Für die Fans sind die Token ein Reizwort. Muss alles überreglementiert werden? Die Motorenhersteller wollten diese Einheit für Entwicklungsarbeit ursprünglich, um eine Kostenexplosion zu verhindern. Blickt man auf die Preise, die Hersteller von den Kundenteams verlangen, wurde das Ziel weiter verfehlt als McLaren-Honda an der totalen Dominanz vorbeigeschrammt ist.
Die Kosten sind längst ausgeufert, daran konnte die Token-Regelung nichts ändern. Aber an der Wahrnehmung von außen haben sie einiges geändert: Wie sollten Ferrari und Renault den riesen Vorsprung von Mercedes so jemals einholen? Wie soll Honda das jetzt schaffen?
Die Ingenieure wussten schon 2014, dass ihnen die Token keine Probleme bereiten würden. "Mit 32 Token können Sie den halben Motor neu bauen", sagte Remi Taffin zu Motorsport-Magazin.com. Renault hat das im Umkehrschluss im folgenden Jahr schmerzhaft am eigenen Leib erfahren: Mit Token kann man keine PS kaufen.
Das Entscheidende ist nicht, wie viel Token man hat, sondern wie man sie nutzt. Mercedes machte aus den sieben Token in Monza gefühlt mehr als Renault mit den 20 über die gesamte Saison. Die Wahrheit ist: Token wurden völlig überbewertet.
Block Boxes werden abgeschafft
"Wahrscheinlich nicht", antwortete Mercedes Motorenchef Andy Cowell leicht schmunzelnd, als ihn Motorsport-Magazin.com fragte, ob die aktuelle Power Unit ohne Token-Regelung auch nur eine einzige Pferdestärke mehr hätte.
Deshalb werden die Seiten 89 und 90 - die beiden letzten Seiten des Technischen Reglements - wohl wegfallen. 2016 müssen sich die Hersteller noch an die Token-Zahl halten, dürfen aber entgegen der ursprünglichen Idee an allen Bereichen der Power Unit weiter Hand anlegen. 2017 soll dann auch die Token-Begrenzung wegfallen.
"Die Token-Regel wird abgeschafft, weil wir verhindern wollten, dass ein Hersteller in einer Situation gefangen ist, in der er eine gute Idee hat, sie aber wegen den Black Boxes nicht einführen kann", so Cowell. Die Black Boxes sind - oder besser waren - ein Zusatz der Token-Regelung. Bestimmte Bereiche der Power Unit sollten ab einem gewissen Zeitpunkt gar nicht mehr entwickelt werden dürfen. Black Boxes heißen sie deshalb, weil die Kästchen im Reglement ab dem Zeitpunkt des Entwicklungs-Stopps schwarz ausgefüllt sind.
"Diese Black Boxes haben wir ausgesucht, weil wir dachten dass es Bereiche sind, die man nicht mehr ändern würde, weil man daraus keine große thermische Effizienz gewinnen kann. Diese Bereiche waren zum Beispiel die Architektur der Kurbelwelle oder Bohrungen. Dinge, von denen wir dachten, dass man nach 2 Jahren aufhören muss, damit rumzuspielen."
Weil das Reglement und die Black Boxes nicht überraschend kamen, konnten sich die Hersteller außerdem ausreichend darauf vorbereiten. "Als wir uns für Melbourne 2014 vorbereiteten, haben wir sichergestellt, möglichst viel Performance reinzupacken, weil wir wussten, da kommt nichts mehr während der Saison. Und wir haben den Fokus auf Bereich gelegt, von denen wir wussten, dass sie in der Zukunft wegen der Block Boxes eingeschränkt werden."
Ab jetzt gibt es keine Ausreden mehr
Zur Klarstellung: Bislang waren noch keine Bereiche in der Entwicklung eingefroren, die ersten Restriktionen wären 2016 gekommen. Rund 22 Prozent der Power Unit hätten eingefroren werden sollen, alle Teile hätten den Verbrennungsmotor betroffen.
"Wir wollen nicht das Szenario, bei dem einer von uns sagen kann, er kann wegen der Regeln nicht aufholen", erklärt Cowell den Rückzieher. "Alle Regeln, die es schwierig machen für jemanden aufzuholen, sind schlecht." Kurz: Ausreden zählen ab jetzt nicht mehr. Vorausgesetzt, Strategiegruppe und Formel-1-Kommission stimmen der Abschaffung zu.
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