Leider wahr: Durch den Abgang von Nicholas Latifi ist der Kampf um den Titel "schlechtester Fahrer im MSM-Ranking" 2023 neu entfacht. Und es gibt nach 12 Rennen eine kleine Überraschung - ausgerechnet jener Fahrer, der schon sein Cockpit wegen fehlender Leistungen verloren hat, ist nicht in allen Wertungen Letzter! Nicht, dass es Nyck de Vries gut ergangen wäre. Zwei vermeintliche Top-Piloten erleben außerdem eine enttäuschende Saison.

Zumindest in einer Kategorie ist Nyck de Vries klarer Letzter. Werden nach dem F1-Punkteschlüssel für jedes Ranking-Ergebnis nach einem Rennen Punkte vergeben, so haben 20 der 21 Fahrer 2023 gepunktet. Nur de Vries nicht. Mit einem guten Auftakt-Wochenende hatte Logan Sargeant nämlich noch Hoffnungen geweckt.

F1-Ranking: Das Hinterfeld nach Punkten

RankingFahrerPunkteWMVeränderung zur echten WM
11Ocon4310(- 1)
12Gasly3212(-)
13Tsunoda3217(+ 4)
14Stroll259(- 5)
15Zhou2316(+ 1)
16Bottas2215(- 1)
17Magnussen1818(+ 1)
18Sainz177(- 11)
19Ricciardo1521(+ 2)
20Sargeant419(- 1)
21de Vries020(- 1)

Sogar vier Punkte streifte Sargeant in Bahrain dank einer nur knappen Qualifying-Niederlage und einer soliden Fahrt auf den zwölften Rang ein. Das brachte ihm beim Debüt den achten Ranking-Platz und einem Schnitt von 2,12 ein (ergänzend zu Albon mit 1,82 auf P4). Damit schien Williams' Fahrer-Misere der letzten Jahre endlich vorbei. Doch leider hielt es nicht. Sargeant tut sich schwer mit Konstanz, mit Reifen-Management, mit Qualifying. Über 2,91 kam er seither nicht mehr hinaus.

Sargeant Letzter nach Ranking-Notenschnitt

Sargeant hat damit im Jahres-Schnitt zuletzt sogar einen Platz an einen Fahrer verloren, der nicht mehr antritt. Nyck de Vries verabschiedete sich nach Silverstone mit einem Gesamt-Schnitt von 3,80. Hatte er 2022 bei seinem einzigen Ersatz-Auftritt in Monza mit 1,15 noch den Sieg im Ranking geholt, so kam er 2023 nie über 2,89 hinaus. Sargeant enttäuschte in Ungarn und Belgien und drückte seinen Saison-Schnitt damit auf 3,84. So liegt er jetzt auf dem 21. und letzten Platz.

MSM-Ranking: Das Hinterfeld nach Noten-Schnitt

P.FahrerNoteVorjahrPos. Vorjahr
11Tsunoda2,873,4819 (+ 9)
12Perez2,872,497 (- 5)
13Gasly2,893,0313 (-)
14Ocon2,902,7912 (- 2)
15Sainz3,112,69 (- 6)
16Zhou3,253,1915 (- 1)
17Bottas3,302,7811 (- 6)
18Stroll3,363,4818 (-)
19Magnussen3,563,2216 (- 3)
20de Vries3,801,15*
21Sargeant3,84-NEU

*: Nyck de Vries fuhr im Vorjahr ein Rennen in Monza, und gewann dort das Ranking.

Der Noten-Schnitt zeigt Sargeant und de Vries abgeschlagen, aber ein weiterer Fahrer enttäuscht. Kevin Magnussen, der im Vorjahr noch ein enges Duell mit Mick Schumacher führte, kommt gegen Nico Hülkenberg nicht in die Gänge. Besonders im Qualifying findet er seit Saisonbeginn kein Setup, mit dem er Vertrauen ins Auto hätte.

Mit Regelmäßigkeit bekommt er von Hülkenberg mehrere Zehntel aufgebrannt, und dem Deutschen gehören mehrere Q3-Ausrufezeichen sowie starke Rennen in Australien und Österreich. Während Hülkenberg daher mit 2,71 auf dem 10. Ranking-Platz liegt, befindet sich Magnussen mit 3,56 auf dem 19. Platz in einer größeren Krise.

