Die Ausgangslage für das Formel-1-Rennen in Miami am Sonntag schreit geradezu nach einem dritten Saisonsieg für Sergio Perez. Der Mexikaner fährt in der Form seines Lebens und startet von der Pole Position. Teamkollege Max Verstappen hingegen startet nach einem Fehler im Qualifying nur als Neunter. In Anbetracht der erdrückenden Red-Bull-Dominanz dürfte Perez bei dieser Ausgangslage leichtes Spiel haben. Ganz so einfach wird die Sache aber vielleicht doch nicht, denn das Miami International Autodrome hat scheinbar etwas gegen den Mexikaner.

"Es ging einfach nichts. Das war eines dieser Wochenenden, an dem ich Schwierigkeiten hatte, das letzte bisschen Selbstvertrauen zu finden", erklärte Perez nach seiner unverhofften Pole Position, was bis zum Q3 für jeden offensichtlich gewesen war. Der König der Straßen stand mit dem Stadtkurs in Miami vom ersten Outing an auf Kriegsfuß. In den drei Trainingssessions sowie den ersten beiden des Qualifyings betrug sein Rückstand auf Verstappen im Mittel 0,577 Sekunden - so sieht kein Favorit aus.

Das niedrige Gripniveau auf dem 5,412 Kilometer langen Grand-Prix-Kurs von Miami bereitete fast allen Piloten ihre Schwierigkeiten, doch Perez schien es besonders zu stören. "Den Asphalt zu verstehen, war am Wochenende mein größtes Problem", so der 33-Jährige. Erst im letzten Teil des Qualifyings klappte es bei ihm, doch inwiefern seine Pole-Zeit einem zweiten Run von Max Verstappen standgehalten hätte, ist fraglich.

Red-Bull-Teamchef Christian Horner war überzeugt, dass Perez trotz der unrunden Vorstellung bis zu diesem Zeitpunkt zu noch mehr in der Lage gewesen wäre. "Es war eine super Runde von Checo und ich denke, er hatte das Potential, sogar noch schneller zu fahren", so der Brite gegenüber Sky Sports F1. Wie viel Gewicht die Portion Glück in Form des Unfalls von Charles Leclerc letztendlich hatte, bleibt reine Spekulation.

Sergio Perez braucht in Miami die Flucht nach vorne

Sergio Perez startet in Miami zum dritten Mal in seiner Karriere und zum zweiten Mal in dieser Saison von Startplatz eins und die Zielvorgabe ist klar. "Er muss schauen, dass er so schnell wie möglich vorne wegkommt", lautet der Befehl von Red-Bull-Manager Dr. Helmut Marko. Auch wenn das Miami International Autodrome nicht seine Lieblingsrennstrecke zu sein scheint, so ist dieser Ansatz durch den komfortablen Puffer zu Max Verstappen durchaus umsetzbar.

Eine Drucksituation, wie er sie bei der endlosen Verfolgungsjagd in Baku erlebte, ist erst einmal nicht gegeben, außer es läuft wie in Saudi-Arabien. Dort startete der Titelverteidiger nach einem Defekt im Qualifying nur von Startplatz 15, kam durch eine Safety-Car-Phase aber wieder in Schlagdistanz zu Perez und trieb diesen bis zur Zielflagge vor sich her.

"Wenn es nur nach der Pace geht, sollte ich mein eigenes Rennen fahren können, aber hier kann natürlich alles passieren. Wenn es ein Safety Car gibt, kann es wie in Jeddah wieder ein Rennen zwischen uns werden", weiß auch Perez, der nach seinem neuerlichen Triumph über Verstappen mit noch mehr Selbstvertrauen in die nächste Runde im WM-Kampf geht: "Du musst abliefern, wenn es darauf ankommt, und das haben wir bisher sehr gut gemacht."

Max Verstappen brachte sich mit seinem Fehler im Qualifying in eine schwierige Ausgangslage, Foto: LAT Images
Max Verstappen brachte sich mit seinem Fehler im Qualifying in eine schwierige Ausgangslage, Foto: LAT Images

Fernando Alonso droht mit Ego-Startrunde

Wie schon in Jeddah gratulierte Verstappen seinem Stallgefährten nach dem Qualifying schon fast zum Rennsieg. "Minimum ein zweiter Platz, aber ich wollte gewinnen", so der zweifache Champion über seine Erwartungen für das Rennen. Zwischen ihm und Perez liegen jede Menge kampfeslustiger Mittelfeld-Helden, angefangen mit dem niemals ruhenden Fernando Alonso, der aus Startreihe eins ins Rennen gehen wird.

