Alpine erlebt ein Seuchenjahr. Nach Platz vier im Vorjahr, steht 2023 bisher nur Rang sechs in der WM-Tabelle. Die Köpfe von Laurent Rossi, Otmar Szafnauer und Alan Permane rollten bereits. Doch das schlechte Abschneiden liegt nicht allein an mangelnder Pace des Chassis und schwächelndem Motor. Das Team machte auch zahlreiche Fehler, zeigte sich unzuverlässig und hatte schlichtweg Pech. Motorsport-Magazin.com blickt auf die bisherigen 12 Saisonrennen des französischen Rennstalls zurück und zählt auf, wie viele Punkte bei Esteban Ocon und Neuzugang Pierre Gasly weggeworfen wurden. Auf Fälle von Pech blicken wir ebenfalls, rechnen sie aber dem Rennstall nicht an. Rennen ohne signifikanten Vorfall kommen in unserer Auflistung nicht vor.

Bahrain

Pierre Gasly verpatzte sein erstes Qualifying mit Alpine komplett. Von Platz 20 aus startend, wurde er am Ende dennoch Neunter. Mit einem normalen Qualifying hätte er mit Sicherheit auch noch Valtteri Bottas (P8) abfangen können. Esteban Ocons Auto wurde in Runde 41 aus dem Rennen genommen. Nach einer wahren Fehlerflut war er bereits aussichtslos zurückgelegen. Zuerst bekam er eine 5-Sekunden-Strafe für das inkorrekte Parken in seiner Startbox. Dann gab es 10 Sekunden, weil er die Strafe nicht richtig abgesessen hatte. Und dann kamen noch einmal 5 Sekunden dazu, weil er zu schnell in der Box fuhr. Bei einem normalen Rennen wäre auch er vor Bottas gelandet.
Fazit: P8 und P9 drin = 4 Punkte

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Australien

In einem zugegebenermaßen chaotischen Rennen in Melbourne lagen die Alpine vor dem zweiten Restart nach roter Flagge auf den Plätzen 5 und 10. Beim Restart verbremste sich Pierre Gasly und fiel deutlich zurück, sodass Esteban Ocon ihm nahekam. Die beiden verhakten sich und landeten in der Mauer. Später wurde das Ergebnis vor dem Restart wieder hergestellt und hinter dem Safety-Car ins Ziel gefahren. Da beide Alpines aber nicht mehr fahren konnten, fielen sie aus den Punkten.
Fazit: P5 und P10 drin = 11 Punkte

Aserbaidschan

Pierre Gasly erlitt einen feurigen Motorschaden im einzigen Training des Sprint-Wochenendes in Baku. Mit schlechter Vorbereitung gelang ihm in beiden Qualifyings nur Platz 19. Es ist dennoch unwahrscheinlich, dass dies einen Punkteverlust bewirkte. Auch Teamkollege Ocon, der zumeist auf Augenhöhe fährt, konnte ohne Probleme weder samstags noch sonntags Punkte erreichen. Die Strecke lag dem Alpine einfach nicht.
Fazit: Keine Punkte verloren, Alpine war in Baku nicht schnell genug

Der Motorschaden bei Gasly in Baku kostete wohl keine Punkte, Foto: LAT Images
Der Motorschaden bei Gasly in Baku kostete wohl keine Punkte, Foto: LAT Images

Spanien

Pierre Gasly erreichte im Qualifying eigentlich einen sehr starken vierten Rang, wurde aber auf Startplatz 10 zurückgesetzt, da er Carlos Sainz und Max Verstappen behindert hatte. Esteban Ocon wurde im Rennen Achter, Pierre Gasly blieb Zehnter. Mit besserer Startposition wäre er sicher vor Guanyu Zhou (P9) gelandet. Eventuell hätte er sogar die beiden Aston Martins auf den Rängen sechs und sieben schlagen können, lag er im Ziel nur etwa 10 Sekunden hinter ihnen. Wir rechnen aber die konservative Variante.
Fazit: P8 und P9 drin = 1 Punkt

Kanada

Pierre Gasly wurde im Qualifying von Carlos Sainz behindert und kam nur auf Startplatz 17. Das war nicht seine Schuld. Das Rennen war durch diese Startposition aussichtslos. Esteban Ocon lag in der Startphase auf Rang 5. Eine schlechte strategische Entscheidung zum Zweistopp brachte ihn hinter Alex Albon (P7), dort blieb er dann stecken. Die beiden von weiter hinten kommenden Ferraris sowie Sergio Perez hätte er so oder so nicht halten können, aber Albon wäre drin gewesen.
Fazit: P7 drin = 2 Punkte

