Mio. Dollar im Jahr 2023 führen (2 Mio. Dollar zum Ausgleich der Mehrausgaben plus 2 Mio. Dollar Geldstrafe)."

Um das Ausmaß dieser Forderung zu verdeutlichen, gab Brown einen Einblick in das Entwicklungsbudget eines Formel-1-Teams: "Zum Vergleich: 2 Mio. Dollar sind eine Aufstockung des jährlichen Budgets für die Entwicklung von Fahrzeugen um 25-50 % und hätten somit einen erheblichen positiven und langfristigen Nutzen." McLaren etwa gab während der Saison schon zu Protokoll, sich die letzten Updates am MCL36 erst durch die inflationsbedingte Erhöhung des Kostendeckels von 2022 leisten zu können.

Die Reduzierung des Budgets ist für den 50-Jährigen aber nicht genug: "Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass bei geringfügigen Mehrausgaben sportliche Sanktionen in Form einer 20%igen Reduzierung der CFD- und Windkanalzeit verhängt werden sollten. Diese sollten im folgenden Jahr durchgesetzt werden, um den unfairen Vorteil abzumildern, von dem das Team profitiert hat und weiterhin profitieren wird." Beide Forderungen Browns finden sich prinzipiell auch im dafür vorgesehenen Strafenkatalog wieder, doch ihr Ausmaß würden natürlich die Richter der FIA bestimmen und nicht die Vertreter anderer Teams.

Spielraum des 'Minor-Breach' laut Brown viel zu groß

Auch die Regelungen der 'kleinen' und 'großen' Überschreitung will Brown überarbeitet sehen. "Um zu vermeiden, dass Teams den Multiplikatoreffekt mehrerer kleinerer Ausgabenüberschreitungen anhäufen und davon profitieren, schlagen wir vor, dass ein zweiter kleinerer Verstoß gegen die Ausgabengrenze das Team automatisch zu einem größeren Verstoß führt", fordert der McLaren-Boss mehr Abschreckung.

Dazu sind ihm auch die aktuellen Grenzwerte ein Dorn im Auge: "Schließlich erscheint angesichts der finanziellen Aspekte eine Schwelle von 5 % für eine geringfügige Ausgabenüberschreitung als eine viel zu große Abweichung. Wir schlagen vor, dass ein niedrigerer Schwellenwert von 2,5 % angemessener ist." Hier sei jedoch erwähnt, dass auch McLaren bei der Einführung der 5%-Grenze zustimmte. Auch damals war bereits Zak Brown der Vertreter des Traditionsrennstalls.

Mohamed Ben Sulayem und Stefano Domenicali erhielten Browns Brief, Foto: Motorsport-Magazin.com
Mohamed Ben Sulayem und Stefano Domenicali erhielten Browns Brief, Foto: Motorsport-Magazin.com

Integrität der Formel 1 steht auf dem Spiel

Wichtig ist für McLaren aber nicht nur eine hohe Strafe, sondern auch die Art und Weise des Strafverfahrens: "Es ist von größter Wichtigkeit, dass die Kostenobergrenze weiterhin auf höchst transparente Weise geregelt wird, sowohl was die Einzelheiten von Verstößen als auch die damit verbundenen Strafen angeht" Viele Teams erinnern sich mit Schrecken zurück, als Ferrari sich 2019 aufgrund einer Motoren-Mogelei mit der FIA im Hinterzimmer einigte und es zu keinem öffentlichen Strafprozess kam. Für Brown steht bei der Red-Bull-Verhandlung der Ruf der Königsklasse und die Budgetobergrenze selbst auf dem Spiel: "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die Regeln des Kostendeckels im Interesse der Integrität und der Zukunft der Formel 1 sehr entschlossen umsetzen."