Mit Verzögerung veröffentlicht die FIA am Montag nach dem Japan-GP die Ergebnisse der Überprüfung aller Formel-1-Teams im Hinblick auf die Budget-Obergrenze, welche 2021 erstmals für das ganze Feld galt. Und in der offiziellen Aussendung wird verkündet: Red Bull hat die festgelegte Grenze in der vorherigen Saison überschritten.

Auch Aston Martin droht Ärger - das Team hat im Rahmen des Prozesses einen Verfahrensfehler begangen. Welche Strafen es für die beiden Sünder gibt, ist allerdings noch nicht klar. Bis jetzt wurde erst die Buchprüfung ausgeführt. Nun kommt das im Finanziellen Reglement definierte weitere Verfahren zur Anwendung.

In einer kurzen Pressemeldung stellte die oberste Regelbehörde FIA zuerst einmal klar, dass neun Teams sich unterhalb der für 2021 festgelegten und bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Budget-Obergrenze bewegt hatten. Sieben Teams bewegten sich unter der Grenze und hielten das Verfahren korrekt ein. Williams hatte schon im April einen Verfahrensfehler begangen, der damals bereits abgehandelt und öffentlich bestätigt worden war.

Aston Martin wird wie Williams ein Verfahrensfehler angelastet, die Obergrenze hat das Team allerdings eingehalten. Anders Red Bull: Das Team des vorjährigen Weltmeisters Max Verstappen hat laut FIA sowohl Verfahrensfehler begangen als auch die Grenze überschritten.

Allerdings stellt die FIA erst einmal klar, dass es sich bei Red Bulls Übertretung um einen sogenannten "Minor Overspend Breach", also eine kleine Übertretung handelt. Das bedeutet, dass die Grenze um weniger als fünf Prozent überschritten wurde. Damit sind auch die schwersten Strafen, wie ein WM-Ausschluss oder eine Rennsperre, vom Tisch.

So geht es für Red Bull und Aston Martin nach dem Bruch weiter

Nachdem die für die Prüfung zuständige "Cost Cap Administration" nun ihre Ergebnisse vorgelegt hat, folgen die im Finanziellen Reglement festgelegten nächsten Schritte. Da es sich nur um kleine Verstöße und Verfahrensfehler handelt, kann die Administration beiden Beschuldigten ein sogenanntes "Accepted Breach Agreement", also eine Vereinbarung über einen zugegebenen Bruch, anbieten.

Es steht der Administration frei, ein solches ABA anzubieten. Laut dem FIA-Statement werden die angemessenen weiteren Schritte gerade erwogen. Ein ABA bedeutet, dass das Team den Verstoß gesteht. Ein ABA kann dann Verpflichtungen für das Team enthalten, sowie verschärfte Überwachung, und das Team muss die Kosten der Untersuchung durch die Administration tragen.

Außerdem können Strafen inkludiert werden: Eine öffentliche Verwarnung, Einschränkungen von Aero-Tests oder anderen Tests, sowie eine Reduktion der Obergrenze in der Zukunft. Ein ABA kann keine WM-Punkte abziehen. Akzeptiert das Team ein angebotenes ABA, verzichtet es damit auch auf ein Einspruchsrecht.

Was geschieht, wenn Red Bull & Aston Martin kein ABA erreichen?

Sollten Red Bull und Aston Martin keine Vereinbarung mit der Administration treffen, oder sollte die Administration ihnen aus Ermessensgründen keine anbieten, so geht der Fall vor das sogenannte Cost Cap Adjudication Panel. In diesem Gremium sitzen bis zu zwölf unabhängige Richter, welche von der FIA-Generalversammlung gewählt wurden.

Diese Richter halten für die Beschuldigten eine Anhörung ab und treffen Entscheidungen über Strafen. Für Aston Martin, wo lediglich ein Verfahrensfehler begangen wurde, sollte sich das auf finanzielle Strafzahlungen beschränken, außer besondere Umstände legen eine sportliche Strafe nahe.

Trotz der Übertretung der Grenze kann auch Red Bull mit einer finanziellen Strafe davonkommen. Allerdings öffnet sich bei einer kleinen Übertretung eine neue Gruppe an sportlichen Strafen, die sogenannten "Minor Sporting Penalties", also kleinen sportlichen Strafen. Diese beinhalten folgende Optionen, von denen aber keine verpflichtend sind:

  • Öffentliche Verwarnung
  • Abzug von Konstrukteurs-WM-Punkten im Jahr des Verstoßes (2021)
  • Abzug von Fahrer-WM-Punkten im Jahr des Verstoßes (2021)
  • Sperre des Teams für eine oder mehrere Sessions (außer Rennen)
  • Beschränkungen von Aero-Tests oder anderen Tests
  • Senkung der Budget-Obergrenze

Eine Senkung der Grenze würde im ersten Jahr nach dem Ausspruch der Strafe greifen. Wenn also Red Bull 2022 so bestraft werden würde, würde die Senkung für 2023 gelten.

Weiters können die Richter zusätzliche Überwachung einführen. Sollte das Team mit den Strafen nicht übereinstimmen, so gibt es eine Möglichkeit, sie zu beeinspruchen: Vor dem International Court of Appeal, dem FIA-Schiedsgericht.

Red Bull wehrt sich gegen FIA-Anschuldigungen

53 Minuten nach dem FIA-Statement meldete sich erstmals Red Bull zu Wort - und wies die Anschuldigungen kategorisch zurück: "Wir nehmen die Feststellung von 'Kleinen Übertretungen des Finanziellen Reglements' überrascht und enttäuscht zur Kenntnis." Red Bull hatte in der letzten Woche wiederholt darauf gepocht, alle Grenzen eingehalten zu haben.

"Unsere Einreichung für 2021 war unter dem Budget-Limit, also müssen wir die Ergebnisse der FIA genau untersuchen", kündigt Red Bull dementsprechend an. "Wir glauben weiterhin daran, dass die relevanten Kosten unter der für 2021 zulässigen Grenze sind."

"Auch unter dem Angesicht der Spekulationen und der Einwürfe von anderen gibt es natürlich einen Prozess im Reglement mit der FIA, welchen wir respektieren und welchem wir folgen werden, während wir alle uns offen stehenden Optionen abwägen", schließt das Statement.

Entsprechend ist nun offen, wie es weitergeht. Zuerst muss abgeklärt werden, ob ein ABA mit Red Bull und Aston Martin möglich ist, und wenn das nicht der Fall ist, muss der Fall vor dem Adjudication Panel verhandelt werden. Wie lange das dauert, ist unklar - nicht zuletzt, weil es das erste Mal ist, dass die Finanziellen Regeln zur Anwendung kommen. Kann Max Verstappen den WM-Titel 2021 also verlieren? Zumindest laut dem Regelbuch ja, sofern Red Bull und die Cost Cap Administration sich auf kein ABA einigen können, und der Verstoß für die Richter schwer genug ist, um WM-Punkte abzuziehen.

Red Bull & Aston Martin am Pranger! Was passiert jetzt? (13:29 Min.)