Eigentlich war 2023 dafür prädestiniert, Charles Leclercs finaler Durchbruch zu werden. Im Vorjahr erstmals um die WM gekämpft, jetzt die letzten Fehler ausmerzen, und los. Es kam ganz anders. Die Schuld liegt nicht nur an einem enttäuschenden Ferrari. Motorsport-Magazin.com sucht für das Zeugnis heraus, wo auch der Fahrer zu den Problemen beitrug.

Charles Leclercs Qualifying-Statistik 2023

Qualifying / Shootout2023
Bestes Ergebnis1 (5x)
Q3-Teilnahmen26
Ø Ergebnis4,4
Ø Vorsprung auf Teamkollegen- 0,062
Siege im Quali-Duell18 von 28

Charles Leclerc im Qualifying: Mit fünf Poles hob sich Leclerc klar vom Teamkollegen und vom Rest des Feldes (ausgenommen Max Verstappen) ab. Sein durchschnittliches Ergebnis von 4,4 ist das zweitbeste. Der Gesamtschnitt erzählt jedoch nicht die ganze Geschichte. Leclerc begann die ersten 18 Qualifyings gegen Carlos Sainz mit 9 zu 9, beide waren sich statistisch ebenbürtig.

Leclerc fabrizierte an diesen Wochenenden mehrere Male Kleinholz. Erst wollte er das bei Querstehern keine Marge bietende Heck des SF-23 nicht wahrhaben und versteifte sich auf übersteuernde Setups mit grenzwertiger Fahrbarkeit. Nach anhaltenden Fehlern - unter anderem einem Miami-Wochenende mit zwei Unfällen - fügte er sich und gab seine alten Abstimmungsideen auf.

Doch mit der untersteuernden Alternative war er schlichtweg nicht schnell genug. Erst als das letzte Ferrari-Update in Japan das Heck berechenbarer machte, konnte er wieder losere Setups fahren. Und war damit wieder schnell und ein Problem für Sainz, dessen Zeugnis es hier gibt:

Charles Leclercs Renn-Statistik 2023

Grand PrixSprint
Bestes Ergebnis2 (3x)2 (1x)
Ø Zielankunft4,96,5
Ausfälle50
Punkte206
WM-Platz5

Charles Leclerc im Rennen: Die Setup-Probleme waren im Rennen, wo Leclerc nicht das absolute Limit des Autos suchte, bei weitem nicht so ein großes Problem. Dafür gab es immer wieder Formschwankungen. An manchen Wochenenden fand er das Vertrauen in die Reifen bei vollen Tanks nicht. Folglich wagte er es entweder nicht zu pushen - oder fuhr sich früh die Reifen kaputt.

Auch hier half das Japan-Update. Wenn Leclerc danach ein Rennen beendete, dann unter den Top-5, und dann auch vor Sainz, inklusive zwei zweiter Plätze und dem Highlight von Las Vegas. Dort hatte er Außenseiterchancen auf den Sieg und bezwang immerhin einen der zwei Red Bulls im Zweikampf. Bitter für ihn, dass seine schwierigste Setup-Phase mit einer starken Sainz-Form im Spätsommer zusammenfiel. So blieb es Sainz überlassen, in Singapur die beste Siegchance umzusetzen. Einem Rennen, bei dem Leclerc zum strategischen Wasserträger degradiert wurde.

Charles Leclercs Entwicklung: Die Entwicklung in der Saison wurde bereits thematisiert, aber Leclercs Gesamt-Entwicklung als Fahrer? Relativ zum Vorjahr sieht es wie ein Schritt zurück aus. Seine besten Wochenenden zeigten, dass er nicht bloß ein Qualifying-Zauberer ist, sondern auch Reifen-Management kann. Zu Saisonende wirkte er wieder wie der zweitbeste Fahrer im Feld. Die Fehler davor nahmen an einem Punkt noch nie dagewesene Ausmaße an.

MSM-RankingNote (Platz)
Gesamtnote2,46 (5.)
Redaktionsnote2,23 (5.)
Lesernote2,70 (8.)
Bestes RennenAbu Dhabi (1,26 - 2.)
Schlechtestes RennenNiederlande (4,36 - 19.)

Das sagt Charles Leclerc: "Leicht war es nicht. Unsere Saison hatte zwei Teile: Vor Japan und nach Japan, zumindest auf meiner Seite. Seit Japan fühle ich mich viel besser mit dem Auto verbunden. Wir haben an seiner Berechenbarkeit in unterschiedlichen Bedingungen gearbeitet, was meinem Fahrstil sehr geholfen hat. Ich mag ein übersteuerndes Auto mit starker Vorderachse, und das konnte ich in der ersten Saisonhälfte nicht ganz umsetzen."

Das sagt MSM: Tatsächlich erscheint 2023 wie der erste wirklich echte schwarze Fleck auf Leclercs davor sauberen Weste. Ist er etwa einer dieser Fahrer, die nur mit dem richtigen Auto schnell sind? Oder lag es daran, dass er sich zu sehr auf eine Setup-Richtung versteifte, die das Auto fundamental einfach nicht hergab, und dann nie einen Rhythmus fand? Die letzten Rennen bescheinigen sein Können. Jetzt muss er sicherstellen, dass er in einem möglichen WM-Kampf nicht aus dem Tritt kommt, wenn das Auto plötzlich einmal nicht mehr passt.

Mehr zu Ferraris Zukunftsplänen mit dem aktuellen Fahrerduo Leclerc und Sainz gibt es hier: