Letze Minute auf einem Stadtkurs in einem Formel-1-Qualifying, und plötzlich wehen die roten Flaggen: Ein allzu bekanntes Szenario. Bis auf kaputte Autos hatten diese Abbrüche, die oft vielen Fahrern die letzten schnellen Runden zunichtemachten, aber seit Jahren keine Folgen.

Doch nach Red Bulls Stallorder-Drama von Brasilien kochte das Thema hoch, als im Zusammenhang das Gerücht aufkam, Sergio Perez sei in Monaco 2022 absichtlich am Ende von Q3 verunfallt, um seinen dritten Startplatz zu sichern. Die Formel-1-Teams sind sich einig: Auf dieses Szenario muss reagiert werden. Erst recht, nachdem Carlos Sainz am Donnerstag implizierte, absichtliche Unfälle seien in der Formel 1 viel häufiger als man glauben möchte.

Keine Untersuchung des Perez-Unfalles: Zug ist abgefahren

"Was in Monaco passiert ist, das ist für uns von außen sehr schwierig einzuschätzen", bremst Ferrari-Teamchef Mattia Binotto trotzdem in Abu Dhabi in der Pressekonferenz Anschuldigungen. Perez rechtfertigte seinen Monaco-Unfall mit Experimenten mit dem Gasfuß.

"Ich glaube nicht, dass wir uns das anschauen sollten, das liegt bei der FIA", so Binotto. "Die haben die Daten, die haben sich das damals sicher angesehen, und wir müssen jetzt nach vorne schauen." McLaren-Motorsportchef Zak Brown ergänzt: "Wenn wir so etwas untersucht haben wollen, müssen wir als Sport schneller agieren. In Abu Dhabi über Monaco zu sprechen - der Zug ist abgefahren."

Formel 1 theorisiert über neue Abbruch-Regeln im Qualifying

Mercedes-Teamchef Toto Wolff fügt an, dass die GPS-Daten in Monaco ohnehin schwierig auszuwerten seien. Jeden verdächtigen Unfall penibel auf Absicht abzuklopfen, das erscheint also unverhältnismäßig schwierig und zugleich wenig erfolgsversprechend. Stattdessen gibt es einen viel einfacheren Regel-Vorschlag.

In vielen anderen Rennserien wird einem Fahrer, der im Qualifying eine rote Flagge auslöst, die beste Runde gestrichen. Brown brachte dieses Thema am Freitag in Abu Dhabi beim letzten Meeting der Formel-1-Kommission, in welcher Teams, FIA und F1-Management sitzen und unter über Verbesserungen am Reglement debattieren, zur Sprache. Nun geht das zu den Sportdirektoren der Teams, welche die Idee weiter durchdenken werden, um der Kommission dann handfeste Details zu liefern.

"Ich denke, das ist eine einfache Lösung und kann gleich eingeführt werden", glaubt Brown. Er kann sich auch vorstellen, diese Regelung auf gelbe Flaggen auszudehnen: "Effektiv dann, wenn du einen Fahrer davon abhältst, seine Runde zu komplettieren." Das Inkludieren von gelben Flaggen geht auch zurück auf kontroverse Zwischenfälle wie 2014 in Monaco, als Nico Rosberg mit einem kurzen Ausritt in den Notausgang dem hinter ihn fahrenden Lewis Hamilton die Runde ruinierte.

Runden streichen? Breite Zustimmung in der Formel 1

In den meisten Qualifying-Segmenten in der Formel 1 fährt jeder Fahrer zwei gezeitete Runden. Wer also im zweiten Run das Auto in der Mauer, im Kies oder sonst wo versenkt, der würde praktisch den letzten Platz im Segment sicher haben, weil ihm die erste (und einzige) Runde gestrichen würde. Es geht hier um einen automatischen Prozess. Die Unfallabsicht steht nicht zur Debatte.

Nicht nur die Teams, auch die Fahrer sind für diese Idee mehrheitlich zu haben. "Ich weiß nicht, ob du die Runde verlierst, ob du drei Strafplätze bekommst, fünf Strafplätze - aber es braucht eine Strafe", sagt Veteran Fernando Alonso. "Da sind wir uns alle einig." Das Risiko, dass man auch mit einem echten Fehler so plötzlich von ganz hinten starten könnte, ist für die meisten Piloten akzeptabel.