Am 20. November 2022, vor fast sechs Monaten bestritt Sebastian Vettel sein letztes Formel-1-Rennen. Seitdem kehrt der Deutsche der Königsklasse den Rücken zu. Aber nicht dem Motorsport. Ein Update zum neuen Lebensabschnitt des viermaligen Weltmeisters: Die erste Umstellungsphase nach der langen Karriere, seine CO2-Bilanz und seine Meinung zu E-Fuels.

Sebastian Vettel: Formel-1-Karriereende spart CO2

"Nach so langer Zeit im Rennsport habe ich zum ersten Mal so etwas wie einen Alltag", zieht Sebastian Vettel im Interview mit der 'Bild am Sonntag' Bilanz. Gibt aber zu: "Ich habe etwas Zeit gebraucht, um mich daran zu gewöhnen." Aber vor allem das Mehr an Zeit mit der Familie genießt er jetzt.

Sebastian Vettel wurde von der Formel 1 nach 299 Grands Prix gebührend verabschiedet, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel wurde von der Formel 1 nach 299 Grands Prix gebührend verabschiedet, Foto: LAT Images

Schon während seiner aktiven Rennfahrkarriere setzte sich Sebastian Vettel sehr für die Umwelt ein. Mit Bienenhotels und bewusstem Aufmerksam machen auf gesellschaftspolitische und umweltbezogene Themen. "Ich habe bereits die letzten Jahre meinen Fußabdruck beim Reisen extrem verkleinern können. Aber deutlich weniger zu reisen, ist sicher viel grüner", so der 35-Jährige. Ein weiterer Vorteil des Ruhestandes: Keine Langstreckenflüge von Baku nach Miami mehr.

Trotz Aston-Martin-Erfolg: Kein FOMO bei Sebastian Vettel

"Anfangs war es komisch, nicht dabei zu sein", gibt der ehemalige Aston-Martin-Pilot zu. "Aber ich komme gut damit zurecht, und verfolge den Sport mit großem Interesse." Besuch im Paddock ist zwar in naher Zukunft keiner geplant, aber ausgeschlossen auch nicht. Besonders, wenn sein Ex-Team gerade so erfolgreich ist.

Vergangenheit und Zukunft der Formel 1, Foto: LAT Images
Vergangenheit und Zukunft der Formel 1, Foto: LAT Images

"Es freut mich sehr für mein ehemaliges Team", meint Vettel. Und spricht dabei von Aston Martin, nicht Red Bull. "Sie haben auch die vergangenen Jahre schon hart gearbeitet. Schön, dass sie jetzt ein paar Pokale einfahren." Noch immer Silverstone, nicht Milton Keynes.

Die Rückkehr des Sebastian Vettels – in grün

Ganz lassen kann es Sebastian Vettel dann aber doch nicht. Beim Goodwood Festival of Speed von 13. bis 16. Juli sitzt der Deutsche im Cockpit diverser historischer Formel-1-Boliden. Gefahren werden dabei Relikte wie der FW14B Williams von Nigel Mansell oder der MP4/8 McLaren von Ayrton Senna - allerdings mit CO2-neutralem Kraftstoff im Tank.

"Motorsport ist meine Leidenschaft", betont Vettel. Unschlagbar in Kombination mit Umweltschutz. Schon 2022 fuhr er beim Silverstone-GP Mansells Weltmeister-Auto aus dem Jahr 1992. "Es ist mir wichtig, zu zeigen, dass wir genauso gut und schnell mit synthetischem, also CO2-neutralem Kraftstoff fahren können. Und das schon heute."

Umweltbewusste Formel 1 - für Vettel kein Problem

In seiner Kampagne "Race without a Trace" will Sebastian Vettel beweisen, dass eine Zukunft des Motorsports mit Verbrennungsmotoren und E-Fuels möglich ist. Ohne den Motor großartig dafür umbauen zu müssen. "Synthetische Kraftstoffe bilden eine Lösung, verantwortungsbewusst Spaß zu haben. Das wissen viele Leute nur nicht."

Problem dabei: E-Fuels brauchen zur Herstellung viel Strom, der im besten Fall transparent aus erneuerbaren Energien wie Windparks, Sonnenenergie oder Thermalenergie kommt. "Viel spricht aktuell für Elektromobilität, weil synthetische Kraftstoffe zu viel Energie bei der Herstellung benötigen", merkt der Deutsche an.