Der wartet seit 2013 auf einen Grand-Prix-Sieg und war seitdem nie in einer besseren Position, als diese Saison mit Aston Martin. Nach drei dritten Plätzen in den ersten drei Saisonrennen wäre er zweifelsohne der Mann für einen unverhofften Sieg, doch trotz seines unverminderten Elans sieht der 41-Jährige die Dinge realistisch - zumal es auch bei ihm in Miami bisher schleppend lief.

"Ich denke nicht, dass wir das Ziel haben sollten, zu gewinnen, wenn man bedenkt, wie das Wochenende bisher gelaufen ist. Selbst das Podium wird nicht einfach", sagt der Altmeister. Das heißt allerdings nicht, dass er mit angezogener Handbremse starten wird. In Jeddah stand er bereits einmal neben Perez in der ersten Startreihe und kehrte prompt als Führender aus der ersten Runde zurück.

Alonso würde eine Wiederholung definitiv gefallen. "Wir werden versuchen, Checo in der ersten Kurve zu überholen. Wir lieben es nämlich, ein Rennen anzuführen", kündigt er an. Unabhängig davon, ob es ihm gelingt, wird früher oder später der Moment kommen, in dem er von Verstappen überholt wird. Und nicht nur der Weltmeister könnte ihm das Wasser abgraben. In Baku musste Alonso erstmals in diesem Jahr den dritten Platz auf dem Treppchen räumen, weil Charles Leclerc zu schnell für ihn war.

"Wir haben starke Gegner hinter uns. Ferrari ist dieses Wochenende sehr stark und sie waren das auch schon in Baku. Die haben zudem einige Updates am Auto und Max könnte im Rennen auch ganz schnell herankommen", weiß der Spanier. Dementsprechend bleibt es beim Anspruch aufs kleine Edelmetall: "Ein weiteres Podium wäre fantastisch, es wird aber ein hartes Rennen."

Fernando Alonso will in Miami wenigstens kurz Führungsluft schnuppern, Foto: LAT Images
Fernando Alonso will in Miami wenigstens kurz Führungsluft schnuppern, Foto: LAT Images

Max Verstappen der glasklare Geheimfavorit

Um an Perez heranzukommen, muss Verstappen nicht nur Alonso abfangen, sondern auch beide Ferrari-Piloten sowie das Alpine-Duo und Kevin Magnussen. "Es wird schwierig, aber das habe ich mir selbst zu verdanken. Das muss ich akzeptieren", so der 25-Jährige. Dass er die WM-Führung bei nur sechs Punkten Vorsprung an Perez verlieren könnte, stört ihn zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht.

"Natürlich ist das nicht ideal, aber die WM wird nicht morgen entschieden. Ich war schon einmal in derselben Position. Manchmal erleidest du einfach Rückschläge, das bedeutet nicht, dass es so weitergeht", gibt er sich abgeklärt. Die Safety-Car-Phase, die Perez fürchtet, wurde in Baku auch Verstappen zum Verhängnis. Dort verlor er durch eine Neutralisierung die Führung an den Mexikaner.

"Max muss schauen, dass er so schnell wie möglich vor kommt. Es wird wieder Safety-Car-Phasen geben und ich hoffe, dass sie nicht wieder in einem Moment kommen, der für Max ungünstig ist. Außerdem besteht Regengefahr, wir können uns auf ein sehr turbulentes Rennen gefasst machen", lautet die Prognose von Dr. Helmut Marko. Bei einem solchen Rennverlauf ist selbstverständlich alles offen.

Sollte nichts von all dem eintreten, könnte es allerdings auch eine Prozession wie in Baku geben. Durch die verkürzten DRS-Zonen ist das Überholen schwieriger als im Vorjahr. Die Gefahr eines DRS-Trains, bei dem Autos in geringen Abständen einander folgen, ohne überholen zu können, ist unter diesen Umständen hoch. In dieser Hinsicht macht Pierre Gasly seinem ehemaligen Red-Bull-Teamkollegen allerdings Hoffnung.

Die durchgewürfelte Startaufstellung könnte dafür sorgen, dass der Effekt des DRS zum Zuge kommt. "Es sind einige Fahrer nicht da, wo sie hingehören. Lewis müsste weiter vorne sein, genauso Max, Charles und Lance. Das könnte einige Lücken reißen, bei denen manche Fahrer dann anderen das DRS bescheren", so der Franzose. Sollte ein Fahrer ohne direkten Vordermann einen Max Verstappen im DRS-Fenster haben, wird der Niederländer schnell einen Weg vorbei finden und auch ohne chaotische Zuständige nach vorne kommen. Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Miami gibt es hier im Liveticker.

Formel 1 Miami 2023: Der Zeitplan

Alle Infos zu den TV-Übertragungen der Formel 1 von Sky, ORF und Co. gibt es hier im kompletten TV-Zeitplan.