Zu wenig los war beim Formel-1-Rennen in Aserbaidschan 2018 ganz sicher nicht. Eher im Gegenteil. Unzählige Zwischenfälle auf dem Baku City Circuit sorgten sogar dafür, dass manch ein Unfall es gar nicht richtig ins TV-Bild schaffte, nur in Wiederholungen zu sehen war oder den Zuschauern sogar komplett verborgen blieb.
Auf Letzteres trifft ein besonders haariger Moment kurz vor Rennende zu. Beim Re-Start nach dem zweiten Safety Car richteten sich alle Augen auf die Spitze, wo Sebastian Vettel Valtteri Bottas zu attackieren suchte, sich jedoch mit einem Verbremser selbst um alle Chancen auf den Sieg brachte. Doch weiter hinten ging es noch wesentlich krasser zu.
Kevin Magnussen drückt Gasly fast in die Baku-Mauer
Im Kampf um Platz zehn, also um den letzten Punkt, attackierte Pierre Gasly direkt nach der ersten Safety-Car-Linie im leichten Vollgas-Knick auf Start-Ziel den Haas von Kevin Magnussen, zuckte aus dem Windschatten nach links, um den Dänen zu überholen.
Doch der reagierte mit einer plötzlichen Bewegung nach links, drückte Gasly gefährlich Richtung Mauer. Die Boliden kollidierten, Teile flogen. Teile, über die eine Runde später der Führende Bottas fahren, sich den Reifen und damit sein Rennen, seinen Sieg, zerstören sollte. Für die beiden Unfallpartner ging es jedoch noch weiter. Gasly saugte sich erneut heran, wieder machte Magnussen ein paar hundert Meter später dicht.
Pierre Gasly: Magnussen ist gefährlich
Die Szene ließ nach Rennende die Gemüter hochkochen. "Kevin ist der gefährlichste Kerl, gegen den ich je Rennen gefahren bin. Er hat mich beim Re-Start bei 300 km/h regelrecht in die Mauer gedrückt und das Rennen komplett ruiniert", wütete Gasly über Magnussen.
"Ich wollte war gerade vor der ersten Safety-Car-Linie dabei, ihn zu überholen, bin zur Seite gezogen und er hat mich mittendrin einfach in die Wand gedrückt und dabei meinen halben Unterboden weggerissen. Beide Vorderräder sind in die Luft gestiegen, was meinen rechten Spiegel gebrochen hat und auch meine Lenkung verbogen hat. Danach konnte ich nur noch versuchen, zu überleben bis zum Ende des Rennen, es machte fast keinen Sinn mehr, noch zu fahren", schildert Gasly seinen Horror-Moment.
Gasly rast in Baku von einem Horror zum nächsten
Davon hatte der Franzose am Baku-Wochenende bereits zu vor gleich zwei gehabt. Den ersten - ebenfalls mit Magnussen - bereits im Training, als sich Gasly von Magnussen bereits auf ähnliche Weise gefährdet gefühlt hatte. Den anderen im Qualifying, als Gasly Teamkollege Brendon Hartley um ein Haar mit vollem Speed ins Heck gekracht wäre, nur knapp einem brutalen Unfall entging, was Gasly als "erschreckendsten Moment meiner Karriere" bezeichnete.
Aber zurück zum Magnussen-Krach im Rennen. Davon kam der Däne mit seiner Aktion nicht, kassiert von den Stewards zehn Sekunden Zeitstrafe und zwei Punkte auf die Superlizenz. "Der Fahrer von Auto 20 (Magnussen, Anm. d. Redaktion) hat sich unvorhersehbar und unnötig nach links bewegt und ist mit Auto 10 (Gasly, Anm. d. Redaktion) kollidiert, das seine Linie gehalten hat. Die Stewards kamen zu dem Schluss, dass der Fahrer von Auto 20 vollständige für die Kollision zu beschuldigen ist", begründeten die Stewards ihr Urteil.
Magnussen: Noch fünf Strafpunkte bis zur Rennsperre
Damit liegt Magnussen nun bei insgesamt sieben (am Montag verfiel ein 2017 in Russland gesammelter nach Verstreichen eines Jahres) Strafpunkten - mehr hat kein anderer Formel-1-Pilot. Sammelt ein Fahrer zwölf Strafpunkte innerhalb eines Kalenderjahres, wird er für das kommende Rennen gesperrt. Dieser Fall ist bis dato noch nie eingetreten. Bei Magnussen wird es nun allerdings eng. Er muss sich zurückhalten, verfallen die nächsten zwei Punkte bei ihm erst am 11. Juni.
Geht es nach Pierre Gasly hätte Magnussen in Baku wohl gleich noch eine zweite Strafe bekommen müssen, da er nach wenigen hundert Metern seine Aktion auf ähnliche Weise wiederholte. Jedenfalls machte er die Rennleitung darauf aufmerksam. "Was Kevin heute gemacht hat, war falsch und deshalb wurde er zurecht bestraft. Worüber sich Pierre dann noch beschwert hat, ist, dass er nach dem ersten Kontakt gleich noch einmal gemacht zu haben scheint", so FIA-Rennleiter Charlie Whiting.
Magnussen: Hatte Vibrationen, Spiegel nutzlos
Kevin Magnussen verteidigte sich für seine Aktion wie folgt: "Ich hatte so viele Vibrationen im Auto, dass die Spiegel nutzlos waren, ich konnte überhaupt nichts sehen." Tatsächlich zeigen inzwischen von der Formel 1 veröffentlichte Video-Aufnahmen des Unfalls extreme Bewegungen der Rückspiegel am Haas.
Doch Gasly lässt das als Entschuldigung nicht durchgehen. "Er hat mir gesagt, dass er mich nicht sehen konnte, weil er Vibrationen und Schäden hatte. Das ist mir ehrlichgesagt egal. Ich weiß genau, was er da gemacht hat - er hat mich in die Mauer gedrückt. Er ist das ganze Rennen so gefahren. Und er war schon immer so. Er ist immer hart Rennen gefahren. Ich habe kein Problem mit harten Fahrern, aber so ist es einfach über dem Limit: Du schickst einen bei 300 km/h nicht in die Mauer", poltert der Franzose weiter.
Haas-Teamchef Günther Steiner reagierte auf die Kritik Gaslys an seinem Fahrer mit wenig Verständnis. "Er hat gestern schon Hartley, seinen Teamkollegen, als gefährlich bezeichnet, also hat sich da nichts geändert. Manchmal musst du einfach selbst nachdenken. Er ist noch recht neu hier. Warten wir, bis er die ersten Fehler macht."
diese Formel 1 Nachricht