Nur wenige Stunden vor dem Österreich Grand Prix wurde bekannt: Ferrari-Teamchef Fred Vasseur ist aus Österreich Hals über Kopf abgereist. Als sein Ersatz sprang Jerome d’Ambrosio ein. Die plötzliche Abreise hatte, wie Ferrari betonte, persönliche Gründe – auch, wenn dem einen oder anderen für eine Sekunde der Gedanke in den Kopf schoss: War es das mit Vasseur?

Der Ferrari-Teamchef ist wegen der enttäuschenden Ergebnisse des Rennstalls in der italienischen Presse bereits angezählt. "Wenn man gewinnt, ist man Jesus Christ. Wenn man verliert, ist man ein Loser." Selbst Toto Wolff weiß, wie der Hase in Italien läuft. Vasseur selbst reagierte in Kanada auf die Gerüchte um seine Person wütend. "Ich kenne das Ziel nicht. Ich verstehe das Ziel nicht. Vielleicht geht es darum, das Team schlechtzumachen, aber in diesem Fall sehe ich keinen Sinn darin. Vielleicht ist es ihre einzige Existenzberichtigung", ging der Franzose mit den italienischen Medien hart ins Gericht.

Wolff: Als Ferrari-Teamchef braucht man dickes Fell

Toto Wolff rät seinem Teamchef-Kollegen die Schlagzeilen einfach zu akzeptieren. "So ist Italien. Das ist die Leidenschaft, die dort herrscht. Man muss das akzeptieren und sich einfach ein dickes Fell zulegen", meinte der Österreicher abseits seines Heimrennens in Spielberg. Fred Vasseur ist seit 2023 Ferrari-Teamchef. Der Franzose übernahm den Posten von Mattia Binotto, der aktuell die Geschicke von Sauber leitet. Vasseur gilt als erfahrener Motorsport-Manager, der sich einen Namen als Mitbegründer des erfolgreichen Nachwuchsrennstalls ART machte.

2016 wagte den Schritt in die Formel 1 – er übernahm mit Cyril Abiteboul die Renault-Doppelspitze . 2017 heuerte er bei Sauber an und brachte das damals angeschlagene Team zurück ins Mittelfeld. Für Wolff ist Vasseur die perfekte Wahl, um Ferrari wieder nach an die Formel-1-Spitze zu führen. "Ich habe großen Respekt vor ihm. Fred ist ein geradliniger Typ, er macht keine Politik und lügt nicht – und er weiß, wovon er spricht", nahm Wolff den Franzosen in Schutz, obwohl er maßgeblich daran beteiligt war, dass Lewis Hamilton Mercedes für Ferrari verließ.

Ferrari F1-Teamchef vor Rauswurf? Hamilton platzt der Kragen! (15:38 Min.)

Mercedes-Teamchef: Gebt Vasseur Zeit!

Gleichzeitig kann Wolff den Druck nachempfinden, unter dem Vasseur bei Ferrari steht. "Glauben Sie mir, dass ich es nicht genieße, dass wir das dritte Jahr in Folge nicht um die Weltmeisterschaft kämpfen", stellte der Mercedes-Teamchef klar. Die Realität ist, dass sobald es schlecht läuft, alle Augen auf den Chef gerichtet sind. Das sieht aber anders aus, wenn es gut läuft. Entsprechend fordert Wolff: "Man muss den Führungskräften Zeit geben, sich einzuarbeiten. Man kann sich in der Formel 1 keine Zeit kaufen." Bestes Beispiel sei Ferrari selbst. Hinter der Scuderia lagen acht schwierige Jahre unter der Führung von Jean Todt [Todt übernahm beim Frankreich GP 1993 die Teamchefrolle], ehe das Team im Jahr 2000 wieder einen Titel gewann.

Danach dominierte die Italiener gemeinsam mit Michael Schumacher die Königsklasse über Jahre hinweg. Entsprechend plädiert Wolff dafür, statt Vasseur zu kritisieren, ihm Vertrauen entgegenzubringen. "Geben Sie ihm den Freiraum. Lassen Sie ihn machen. Lassen Sie ihn eine Organisation aufbauen, die nicht vom ersten Tag an perfekt funktioniert. Fred ist einer der besten Rennmanager, die ich kenne und wenn ich nicht hier [Mercedes-Teamchef] wäre, würde ich Fred für diese Rolle nehmen", stellte sich Wolff hinter den Ferrari-Teamchef.