Welcher Formel-1-Fahrer könnte Max Verstappen bei Red Bull Racing ersetzen? Diese Frage stellt sich in Zusammenhang mit diversen Teamwechsel-Gerüchten schon seit einiger Zeit, doch nach dem Großen Preis von Spanien muss sich Red Bull ernsthaft damit auseinandersetzen. Allerdings nicht mittel- oder langfristig, sondern schon in unmittelbarer Zukunft. Nach dem Rammstoß gegen George Russell in Barcelona steht der Niederländer mit elf Strafpunkten kurz vor einer Rennsperre. Ließe er sich in Kanada etwas zu Schulden kommen, müsste er ausgerechnet beim Red-Bull-Heimrennen in Österreich aussetzen.

Doch die Red-Bull-Boliden, allen voran der diesjährige RB21, sind bekanntlich schwer zu bändigen. Der vierfache Formel-1-Weltmeister scheint das Auto als einziger Rennfahrer zu verstehen, seine Teamkollegen sind daran bisher gescheitert . Egal, ob sie Pierre Gasly, Alex Albon und Sergio Perez in der Vergangenheit oder Liam Lawson und Yuki Tsunoda in der Gegenwart hießen. Wer steht also auf der Liste des österreichischen Teams, sollte ihr Erfolgsbringer nicht antreten dürfen? Motorsport-Magazin.com hat sich die möglichen Kandidaten angesehen.

Liam Lawson: Rückkehr ins Top-Team?

Red Bull-Fahrer Liam Lawson nach dem Rennen im Parc Ferme
Schon Anfang des Jahres saß Liam Lawson hinter dem Steuer des RB21, Foto: IMAGO / PsnewZ

Die wahrscheinlichste Vorgehensweise für Red Bull ist, einen Formel-1-Piloten der Racing Bulls zu befördern und einen Ersatzfahrer ins Cockpit des Schwestern-Teams zu setzen. Liam Lawsons kurze Zeit im Red Bull A-Team war zwar nicht von Erfolg gekrönt, aber er hat etwas, das die anderen Ersatzoptionen nicht haben: Erfahrung im RB21. Er bestritt zwei Rennwochenenden im Auto aus Milton Keyes, kennt das Team und die Abläufe. Für ein einmaliges Einspringen wäre der Neuseeländer eine naheliegende Wahl.

Gegen ihn sprechen seine nicht vorhandenen Erfolge. An seinen zwei Rennwochenenden am Steuer des RB21 kam er nicht über Q1 hinaus. Er konnte sich auch nie in die Punkteränge vorkämpfen, in Australien endete sein Rennen nach 47 Runden in der Wand. Wegen der fehlenden Leistung wurde er vor dem Japan GP zu den Racing Bulls degradiert. Auch dort lösten seine Resultate bis jetzt keine große Begeisterung aus. Anstatt auf den Punkterängen findet sich Lawson immer wieder im Mittelpunkt von Unfällen wieder. Erst in Monaco holte er sich mit einer kontroversen Strategie den achten Platz und damit seine ersten WM-Punkte.

Isack Hadjar: Bewährungsprobe für Rookie-Überraschung?

Fahrerparade mit den beiden Red Bull-Fahrern Max Verstappen und Yuki Tsunoda sowie Racing Bull-Pilot Isack Hadjar
Könnte der Rookie bald den Platz des Weltmeisters wärmen?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Ausgerechnet sein Teamkollege könnte der Red-Bull-Rückkehr von Liam Lawson einen Strich durch die Rechnung machen. 2025 ist die erste Formel-1-Saison für Isack Hadjar, doch der 20-Jährige entwickelt sich allmählich zur Überraschung des Jahres. Abgesehen von seinem Abflug in der Formationsrunde in Australien glänzte der Rookie mit einer guten Performance und fast regelmäßigen Top-10-Platzierungen.

Punktemäßig ist er der zweitbeste Fahrer im Red-Bull-Kader, an den letzten zwei Wochenenden konnte er sogar mehr Zähler einheimsen als Verstappen selbst - natürlich in Folge der Verstappen-Strafe in Spanien. Red-Bull-Berater Helmut Marko zeigte sich schon oft begeistert vom Rookie. Es wäre also nicht abwegig, dass er für einen gesperrten Verstappen einspringt und eine Bewährungsprobe im RB21 absolviert.

Ayumu Iwasa: Erster Einsatz für den Ersatzfahrer?

Red Bull-Ersatzfahrer Ayumu Iwasa in der Box
Ayumu Iwasa hatte erst eine Ausfahrt mit dem RB21, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Der Japaner Ayumu Iwasa ist Reserve-Fahrer für Red Bull und seit 2021 Teil des Junior-Teams. Er durfte Verstappen dieses Jahr schon einmal ersetzen, als er in Bahrain im ersten Freien Training statt dem 65-fachen Grand-Prix-Gewinner im Einsatz war. Formel-1-Teams sind dazu verpflichtet, jedes Auto mindestens zweimal in der Saison für eine Trainingssession an einen Rookie abzugeben, um den Motorsport-Nachwuchs zu fördern.

