Ein kurioses Phänomen machte sich in der Formel-1-Saison 2023 breit: Im Laufe der Saison schwankten die Kräfteverhältnisse zwischen den Teamkollegen der Top-Teams von Rennen zu Rennen. Außer bei Max Verstappen: Er jagte Rennen für Rennen im überlegenen Red Bull RB19 Rekorde am laufenden Band. Mit 19 Saisonsiegen, 1.003 Führungsrunden und 575 WM-Punkten bewegte er sich in einer anderen Sphäre.

Und damit war er sogar seinem Teamkollegen Sergio Perez um Längen voraus. Bei Mercedes-Teamchef Toto Wolff blieb das Phänomen nicht unbemerkt: Seine Piloten hatten damit nämlich selbst zu kämpfen - zuletzt beim Abu Dhabi GP. Aber wieso musste sich Verstappen damit nicht herumschlagen? Wolff ist sich sicher: Der Red-Bull-Pilot versteht eine Sache besser als alle anderen Fahrer.

Wolff: Keine Erklärung für Leistungsschwankungen

Eine genaue Erklärung hat der Mercedes-Teamchef für die Leistungsschwankungen jedoch nicht: "Es ist einfach schwer zu verstehen, dass gute Fahrer aus verschiedenen Teams diese Leistungsschwankungen haben. Man hat es dieses Wochenende [in Abu Dhabi] bei Carlos Sainz und Charles Leclerc gesehen." Aber nicht bei Max Verstappen.

Für die beiden Ferrari-Piloten wurde die zweite Saisonhälfte zum regelrechten Schlagabtausch um die bessere WM-Platzierung. Als einziger Nicht-Red-Bull-Sieger drohte Sainz Leclerc in Singapur noch den Rang abzulaufen. Doch in Japan wendete sich das Blatt: Leclerc stellte den Spanier in Sachen Punkteausbeute wieder in den Schatten. In Katar ging Sainz wegen eines Kraftstofflecks erst gar nicht an den Start.

Ferrari-Duo Charles Leclerc vor Carlos Sainz Jr.
Auch die Ferrari-Piloten hatten 2023 mit Formschwankungen zu kämpfen, Foto: LAT Images

Erst in den USA bekam er das Zepter dank eines Podiumsplatzes wieder überreicht. Leclerc wurde stattdessen disqualifiziert, erzielte im Rennen aber ohnehin nur Platz sechs. Als teaminternen Sieger ging der Monegasse dann erst wieder in Mexiko hervor, nur um das Rennen in Brasilien nach einem Unfall in der Formationsrunde ohne Punkte zu beenden. Gleich zwei Desaster-Wochenenden in Folge zwangen Sainz dann in Abu Dhabi aber endgültig zur Aufgabe des besseren WM-Platzes.

Leistungen schwanken auch bei Mercedes

Ein ähnliches Muster erkannte Toto Wolff auch bei Mercedes und McLaren: "Sie haben es bei George [Russell] und Lewis [Hamilton] gesehen. Und mit Oscar [Piastri] und Lando [Norris]." Denn auch im Hause Mercedes hatte sich zuletzt das Kräfteverhältnis in Abu Dhabi gewendet: Hamilton musste sich von Russell deutlich geschlagen geben.

Der jüngere Mercedes-Pilot musste im Alleingang mit Leclerc um den zweiten Konstrukteursplatz kämpfen. Dabei hatte Hamilton in der Saison 2023 im Rennen meistens teamintern den Ton angegeben. Neben dem Saisonfinale konnte George Russell schon in Saudi-Arabien, Miami, Österreich, Italien, Katar und in Austin mehr Punkte abstauben.

Jedoch hatte Russell Glück, als Hamilton in Katar dem teaminternen Start-Crash zum Opfer fiel, bei dem der jüngere Brite glimpflich davonkam. Zudem profitierte der 25-Jährige in den USA von Hamiltons Disqualifikation.

Wolff: Verstappen ist der Einzige, der damit umgehen kann

Red Bull-Fahrer Max Verstappen vor Teamkollege Sergio Perez
Verstappen blieb 2023 unangefochten an der Spitze, Foto: LAT Images

"Das offensichtlichste Beispiel sind aber Sergio Perez und Max Verstappen. Perez ist nicht eine Sekunde langsamer als Max. Also, woran liegt es dann? Wir haben gesehen, dass es in beide Richtungen schwanken kann", sagte Toto Wolff ratlos. Verstappen verbrachte seine Zeit in der Formel-1-Saison 2023 meist einsam an der Spitze. Trotz gleicher Maschinerie war er auch seinem Teamkollegen haushoch überlegen.

Jedoch nicht zum Saisonstart: Dort gewann Perez zwei der ersten vier Rennen. "Es hat gut angefangen", so der Mexikaner. Doch mit dem Start der Europarennen hat er dann das Setup nicht mehr verstanden: "Wir hatten ein so dominantes Auto, aber ich konnte es einfach nicht richtig abstimmen." Er gab selbst zu: Dadurch hatte er sein Selbstvertrauen verloren.

Verstappen lief hingegen ab dem Miami GP zur Höchstform auf. Herr über den RB19 wurde er aber schon in Baku: "Ich habe in Baku sehr viel darüber gelernt, was ich mit dem Auto anstellen muss. Wie ich es für meinen Geschmack einstellen muss. Ich habe sehr viele verschiedene Einstellungen ausprobiert, und mich mit den verschiedenen Werkzeugen auseinandergesetzt, die mir das Auto anbietet."

"Deshalb war ich im Rennen teilweise nicht konstant. Aber irgendwann kam der Punkt, als ich meinen Rhythmus fand, mit dem, was ich da gefunden hatte", sagte der Red-Bull-Pilot. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat dafür auch eine Vermutung: "Grundsätzlich denke ich, dass es sich nur um den Grip der Reifen dreht."

"Wenn man in der Lage ist, das Auto in ein bestimmtes Arbeitsfenster zu bekommen und man zu Beginn des Wochenendes eine solide Basis hat, dann kann man Leistung herausholen. Ansonsten hast du einfach keine Performance, dann stürzt man ab", so Wolff. Und laut dem Wiener soll auch nur Verstappen ein Gespür für diese Problematik gehabt haben: "Der Einzige, der in diesem Jahr verstanden hat, wie man mit diesen Reifen umgeht, ist Max."

Verstappen und Red Bull stellten die bisher dominanteste Saison der Formel-1-Geschichte auf die Beine. Im folgenden Artikel könnt ihr mehr über seine Statistiken im Jahr 2023 lesen: