Plötzlich geht es eng zu in der Formel 1. Viel enger, als man es sich vor Beginn des Saudi-Arabien-GPs wohl vorgestellt hatte. Max Verstappen fuhr am Freitag die Trainings-Bestzeit, doch vier Teams lagen innerhalb einer halben Sekunde und Fernando Alonso war wieder dran. Nur Ferrari war nirgends zu sehen.
Tatsächlich wurde es auch im Renn-Trimm aber überraschend eng. Und bei Ferrari ist das Bild plötzlich ein ganz anderes. Die Scuderia gibt sich deutlich zuversichtlicher als es das Trainings-Ergebnis vermuten ließ. Was ist hier Fakt, was Fiktion? Die Trainings-Analyse gibt Aufschluss.
Verstappen und Red Bull bleiben in Saudi-Arabien die Messlatte
Erst einmal aufgedröselt, kann Red Bull die Favoritenrolle in Saudi-Arabien nur schwer abgesprochen werden. Ein in den letzten Tagen noch kränkelnder Max Verstappen reiste zwar verspätet an, ließ sich aber in den ersten beiden Trainings nichts anmerken. 0,483 Sekunden lag er in FP1 vor Sergio Perez.
In FP2 ging es dem ganzen Feld nicht einfach von der Hand. Viel Verkehr und schwieriges Anwärmen der Reifen sorgte für viel Chaos auf den Qualifying-Simulationen. Ein Großteil der Fahrer musste mehrmals ansetzen, um eine Runde zusammenzubekommen, so auch Verstappen.
Der Red-Bull-Pilot unterbot mit 1:29,603 schließlich seine FP1-Bestzeit trotz vermeintlich besserer Strecke um nur 14 Tausendstel. Das allein illustriert, dass die Weltmeister noch Luft nach oben haben. Sergio Perez riss eine Lücke von drei Zehnteln auf und schob das auf ein mechanisches Problem, welches die Balance beeinflusste: "Es war ein bisschen inkonstant und schwer zu lesen."
Red Bulls Verfolger in wilder Saudi-Arabien-Hatz
Keiner von Red Bulls Konkurrenten glaubt nach dem Training an eine echte Chance im Qualifying oder im Rennen. Für die wieder von Fernando Alonso angeführte Verfolgermeute wird der Platz eng. Alpine schob sich mitten hinein, Esteban Ocon belegte mit nur 0,436 Sekunden Rückstand den vierten Platz und schlug Mercedes und Ferrari.
Auf eine Runde sieht man den Red Bulls selbst bei nicht optimalen Runden an, dass das Auto das am besten austarierte im Feld ist. Alle anderen haben unterschiedliche Probleme. Bei Aston Martin wurde am Heckflügel weggefeilt, trotzdem kämpft man mit mehr Luftwiderstand. Alonso kann in manchen Kurven mithalten, bei Highspeed geht die Lücke auf.
Mercedes taumelt von einem Training ins nächste. "Wir hatten in der ersten Session mit der Vorderachse Probleme und haben wohl für die zweite überkorrigiert", gesteht Chefingenieur Andrew Shovlin. George Russell forderte nach seiner Qualifying-Simulation in FP2 große Änderungen. Keiner der Fahrer war je glücklich mit der Balance. Dass Heckflügel und vordere Leitelemente am Unterboden des Mercedes leicht verändert wurden, macht keinen nennenswerten Unterschied. Große Upgrades sehen anders aus.
Ferrari-Bluff in Saudi-Arabien
Nur wo ist Ferrari? Die Topspeed-Schwäche des Vorjahres will die Scuderia ja ausgeräumt haben, und außerdem ist Saudi-Arabien keine so reifenfressende Strecke wie Bahrain. Das nährte die Hoffnung auf ein kleines Comeback in Jeddah. Doch Charles Leclerc und Carlos Sainz waren auf eine Runde meilenweit weg. Wer danach in die Ferrari-Box blickte, sah trotzdem keine Panik. Sondern stille Zufriedenheit.
