Seit Anfang 2022 sind die Motoren in der Formel 1 eingefroren. Seither war es ruhig um die Power Units geworden. Nachdem sie zu Beginn der Turbo-Hybrid-Ära 2014 der Performance-Unterscheider schlechthin waren, schienen die Unterschiede zwischen den Motorenhersteller zuletzt minimal zu sein. Doch nun wird es wieder unruhig. Bei Renault glaubt man, ins Hintertreffen geraten zu sein.

"Wir haben signifikant weniger Leistung", sagte Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer zu Motorsport-Magazin.com. Dass ein Team so offen über ein eigenes Defizit spricht, kommt nicht häufig vor. Es gibt aber einen Grund dafür: Auf der Agenda für das Treffen der Formel-1-Kommission am kommenden Freitag steht der Punkt 'Motoren-Angleichung'.

Als sich die Hersteller auf das Einfrieren der Motoren geeinigt hatten, wurde lange darüber diskutiert, was passieren würde, sollte ein Hersteller den Anschluss verloren haben. Sein Nachteil wäre dann von 2022 bis einschließlich 2025 in Stein gemeißelt. Das wollte man verhindern - wusste aber nicht wie.

Renault-Motor 40 PS zu schwach?

Die Diskussionen, wie man im Fall der Fälle handeln würde, verliefen im nichts. Und so einigte man sich lediglich darauf - sollte der Fall tatsächlich eintreten - Diskussionen 'mit guter Absicht' zu führen. In Anbetracht des Haifischbeckens Formel 1 eine geradezu absurde Formulierung.

Mercedes und Renault fahren mittlerweile mit demselben Motor-Konzept, Foto: Renault/Mercedes
Mercedes und Renault fahren mittlerweile mit demselben Motor-Konzept, Foto: Renault/Mercedes

30 bis 40 PS, so will Alpine es glaubhaft machen, läge man hinter der Konkurrenz von Ferrari, Mercedes und Honda. Ab einer Abweichung von einem Prozent, darauf hatte man sich damals geeinigt, wolle man die Diskussionen führen. Bei einer Systemleistung von rund 1.000 PS wäre diese Hürde schon bei einem Defizit von 10 PS erreicht. Die FIA muss sich nicht auf Aussagen und GPS-Analysen der Teams verlassen. Alle Motoren haben einheitliche Drehmoment-Sensoren an MGU-K und Kurbelwelle.

Allerdings hatte Renaults Motorenchef Bruno Famin vor etwas mehr als einem halben Jahr noch ein ganz anderes Fazit gezogen. Der Franzose zeigte sich damals äußerst zufrieden nach der ersten Saison mit eingefrorenen Motoren. Renault hatte zuvor extra das Konzept gewechselt, installiert seither wie die Konkurrenz Turbo und Verdichter getrennt voneinander.

"Der Rückstand bei der Performance wurde geschlossen. Ich glaube, es gibt bei den Power Units im Feld keine signifikanten Unterschiede mehr. Der Abstand zwischen der besten und der schlechtesten Power Unit hat sich im Vergleich zum letzten Jahr gedrittelt oder geviertelt. Wir sind sehr glücklich damit", sagte Famin im vergangenen Winter.

Tarnen Ferrari, Mercedes und Honda Updates mit Zuverlässigkeit?

Wieso sollte Renault binnen weniger Monate bei eingefrorenen Motoren so eklatant zurückgefallen sein? "Erstens bin ich mir nicht sicher, dass wir diese Parität hatten", erklärt Szafnauer, auf die Aussagen seines damaligen Kollegen und inzwischen Vorgesetzten angesprochen.

"Und zweitens", führt der Teamchef fort, "darf jeder die Zuverlässigkeit verbessern. Bei Updates für die Zuverlässigkeit können manchmal Leistungs-Updates versteckt sein. Es kommt darauf an, was man genau macht." Das Reglement erlaubt aus Gründen der Zuverlässigkeit, der Kostenersparnis oder für die Sicherheit Änderungen an der homologierten Power Unit. Die Hersteller müssen solche Änderungen bei der FIA beantragen.

Szafanauer kennt die Thematik bestens, weil er beim letzten Motoren-Freeze für Honda arbeitete. Damals liefen alle Änderungsersuchen der Konkurrenz auch über seinen Schreibtisch. Die FIA legt bei Nachhomologationen den Schriftverkehr auch den anderen Motorenherstellern vor. Bei Renault befürchtet man, dass man bei den Zuverlässigkeits-Updates den Kürzeren gezogen hat.

Famin hatte von der FIA in der zweiten Saison des Freeze eine strengere Linie erwartet. In Saison eins gab es noch zahlreiche Anfragen. Langsam aber sicher sollten die Zuverlässigkeitsprobleme aber gelöst sein - die Aggregate sind, anders als 2022, nicht mehr neu.

Bekommt Renault mehr Benzin?

Das Thema 'Motoren-Angleichung' steht beim Kommissions-Meeting auf der Agenda. Einen Lösungsvorschlag soll es noch nicht geben. Eine Möglichkeit wäre es, Renault eine Nach-Homologation zu erlauben. Die Franzosen müssten dann noch einmal entwickeln.

Renault könnte den Benzinfluss erhöhen, um mehr Leistung zu generieren, Foto: Mercedes/Honda/Renault
Renault könnte den Benzinfluss erhöhen, um mehr Leistung zu generieren, Foto: Mercedes/Honda/Renault

Eine andere Möglichkeit wäre es, Renault beim Benzinfluss entgegenzukommen. Der ist ab 10.500 Umdrehungen pro Minute eigentlich auf 100 Kilogramm pro Stunde begrenzt. Das würde allerdings einer Balance of Performance gleichkommen. Davor wehrt sich die Formel 1 eigentlich. Renault würde so zwar schnell und preiswert Performance gewinnen, hätte aber immer den Zusatz, es nicht mit gleichen Mitteln wie die Konkurrenz zu schaffen. Das kann nicht im Sinne eines Automobilherstellers sein.