"Die wir eigentlich für andere Dinge brauchen, zum Beispiel für den allgemeinen Stromverbrauch oder fürs Heizen", gibt Sebastian Vettel zu bedenken. Trotzdem zieht er E-Fuels Elektro-Autos vor. Wer sich selbst eine Meinung bilden und mehr über das vermeintliche Wundermittel E-Fuel erfahren will, wird in unserem aktuellen Print-Magazin fündig.

"Ich denke, synthetische Kraftstoffe sind bereits jetzt eine befahrbare Brücke in die Zukunft. Wie genau diese Zukunft aussieht, weiß man aber natürlich noch nicht", so Vettel. Vom Fahrgefühl bestehe kein Unterschied. Den CO2-neutrale Kraftstoff bekommt der Heppenheimer vom Berliner E-Fuel-Hersteller P1, für 5,95 Euro (und damit günstiger als der aktuelle Sprit) pro Liter. Aktuell liefert das deutsche Unternehmen Treibstoff für die deutsche Kart-Meisterschaft, die FIA-Kart-WM und die Rallye-WM.

Sebastian Vettel in Silverstone mit dem FW14B und Nigel Mansell, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel in Silverstone mit dem FW14B und Nigel Mansell, Foto: LAT Images

Vettel: Treibstoff ist viel zu günstig!

"Das eigentliche Problem ist, dass fossile Energie viel zu günstig ist. Aber die Kosten für die Zukunft wurden dabei nie eingerechnet", merkt der 53-malige Grands-Prix-Sieger an. Er sieht auch die Formel 1 in der Pflicht.

Seit 2022 fährt die Formel 1 mit E10 Bio-Sprit, 2026 werden ein höherer Elektrifizierungsanteil in der Power Unit und E-Fuels für den Verbrennungsmotor im technischen Reglement vorgeschrieben. Die Nachwuchsserien Formel 3 und Formel 2 fahren aktuell schon mit 55 Prozent nachhaltigem Treibstoff. Nicht ausreichend und zu langsam für Sebastian Vettel. Denn: "Es gibt bei dieser Frage kein 'genug'. Es kann immer mehr passieren."

Zurück zum Rennfahren: Ein paar Runden beim englischen Traditionsfestival als Abhilfe gegen den Formel-1-Entzug? "Nicht wirklich, Goodwood ist ja keine echte Rennstrecke. Trotzdem ist es schön, kurz hinter dem Steuer zu sitzen", meint Vettel, der am 15. und 16. Juli in Großbritannien sein wird. "Bis jetzt geht es mir sehr gut mit meiner Entscheidung." Nachsatz: "Am meisten vermisse ich aber den Wettkampf und die Anspannung."

Formel 1 Kalender 2023, Termine und Strecken

  • 23. - 25. Februar: Testfahrten in Bahrain
  • 05. März: Großer Preis von Bahrain (Sakhir)
  • 19. März: Großer Preis von Saudi Arabien (Jeddah)
  • 02. April: Großer Preis von Australien (Melbourne)
  • 30. April: Großer Preis von Aserbaidschan (Baku)
  • 07. Mai: Großer Preis von Miami
  • 21. Mai: Großer Preis der Emilia Romagna (Imola)
  • 28. Mai: Großer Preis von Monaco
  • 04. Juni: Großer Preis von Spanien (Barcelona)
  • 18. Juni: Großer Preis von Kanada (Montreal)
  • 02. Juli: Großer Preis von Österreich (Spielberg)
  • 09. Juli: Großer Preis von Großbritannien (Silverstone)
  • 23. Juli: Großer Preis von Ungarn (Budapest)
  • 30. Juli: Großer Preis von Belgien (Spa)
  • 27. August: Großer Preis der Niederlande (Zandvoort)
  • 03. September: Großer Preis von Italien (Monza)
  • 17. September: Großer Preis von Singapur
  • 24. September: Großer Preis von Japan (Suzuka)
  • 08. Oktober: Großer Preis von Katar
  • 22. Oktober: Großer Preis von USA (Austin)
  • 29. Oktober: Großer Preis von Mexiko (Mexiko Stadt)
  • 05. November: Großer Preis von Brasilien (Sao Paulo)
  • 19. November: Großer Preis von Las Vegas
  • 26. November: Großer Preis von Abu Dhabi

Diese Wochenenden finden im Sprint-Format statt