Österreich

In Spielberg gab es eine wahre Strafenflut aufgrund von Track-Limits zu beklagen und auch Alpine war hier voll dabei. Pierre Gasly fiel deswegen mit 10 Sekunden Strafmaß von Platz 9 auf Rang 10 zurück. Esteban Ocon hingegen schoss den Vogel ab. Zunächst erhielt er ohnehin bereits eine Strafe wegen Unsafe Release seiner Boxenmannschaft. Danach gab es nach dem Rennen noch 30 Sekunden aufgrund der Tracklimits obendrauf. Trotzdem hätte es beim Franzosen wohl auch ohne die Strafen nicht zu Punkten gereicht.
Fazit: P9 drin = 1 Punkt

Großbritannien

Im Rennen in Silverstone hatte Pierre Gasly schlicht Pech. Im Kampf um Punkte wurde er von Lance Stroll abgedrängt. Der Kanadier beschädigte dabei die Aufhängung von Gaslys A523, woraufhin der Franzose aufgeben musste. Stroll erhielt für die Aktion eine Strafe, Gasly war klar unschuldig. Weit vorher war bereits Esteban Ocon in Runde 9 und auf Rang 12 liegend mit einem Ölleck ausgeschieden. Da das Rennen gegen Ende durch ein Safety-Car durchgewirbelt wurde, ist es sehr schwer zu sagen, wo die Alpines hätten landen können. Gasly attackierte die beiden Ferraris mit besseren Reifen, wurde aber wiederum auch selbst durch Stoll attackiert. Die Autos der Scuderia kamen auf die Plätze 9 und 10. Wir nehmen einen möglichen neunten Rang für Ocon an.
Fazit: P9 drin = 2 Punkte

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Ungarn

Der Grand Prix von Ungarn war für beide Alpines schon in Kurve Eins erledigt. Guanyu Zhou schob Daniel Ricciardo an, der in einer Kettenreaktion beide Fahrer des Renault-Werksteams aus dem Rennen riss. Angesichts dessen, dass alle zehn der Top-Autos von Red Bull, Mercedes, McLaren, Ferrari und Aston Martin ins Ziel kamen, hätten die Alpines sich mit Punkten wohl dennoch sehr schwergetan.
Fazit: Keine Punkte weggeworfen, einfach nur Pech

Belgien

In Spa fiel Esteban Ocon mit einem Ausritt im Q2 am Freitag auf und beschädigte sich den Frontflügel. Er verbaute sich so die Chance auf das Q3, allerdings auch, weil sein Team den Wechselflügel nicht rechtzeitig parat hatte. Pierre Gasly kam ohne Fehler nicht über Rang 12 hinaus. Nach einem guten regnerischen Sprintsamstag wurde Ocon auch im Rennen am Sonntag noch achter. Allerdings lag er nur hauchdünn hinter Lando Norris (P7). Mit einer besseren Startposition wäre dieser Platz mit Sicherheit drin gewesen. Gasly hingegen hatte nur im Regen vom Samstag starke Pace.
Fazit: P7 drin = 2 Punkte

Gesamtfazit: Alpines verlorene Punkte 2023

RennenEsteban OconPierre GaslyVerlorene PunkteSumme
BahrainDreifach-Strafeverpatztes Qualifying44
AustralienKollision mit GaslyKollision mit Ocon1115
Spanien-6 Startplätze wegen Impeding116
Kanadafalsche Strategie-218
ÖsterreichUnsafe Release + Track-LimitsTrack-Limits119
GroßbritannienÖlleck-221
BelgienUnfall im Qualifying-223

Angesichts der Fülle von selbstverschuldeten Vorfällen erscheinen 23 weggeworfene Punkte in 12 Rennen gar nicht so viel. Im Kontext von bisher nur 57 eingefahrenen Punkten sind es aber doch etwa 29% der möglichen Punktzahl von 80, die liegen gelassen wurden. An Alpines Position in der WM würde dies allerdings nichts ändern. Der Grund, warum häufig nur ein bis zwei Punkte liegen gelassen wurden, ist, dass es seit Saisonbeginn acht deutlich schnellere Autos gab. Mit McLaren kamen ab dem Österreich-Update zwei weitere dazu. Kommen diese Autos so gut wie alle durch, bleibt Alpine ohnehin nur das Ende der Punkte. Der Punktverlust hält sich bei Fehlern also in Grenzen. Die Tatsache, dass das Team auf diese Weise seit Spanien dennoch auf 8 verlorene Punkte kommt und dabei noch nicht einmal das Pech von Silverstone und Ungarn mit einberechnet ist, zeigt die horrende Fehlerquote beim Team aus Enstone auf.