Red Bull Racing könnte nach den Formel-1-Testfahrten in Bahrain kaum in einer besseren Lage sein. Das Team geht nicht nur erstmals seit neun Jahren als amtierender Weltmeister in eine neue Saison, sondern konnte sich durch makellose Wintertests auch zum klaren Topfavoriten für 2023 mausern.

Beim zweiten Red-Bull-Team in der Formel 1 könnte die Stimmung hingegen kaum gegensätzlicher sein. AlphaTauri belegte in der vergangenen Saison den vorletzten Rang in der Konstrukteurs-WM. Am Samstag kamen noch dazu Gerüchte auf, wonach die Energy-Drink-Marke über eine Verlegung des Teams nach England nachdenkt. Sogar ein Verkauf des Teams soll im Raum stehen.

AlphaTauri: Umzug nach England?

Das geht aus einer Meldung von 'Auto Motor und Sport' hervor. Demnach zieht die neue Geschäftsführung im Red-Bull-Konzern die finanzielle und sportliche Sinnhaftigkeit des Teams aus Faenza in Zweifel und plant Maßnahmen zu ergreifen. Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko wollte die Meldungen rund um AlphaTauri weder bestätigen noch dementieren. "Das sind Gerüchte, die irgendwo aufkommen, die wir nicht kommentieren", sagte der Grazer gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Er stellte aber auch klar, dass eine Entscheidung über die Zukunft des Formel-1-Teams in der Hand der Red-Bull-Anteilseigner liegt und ließ durchklingen, dass man im Red-Bull-Konzern nicht glücklich über die sportliche Situation ist. "So eine Entscheidung ist etwas, das den Shareholdern obliegt und dass man bei den Shareholdern mit der Performance von AlphaTauri mit Platz 9 in der Konstrukteurs-Meisterschaft nicht zufrieden ist, ist auch verständlich", sagte Marko.

GP-Sieg in Italien: In den letzten Jahren ging es mit AlphaTauri rapide bergab, Foto: LAT Images
GP-Sieg in Italien: In den letzten Jahren ging es mit AlphaTauri rapide bergab, Foto: LAT Images

AlphaTauri übernahm 2006 unter dem Namen Toro Rosso den Traditionsrennstall von Minardi und damit auch dessen Hauptsitz im italienischen Faenza. Genau dieser Standort könnte aber eines der Probleme der Mannschaft von Teamchef Franz Tost sein. Denn so ist man sowohl vom Mutterteam in Milton Keynes als auch von der teameigenen Aerodynamik-Abteilung in Bicester über tausend Kilometer entfernt.

Diese Distanz hindert die zweifachen Grand-Prix-Sieger womöglich daran, die Synergien mit Red Bull vollumfänglich zu nutzen. Marko stimmte dem zu: "Wenn man ein Team hat, wie Red Bull Racing, das die WM gewinnt, und das andere ist Neunter, dann scheinen die Synergien nicht entsprechend ausgenutzt worden zu sein."

Droht ein Verkauf? Mazepin-Team bringt sich in Position

Die logische Lösung wäre also eine Verlegung der Teamzentrale nach Großbritannien, wo ein Großteil der Formel-1-Teams ihren Hauptsitz haben. Doch der neunte Platz in der Team-Meisterschaft 2022 spitzte die Lage nicht nur sportlich zu, sondern auch finanziell. Denn durch die nach Positionen gestaffelte Preisgeldausschüttung der Formel 1 entgeht AlphaTauri ein beträchtlicher Millionenbetrag. Die Frage ist also auch, ob sich der Red-Bull-Konzern neben der wirtschaftlich stabilen Weltmeister-Mannschaft überhaupt ein zweites F1-Team leisten will.

Ein Verkauf soll im Raum stehen. Meldungen sprechen von einem möglichen Verkaufspreis von 700 Millionen US-Dollar. Interessenten für einen Formel-1-Einstieg gibt es zur Genüge. Vor allem drei Kandidaten sollen bereits ein Auge auf AlphaTauri geworfen haben. Dazu zählt neben Andretti auch der Betreiber der Nachwuchs-Mannschaft Mumbai Falcons. Die besten Karten werden aber dem derzeitigen Formel-2 und Formel-3-Team Hitech GP zugeschrieben.

Der britische Rennstall befand sich in der Vergangenheit in der Hand von Dmitry Mazepin, inzwischen soll er allerdings aufgrund der Sanktionen gegen die Familie Mazepin sein Geld aus den Vereinigten Arabischen Emiraten beziehen. Hitech wurde seit Jahren sowohl in der Formel 2 als auch in der Formel 3 als Ausbildungsplatz für Red-Bull-Junioren genutzt. 2023 besteht das F2-Aufgebot des Teams mit Jak Crawford und Isack Hadjar ausschließlich aus RB-Junioren.