Mit Zahlen ist es in der Formel 1 so eine Sache. Wenn die Werte nicht gerade von der offiziellen Zeitmessung kommen, muss man vorsichtig sein. Die Teams geben meist ohnehin keine konkreten Zahlen raus. "Um der Konkurrenz kein Ziel zu geben", wie ein Teamsprecher sagte. Dabei kennt die Konkurrenz die Zahlen meist ziemlich genau. GPS-Messungen werden extrem genau ausgewertet.

Nachdem Mercedes in Abu Dhabi zwar keine konkreten Leistungsdaten der Power Unit herausgab, aber immerhin eine größentechnische Einordnung ermöglichte, lässt Renault nun die Katze aus dem Sack. Im Pressekit zur Teampräsentation geben die Franzosen rund 875 PS Systemleistung der Power Unit an.

Damit gibt Renault den ersten konkreten und auch sinnvollen Leistungswert einer Power Unit. Zum Vergleich: Zu Beginn des neuen Reglements war der Verbrennungsmotor von Renault noch mit 600 PS angegeben. Gemeinsam mit 160 PS aus der MGU-K ergab das eine Systemleistung von 760 PS. Selbst für Renault komplett unrealistisch.

Mercedes Power Unit rund 50 PS stärker

Mercedes lieferte keine genauen Zahlen, dafür gute Anhaltspunkte, Foto: Mercedes-Benz
Mercedes lieferte keine genauen Zahlen, dafür gute Anhaltspunkte, Foto: Mercedes-Benz

Mercedes sprach in Abu Dhabi davon, das der aktuelle Verbrennungsmotor ähnlich stark ist wie jener zu V8-Zeiten. Die V8-Motoren gab Mercedes mit rund 750 PS an - offiziell wohlgemerkt. Addiert man die 160 PS dazu, die KERS maximal leisten darf, ergibt sich eine Systemleistung von 910 PS. Konservativ berechnet.

Geht man davon aus, dass die Renault-Angabe mit 875 PS recht realistisch ist, würde das Leistungsdefizit 35 PS betragen. Glaubt man den Aussagen von Red Bull, beläuft sich die Differenz eher auf das Doppelte. Irgendwo dazwischen wird die Wahrheit liegen. Geht man von rund 50 PS aus, kommt die Mercedes Power Unit auf rund 925 PS. Immer im Hinterkopf, dass offizielle Angaben meist recht konservativ sind.

Neuer Motor basiert auf D-Spezifiaktion aus Brasilien

Neben dem Chassis, das bei Renault in diesem Jahr eine Notlösung sein wird, weil zur entscheidenden Zeit der Entwicklung einerseits die finanziellen Mitteln fehlten, andererseits noch nicht einmal klar war, mit welchem Motor das Team in die nächste Saison gehen wird, bleibt der Motor ein Problemfall.

Der Motor, der beim Saisonauftakt in Melbourne zum Einsatz kommen wird, basiert auf der D-Spezifikation des letztjährigen Aggregats, das bereits in Brasilien getestet wurde. Die Tests verliefen eher ernüchternd, Daniel Ricciardo war mit dem Update langsamer als Teamkollege Daniil Kvyat ohne. Motorenchef Remi Taffin ist trotzdem guter Dinge: "Genau genommen haben wir an den Brennräumen und am Turbo gearbeitet, um Performance zu gewinnen, ohne Zuverlässigkeit dabei aufs Spiel zu setzen."

Renault Motorenchef Remi Taffin rechnet erst 2017 mit dem vollen Ertrag, Foto: Sutton
Renault Motorenchef Remi Taffin rechnet erst 2017 mit dem vollen Ertrag, Foto: Sutton

Die Melbourne-Variante ist eine konsequente Weiterentwicklung davon. "Mit einigen Add-Ons und weiter vorangetriebenen Konzepten", wie Taffin erklärt. "Wir arbeiten noch an einigen anderen Bereichen, deshalb wird es während der Saison noch weitere Verbesserungen geben, aber wir werden bereits in Melbourne einen ordentlichen Schritt seit dem Ende 2015 sehen." Aber Taffin ist sich auch der Tatsache bewusst, dass sich die Arbeit 2016 noch nicht komplett auszahlen wird. "Wir legen die Grundlagen für 2017, dann erwarten wir, dass die Partnerschaft Früchte trägt."

Während sich in Enstone durch die Übernahme von Renault eine Menge ändert, bleiben in Viry alle Steine aufeinander. Die Änderungen, so Taffin, seien schon viel früher geschehen, nämlich als die neuen Regeln kamen. Kein gutes Zeichen, mag man denken, schließlich bekamen es die Franzosen in den vergangenen Jahren mit dieser Struktur auch nicht auf die Reihe, einen konkurrenzfähigen Motor zu entwickeln.

Doch 2016 soll sich endlich die Kooperation mit Ilmor, dem Technologieunternehmen von Motoren-Papst Mario Illien auszahlen. Im vergangenen Jahr wurden die Ideen des Schweizers noch verworfen, in diesem Jahr wird die Zusammenarbeit noch verstärkt. Für viele ein Hoffnungsschimmer.