Zu den drei Problemfällen kommt in den letzten Rennen immer häufiger ein vierter hinzu. Zu Saisonauftakt war Lance Stroll gut unterwegs, trotz Fahrradunfall und infolgedessen kaputter Handgelenke schlug er sich beachtlich. Nur fehlt es seither an Fortschritt. Die Geduld ist aufgebraucht. Stroll komplettiert ein zunehmend einzementiertes Quartett am Ende des Feldes. Valtteri Bottas und Guanyu Zhou können zumindest vereinzelt aufzeigen, auch wenn Alfa-Saubers Fahrerpaarung aktuell alles andere als inspirierend aussieht. Von Bottas' toller Form zu Beginn von 2022 scheint kaum mehr etwas übrig.

Perez & Sainz: Desaströses 2023 bei Red Bull & Ferrari

Besonders besorgniserregend ist weiteres der Fall Carlos Sainz, der neben Bottas der große Absteiger der Saison ist. Eigentlich in einem Ferrari zumindest passabel ausgestattet, fährt der Spanier eine schwache Saison. Das hat solche Ausmaße angenommen, dass er es bei fast keinem Rennen in die Top-10 des Rankings schafft. Spanien und Kanada sind seine einzigen positiven Ausreißer.

Bei Carlos Sainz geht 2023 einiges schief, Foto: LAT Images
Bei Carlos Sainz geht 2023 einiges schief, Foto: LAT Images

Konsequenz: Nach Punkten liegt er mit 17 auf einem desaströsen 18. Platz. Nur zwei Punkte hinter ihm lauert schon Daniel Ricciardo, obwohl der erst zwei Rennen gefahren ist. Sainz' Noten-Schnitt macht es nicht viel besser - mit 3,11 droht er den Anschluss an das Mittelfeld zu verlieren.

Noch im Ranking-Mittelfeld zu finden ist Sergio Perez, doch dessen Krise - zwischen Miami und Ungarn kam er kein einziges Mal bei einem herkömmlichen Qualifying in Q3 - hat ihn massiv zurückgeworfen. Seit Miami hat er nur mehr sechs Ranking-Punkte mit Aufholjagden einfahren können. Auch nicht ganz rühmliches Detail: Mit der viertbesten Note aller Fahrer in allen Rennen (1,12 in Baku) und der zweitschlechteste (5,07 in Monaco) ist Perez der einzige Fahrer, der hier in beiden Kategorien in den Top-5 vertreten ist.

Schlechteste MSM-Ranking-Ergebnisse 2023:

FahrerOrtNote
1de VriesAserbaidschan5,1
2PerezMonaco5,07
3StrollMonaco4,99
4SargeantMiami4,49
5MagnussenAustralien4,47

Der Abgang von Nicholas Latifi bringt Abwechslung in die Liste der schlechtesten Einzelleistungen. Im Vorjahr hatte der Kanadier die 'Bottom-5' für sich gehabt, dieses Jahr sind sie gut durchgemischt. Nichts war für MSM-Leser und Redakteure schlimmer als Nyck de Vries' Baku-Horrorshow mit Unfällen im Sprint und im Rennen, aber Perez' Monaco mit Crash in Q1 und verbocktem Rennen kam ihm nahe. Lance Strolls Flipper-Einlage im gleichen GP, Logan Sargeants unterirdisches Heimrennen und Kevin Magnussens Australien-Unfall, der das finale Rot-Chaos auslöste, beeindruckten ebenfalls negativ.

Yuki Tsunoda: zu Unrecht im Hinterfeld?

Letzter Punkt auf der Negativ-Agenda: Yuki Tsunoda. Der Japaner war im Vorjahr in allen Wertungen Vorletzter geworden. 2023 sieht es eigentlich ganz anders aus. Mit unterlegenem Material fertigte er nicht nur de Vries ab, er kämpfte auch besonders zu Saisonbeginn immer wieder knapp um die Punkte. Wochenlang hielt er sich unter den Ranking-Top-10 auf, zeitweise sogar in den Top-5.

In Spanien kam er aber aus dem Rhythmus, nachdem er spät im Rennen um eine Punkt-Chance gebracht wurde. In den nächsten fünf Rennen schaffte stürzte er ab (was Tsunoda auch selbst einräumt), und folglich liegt er zur Sommerpause wieder in beiden Ranking-Wertungen außerhalb der Top-10. Verdient er sich mehr? Trotz Druck von Daniel Ricciardo schlug er in Spa mit einem starken Rennen zurück, sein bestes der Ranking-Ergebnis der bisherigen Saison. Kann er das Niveau jetzt endgültig halten?