Dass Iwasa direkt ins Top-Team aufsteigen würde, ist unwahrscheinlich. Er könnte aber für Liam Lawson oder Isack Hadjar das Cockpit des VCARB 02 wärmen, während einer der beiden Verstappen vertritt. Iwasa konnte schon etwas Erfahrung im Racing-Bull-Boliden des Vorjahres sammeln. Sein Formel-1-Debüt gab er 2024 im ersten Freien Training in Suzuka im Auto von Daniel Riccardo, in Abu Dhabi saß er bei den Rookie-Tests erneut im VCARB 01. Ein Renneinsatz würde Red Bull die Möglichkeit bieten, sein Formel-1-Potential zu testen, ohne gravierende Konsequenzen davonzutragen.

Arvid Lindblad: Nächster Max Verstappen?

Arvid Lindblad gewinnt in der Formel 3 in Silverstone
Arvid Lindblad wird als Zukunft von Red Bull gehandelt, Foto: IMAGO / Panoramic by PsnewZ

Max Verstappen wird nicht für immer in der Formel 1 bleiben. Der Niederländer hat schon öfter angedeutet, nicht mehr allzu lange in der Königsklasse des Motorsports bleiben zu wollen. Red Bull muss sich also nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig nach einem Ersatz umsehen. Dr. Helmut Marko, der bei Red Bull für das Junior-Programm zuständig ist, hat dafür schon länger den Briten Arvid Lindblad ins Auge gefasst.

Lindblad ist seit vier Jahren im Nachwuchsprogramm von Red Bull und konnte in den unteren Kategorien überzeugen. Er entschied Anfang des Jahres die Formula Regional Oceania Championship (FROC) für sich und tritt zurzeit in der Formel 2 an. Erst letzte Woche gewann er das F2-Rennen in Barcelona. Auch bei einem TPC-Test (Testing of Previous Cars) im Februar in Imola beeindruckte Lindblad in einem AlphaTauri AT04.

Das Problem ist sein Alter: Er hat zwar die nötigen 40 Punkte für eine Super-Lizenz gesammelt, doch wird erst im August 18 Jahre alt. Seit 2016 gibt es die Regel, dass Fahrer erst an einem Formel-1-Wochenende antreten dürfen, wenn sie volljährig sind. Seit diesem Jahr kann in Ausnahmefällen bei der FIA um eine frühere Erlaubnis angefragt werden, doch nur wenn der Fahrer "besondere Leistung und Reife" in einer Single-Seater-Meisterschaft zeigt.

Sergio Perez & Daniel Ricciardo: Zurück aus dem Ruhestand?

Daniel Ricciardo und Sergio Perez in der Pressekonferenz
Daniel Ricciardo und Sergio Perez kennen Red Bull - doch sind sie offen für ein einmaliges Comeback?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Dass die Wahl auf Arvid Lindblad fällt, ist unwahrscheinlich. Dass Sergio Perez oder Daniel Ricciardo den Platz von Verstappen füllen, ist so gut wie ausgeschlossen. Die zwei ehemaligen Red-Bull-Fahrer waren lange beim österreichischen Team und haben viel Erfahrung, aber beide wurden letztes Jahr aus der Königsklasse verabschiedet.

Ricciardo konnte 2024 im Racing Bull nicht Fuß fassen und fuhr sein letztes Rennen in Singapur, bevor Liam Lawson seinen Sitz für die restliche Saison übernahm. Seither distanzierte sich der 35-Jährige von der Formel 1, er besuchte sein Ex-Team nur kurz während des Australien-Grand-Prix. Ständig gibt es Gerüchte, die Ricciardo mit Cadillac in Verbindung bringen, aber der Australier hat eine Rückkehr in die Formel 1 verneint.

Sergio Perez wird ebenso als potenzieller Anwärter für ein Cadillac-Cockpit gehandelt. Das 11. Team wird 2026 zum ersten Mal in der Formel 1 antreten und mit 14 Jahren Erfahrung könnte Perez eine große Starthilfe für die US-Amerikaner sein. Auch andere Teams wären an ihm interessiert, wie der 35-Jährige behauptete. Da stellt sich die Frage, ob der Mexikaner als Notpflaster für das Team fungieren will, dass ihn erst vor wenigen Monaten vor die Tür gesetzt hat.

Franz Hermann: Nordschleifen-Sensation im Red Bull?

Max Verstappen bei den Probe- und Einstellfahrten der NLS (VLN) auf der Nürburgring-Nordschleife; Portrait
Der Niederländer Franz Hermann ist eine mysteriöse Legende auf dem Nürburgring, Foto: Imago / Gruppe C Photography

Ein kleiner Spaß zum Schluss. Hinter dem Pseudonym steckt natürlich kein anderer als Max Verstappen selbst. Er trat damit bei Testfahrten für die Nürburgring-Langstreckenserie (NLS) an und stellte laut eigenen Aussagen sogar den Streckenrekord auf der Nordschleife auf. Sich hinter einem falschen Namen zu verstecken, wird in der Formel 1 aber eher nicht funktionieren. Red Bull muss sich wohl oder übel etwas anderes einfallen lassen, sollte es zu einer Sperre kommen.

Für seinen Rammstoß gegen George Russell bekam Max Verstappen eine 10-Sekunden-Strafe. War das genug oder hätte er ganz disqualifiziert werden sollen? Unsere Redakteure Florian und Markus diskutieren!

Verstappen härter bestrafen? 10-Sekunden, die dümmste F1-Strafe (30:49 Min.)