"Das Gefühl im Auto ist ziemlich gut", waren sich Leclerc und Sainz einig. Kleine Anpassungen an Beam Wing, Unterbodenkante und Frontflügel wurden getestet und funktionierten. Den Rückstand rechtfertigen die beiden damit, dass mit sehr niedrigem Motormodus gefahren wurde. "Das reflektiert unsere echte Pace nicht", so Sainz. Auch Red Bull hat das beobachtet.
"Im Longrun sahen wir definitiv wettbewerbsfähiger aus", freut sich Sainz. Die Zeiten geben ihm recht. Hier verschwindet die Lücke. Auf Soft war Sainz im Renntrimm vorne mit dabei. Auch hier war das Feld ziemlich eng. Sogar noch enger. Sowohl auf Medium als auch auf Hard trennen Red Bull, Ferrari, Aston Martin und Alpine nur ein paar Zehntel.
Nächste Podiums-Chance für Fernando Alonso?
Was der Konkurrenz allerdings zu denken geben wird ist Red Bulls Reifenverschleiß. Weder Max Verstappen auf dem Soft noch Sergio Perez auf dem Medium zeigten einen signifikanten Einbruch der Zeiten. Ferraris Zeiten drifteten hingegen langsam nach oben.
Schon kommt Fernando Alonso wieder ins Spiel. Der Aston Martin startete weniger aggressiv in die Longruns als Ferrari, hielt sich aber hintenraus besser. Alpine ist Störenfried im ganzen Paket. Wenn Mercedes sich bis morgen nicht aussortieren kann, dann droht echte Gefahr von Esteban Ocon und Pierre Gasly.
Die Reifen-Herausforderung in Saudi-Arabien ist allerdings eine grundsätzlich andere als noch in Bahrain. Pirelli bestätigte geringen Verschleiß, ein Einstopp-Rennen ist bei normalem Verlauf sicher. Nur bei dem Soft zeigte sich auf dem Vorderreifen bei vollen Tanks Oberflächenkörnung.
Damit wird von den Teams aber verlangt, ein Rennen mit Soft und Medium zu fahren, glaubt Pirelli. Denn der Pace-Unterschied zwischen Soft und Medium wird auf weniger als eine halbe Sekunde geschätzt. Von Medium auf Hard dürften es 0,8 Sekunden sein. Medium-Hard erscheint so nicht als gewinnbringende Strategie.
Trotz geringem Verschleiß läuft es daher wieder auf die Reifen hinaus. Wer die Vorderreifen schont, gewinnt. Und Red Bull schont bislang nun einmal die Reifen durch die Bank am besten. Ferrari mag im Qualifying mit aufgedrehtem Motor dann endlich vorne mit dabei sein, doch für das Rennen zeichnet sich wieder ein Kampf im wachsenden Paket dahinter ab.
Hinten im Mittelfeld verschiebt sich das Bild relativ zu Bahrain leicht. Auffallend schwach ist Alfa Romeo. Umso besser sah Williams aus. Ein starker Alex Albon bekam keine Qualifying-Simulation auf dem Soft-Reifen zusammen, sonst wäre er wohl weiter vorne gelandet. Schlusslicht bleibt Haas. Nicht im Quali-Trimm, da glänzte Nico Hülkenberg einmal mehr. Aber die Rennpace bleibt das große Defizit.
Fazit: Ist für Red Bull wirklich eine Gefahr dabei? Nicht wirklich. Aber dahinter wird es spannend. Ferrari, Aston Martin, Mercedes, Alpine - wie genau sich dieses Paket in Qualifying und Rennen sortieren wird, ist schwer vorauszusagen. Acht Fahrer im Kampf ums letzte Podium? Vielleicht optimistisch. Aber warum nicht? Den ganzen Qualifying-Tag der Formel 1 heute in Saudi-Arabien gibt es hier im Liveticker.
Formel 1 Saudi-Arabien 2023: Der Zeitplan
- Freitag:
14:30 Uhr - 15:30 Uhr: 1. Freies Training - Bericht und Ergebnis
18:00 Uhr - 19:00 Uhr: 2. Freies Training - Bericht und Ergebnis - Samstag:
14:30 Uhr - 15:30 Uhr: 3. Freies Training
18:00 Uhr - 19:00 Uhr: Qualifying - Sonntag:
18:00 Uhr: Rennen (50 Runden)
diese Formel 1 Analyse