Bereits zweimal durfte Alex Palou seit dem Ende seines Vertragsdisputs für McLaren einen Formel-1-Wagen testen. Nach Ausfahrten in Barcelona und Spielberg mit dem Vorjahres-Auto kam am F1-Freitag in Austin die bisherige Krönung der Formel-1-Erlebnisse für den ehemaligen Indycar-Champion.

Der Spanier durfte auf dem Circuit of the Americas im ersten Freien Training für McLaren an den Start gehen. Nach dem Ende der Session freute sich Palou ekstatisch über seine ersten Kilometer an einem Formel-1-Wochenende. "Es war immer schon ein Traum von mir, in der Formel 1 zu fahren und es ist nochmal etwas komplett anderes in einem offiziellen Training zu starten", sagte Palou.

Palou: Formel-1-Auto schneller als gedacht

Palou zeigte sich vor allem begeistert von dem enormen Downforce, den der F1-Bolide in den schnellen Kurven generieren konnte. "Es ist so schnell, das ist irre. Diese Strecke ist ziemlich großartig für Formel-1-Boliden, vor allem der erste Sektor ist wunderschön zu fahren", so Palou.

In den schnellen Abschnitten verlor der Indycar-Pilot allerdings auch am meisten Zeit auf seinen Interims-Teamkollegen Lando Norris. Seine Erklärung dafür war simpel. "Das Auto war zu mehr in der Lage als ich gedacht hätte. In den langsamen Kurven war es einfacher das Vertrauen in das Auto zu gewinnen", analysierte er. Palous Fazit: Das größte Manko ist immer noch die Erfahrung in Formel-1-Boliden.

Die 17. Position, die Palou im Endklassement des ersten Trainings in Austin belegte, ist kaum repräsentativ. Denn bei McLaren war Reifen sparen angesagt. Um für das restliche Wochenende noch ausreichend Pneus vorrätig zu haben, verwendete Palou nur einen einzigen Medium-Reifensatz. Performance-Runs mit wenig Benzin und schnelleren Gummis wurden also keine abgespult.

Formel 1 vs. Indycar: Der Vergleich

Die Strecke in Texas war Palou nicht gänzlich unbekannt. Bei Testfahrten vor der Indycar-Saison 2020 drehte er schon seine Runden auf dem 5,513 Kilometer langen GP-Kurs. Deshalb bot sich auch ein direkter Vergleich zwischen dem Formel-1-McLaren und dem Dallara DW12 an, das als Einheitschassis in der Indycar zum Einsatz kommt.

Wie zu erwarten sind die Unterschiede massiv. "Es sind beides Rennwagen", bilanzierte Palou lakonisch. Darüber hinaus sei nichts vergleichbar. "Es ist wie eine andere Liga, die Teams sind verglichen mit einem Indycar-Rennstall so viel größer, das Budget ist höher. In der Indycar fahren wir seit über 10 Jahren mit dem selben Chassis und hier ändert es sich alle zwei Jahre mit den Upgrades", staunte der ehemalige Formel-3-Gegner von Mick Schumacher über die Kapazitäten in der Königsklasse.

Zur sportlichen Seite dieses Vergleichs sagte er: "Dieses Auto hat so viel mehr Speed, mit dem Auto hat man so viel mehr Downforce um schnell durch die Kurven zu kommen, man kann so früh bremsen, es ist einfach verrückt". In Zahlen ausgerückt liegt der Unterschied in einem Indycar auf dem Circuit of the Americas bei etwa 10 bis 15 Sekunden. Beim bislang einzigen Indycar-Qualifying in Austin 2019 lag die Polezeit bei 1:46,0 Minuten, die Formel-1-Bestzeit auf eine Runde steht hingegen bei 1:32,0.

Formel-1-Aerodynamik wie bei Ovalrennen

Gleichzeitig seien Formel-1-Boliden mit der sensibleren Aerodynamik auch viel windanfälliger als ihre Gegenstücke in der nordamerikanischen Monoposto-Serie auf Rundkursen. "Es ist wahrscheinlich ähnlich wie das was wir auf Ovalen fühlen, dass ein bisschen Wind die Balance beschädigt."

Das spüren nicht nur Rookies. Antonio Giovinazzi verzeichnete in FP1 einen Unfall, der mutmaßlich vom starken Windböen verursacht wurde. Der Wind machte auch Palou zu schaffen und das vor allem in einer Kurve - nämlich der Haarnadel vor der Gegengeraden. "Je nachdem wie viel Wind war, war auf einer Runde alles in Ordnung und auf der nächsten verpasste man den Bremspunkt", beklagte sich Palou.

Ob das Formel-1-Training am Freitag für Palou eine einmalige Sache gewesen ist, oder ob im kommenden Jahr erneut in Boliden der Königsklasse sehen werden, ist noch unklar. Fest steht jedenfalls, dass beim Saisonfinale in Abu Dhabi einer seiner Indycar-Kollegen ebenfalls an einem Grand-Prix-Wochenende in der Königsklasse schnuppern darf: Patricio O'Ward.

Der Mexikaner steuerte bereits im letzten Jahre beim Post-Season-Test den McLaren und absolvierte gemeinsam mit Palou mehrere Testfahrten - er geht als mit etwas mehr Formel-1-Erfahrung in sein Debüt an einem Grand-Prix-Wochenende.