Sebastian Vettel hat sich längst als Verfechter des Umweltschutzes etabliert. Der vierfache Weltmeister begann noch während seiner Formel-1-Karriere damit, und in den Monaten seit seinem Rücktritt hat er weiter die Werbetrommel für mehr Umweltbewusstsein gerührt. Forderungen nach höheren Spritpreisen, oder nach Tempolimit auf der Autobahn - auch damit ließ Vettel immer wieder aufhorchen.

Im Interview mit dem Red-Bull-Magazin 'Red Bulletin' ist Vettel jetzt aber schnell dabei, sich gegen Verbots-Forderungen - ob jetzt beim Individualverkehr, oder generell bei Autos - auszusprechen. Er selbst ist noch immer F1-Fan, und er fährt auch noch immer zum Spaß: "Ab und zu mit meinen alten Motorrädern. Das macht mir sehr viel Freude."

Vettel will Autos & Motorräder am Leben erhalten

"Autos und Motorräder sind Kulturgut", unterstreicht Vettel. "Viel Gutes ist daraus entstanden. Wir sollten sie nicht abschaffen, sondern am Leben erhalten. Motorsportfans muss man ohnehin nicht erklären, wie großartig es sich anfühlt, wenn ein V8 angeschmissen wird. Da spürt man was. Wir müssen es bloß besser gestalten."

"Andererseits verstehe ich Menschen, die die Klimakatastrophe als existenzielle Bedrohung für sich begreifen", räumt Vettel ein. "An diesem Balanceakt, mich nicht von einer Angst leiten zu lassen und den Moment genießen zu können, arbeite ich persönlich sehr stark. Auch hier: Ich finde es wichtig, nicht von Verbot und Verzicht zu reden, sondern die Alternativen hervorzuheben, und die gibt es ja oft schon."

Gerade deshalb setzt er sich so für alternative Treibstoffe ein, vor allem für synthetisch hergestellte. Die sind für Vettel den nach wie vor schweren Elektro-Antrieben oder auch Biofuels aktuell klar vorzuziehen. Beim Goodwood Festival of Speed fuhr er daher mit alten F1-Autos, am 9. September dreht er eine Runde auf der Nordschleife mit seinem WM-Auto von 2011 - alles mit synthetischem Kraftstoff. Vettel fordert aber auch - besonders von der WM - Selbstverantwortung ein, um dem Umweltschutz entgegen zu kommen.

Vettel beklagt fehlende Vision bei Umwelt-Fragen

Besonders in Sachen Reisen. Nicht nur um die Flugreisen von GP zu GP: "Wie kommen die Fans an die Strecke? Was wird dort konsumiert, welche Ideale werden gelebt? Wasser sollte meiner Meinung nach etwas sein, das jedem zu jeder Zeit zur Verfügung steht. Braucht es diese Plastikbecher überall? Ich finde, Veranstalter von Groß-Events haben die Verpflichtung, sich diesen Fragen zu stellen."

Vettel selbst begann, sich solche Fragen vor ein paar Jahren zu stellen, und begann seinen CO2-Fußabdruck zu messen. Knappe 400 Tonnen im Jahr war sein Höchstwert. "Diese Zahl im Vergleich zu der von Otto Normalverbraucher zu sehen, hat mich von den Socken gehauen!", gesteht Vettel. Der Durchschnitts-Deutsche produziert laut dem Umweltbundesamt heute 10,5 Tonnen CO2. Am Ende seiner F1-Karriere hatte Vettel es bis auf 60 Tonnen heruntergeschafft, größtenteils durch Einsparen von Flügen und durch Anreise mit dem Auto, wenn möglich.

Vettel fuhr in Goodwood einen Showrun mit einem mit E-Fuels betriebenen Williams, Foto: LAT Images
Vettel fuhr in Goodwood einen Showrun mit einem mit E-Fuels betriebenen Williams, Foto: LAT Images

"Dieser Schritt fühlte sich null nach Verzicht an, sondern als völlig logisch - wie auch alle anderen kleineren, die ich parallel gesetzt hatte", unterstreicht Vettel. "Viele fragen sich: Was darf ich nicht mehr? Die wichtigere Frage ist doch: Wie könnte es in Zukunft besser aussehen?"

"Vielen fehlt die Vision von Verbesserung", beklagt Vettel. "Davon, dass das gut wird. Veränderung macht ihnen erst mal Angst. Es braucht Fantasie, wie es künftig besser sein wird als heute." Er selbst glaubt inzwischen aber fest an eine bessere Zukunft, lebenswertere Städte, führt als Beispiel an: "Wenn die Alternative Bahn besser wird als heute, stellt sich die Frage nach Auto oder Flugzeug vielleicht gar nicht mehr. Sobald das Angebot stimmt, wird die Mehrheit mitziehen."

Vettel hat noch keinen Formel-1-Ersatz gefunden

Natürlich hat Vettels Liebe zur Formel 1 unter seinen Erkenntnissen gelitten, und natürlich hat das alles mit in seine Rücktritts-Entscheidung gespielt: "Ein bisschen bin ich wohl auch rausgewachsen aus einer Welt, die ich früher so toll fand. Dinge, die ich einst reinweiß sah, hatten eine gewisse Färbung bekommen."

Formel-1-Fan ist er heute trotzdem. Er vermisst sie auch nach wie vor: "Ich betreibe gern Sport draußen. Stand heute gibt es aber nichts, das mich so ans Limit bringt wie die F1." Einen Ersatz für den Nervenkitzel, den Wettbewerb, die Zweikämpfe, für diese letzte Pushrunde im Qualifying, für all das hat er noch nicht gefunden: "bin auf der Suche, und dieser Prozess ist ja auch schon spannend."

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