Mike Krack müsste man sein. Denn dann bekommt man eines nachmittags plötzlich einen Anruf von einer Headhunting-Firma, die einen Job in der Formel 1 anbietet. Am Anfang der Gespräche habe Krack noch gar nicht gewusst, um welches Team und um welche Position es sich überhaupt handle. Erst im Laufe der langen Verhandlungen wurde ihm mitgeteilt, dass er Teamchef von Aston Martin und damit Nachfolger von Otmar Szafnauer werden soll. "Um ehrlich zu sein, war ich überwältigt von der Möglichkeit, die mir angeboten wurde", so Krack, der nur wenige Tage nach Szafnauers Abgang aus Silverstone als neuer Teamchef bekanntgegeben wurde und damit 2022 als Teamchef von Sebastian Vettel und Lance Stroll am Kommandostand sitzen wird.

Krack: "Formel 1 ist wie Champions League"

Auf eine Rückkehr in die Formel 1 habe Krack schon seit längerer Zeit gehofft. Es sei ein großer Schritt in seiner Karriere. "Die Formel 1 ist wie die Champions League. Jeder Fußballer möchte in der Champions League spielen. Das gleiche ist die Formel 1 für jeden Motorsportingenieur und Fahrer. Sie ist der ultimative Platz, wo man sein möchte", erklärt Krack. Daher sei nicht nur Aston Martin, sondern auch die Formel 1 im Allgemeinen für ihn sehr anziehend.

Mit seiner ersehnten Position in der Königsklasse komme jedoch auch eine große Portion Druck. "Ja, der Druck ist da. Aber du musst diesen Druck in positiven Ansporn verwandeln", so der Aston Martin Teamchef. Seine neue Rolle beim Rennstall mit Sitz in Silverstone sei nicht vergleichbar mit seinem vorherigem Job bei BMW. Er sei eine viel höhere Diversifikation, geringere Budgets und auch eine deutlich geringere Mitarbeiteranzahl gewohnt.

Sein Start in den neuen Aufgabenbereich sei dementsprechend überwältigend gewesen. "Es ist überwältigend. Allein, wenn du das riesige neue Gebäude siehst, ist das überwältigend. Das muss es sein. Man muss daher bedacht zur Sache gehen und zuerst lernen, wie das ganze Team funktioniert", gibt Krack zu.

Die Zukunftsaussichten bei Aston Martin

Aston Martin befindet sich derzeit im zweiten Jahr eines Fünf-Jahres-Plans, der das Team aus Silverstone zurück an die Formel-1-Spitze bringen soll. Dabei werden auch große Veränderungen in der Infrastruktur vorgenommen, wie etwa der Bau eines neuen Hauptsitzes samt Windkanal.

Die Testfahrten in Barcelona liefen für Aston Martin nicht ganz rund, Foto: LAT Images
Die Testfahrten in Barcelona liefen für Aston Martin nicht ganz rund, Foto: LAT Images

"Ich könnte mir kein besseres Team als Aston Martin vorstellen", sagt Krack. "Wir wollen erfolgreich sein und wir müssen erfolgreich sein. Wir wenden nicht so viel Zeit und Geld auf, um Zweiter zu werden oder um nur mitzufahren." Trotzdem wisse der Luxemburger, dass das Team Gewinne nicht vom ersten Tag an einfahren kann. "Teamchef bei Aston Martin zu sein ist eine riesige Herausforderung, aber zugleich eine große Chance. Wir haben alles, was man braucht, um erfolgreich zu sein", so Krack.

Kracks Rückkehr in die Königsklasse

Die neue Führungsposition bei Aston Martin stellt für Krack eine Rückkehr in die Formel 1 dar, denn im Jahr 2001 startete er seine Karriere in der Königsklasse als Dateningenieur bei BMW-Sauber. Von 2004 bis 2005 war der heute 49-Jährige Renningenieur von Felipe Massa. Danach wurde er zum Chefingenieur des BMW-Sauber-Teams ernannt. Diese Position hatte Krack bis 2008 inne, bevor er in die Formel 3 Euroseries wechselte. In den Jahren 2012 und 2013 übernahm der Luxemburger schließlich das Head Track Engineering bei Porsche und war dort für das LMP1-Projekt zuständig. Danach leitete Krack sieben Jahre lang, von 2014 bis 2021, die weltweiten Motorsporttätigkeiten von BMW, darunter auch die Formel E. Nächster Stopp: Teamchef des Aston Martin Formel-1-Teams.

Die neue Führungsrolle ist für Krack nicht nur eine Rückkehr in die Formel 1, sondern auch ein Wiedersehen mit Sebastian Vettel. Denn in Kracks Zeit bei BMW Sauber machte der neue Aston Martin Teamchef bereits Bekanntschaft mit dem viermaligen Formel-1-Weltmeister. Vettel startete seine Karriere in der Königsklasse ebenfalls beim deutschen Rennstall. Im Jahr 2006 kam er bei BMW Sauber als Testfahrer zum Einsatz. Danach fungierte er 2007 als Test- und Ersatzfahrer und gab in Indianapolis zudem sein Formel-1-Debüt. Krack und Vettel verbindet seitjeher ein gutes Verhältnis. Nun treffen die beiden bei Aston Martin wieder aufeinander.

Seine langjährige Rolle als Ingenieur - sowohl in der Formel 1 als auch außerhalb - komme Krack auch als Teamchef zugute. "Ich denke, wenn du eine taktische Managementrolle innehast, musst du auch verstehen, welche Faktoren es auf der technischen Seite der Formel 1 braucht, um erfolgreich zu sein", so der Luxemburger.

Seine Stärke sieht er trotzdem nicht in seinem Engineering-Background. "Ich bringe Menschen zusammen und ich schaffe Vertrauen. Ich befähige und unterstütze Menschen und schaffe es, Teams zu formen, die gut zusammenarbeiten", sagt Krack. Gut funktionierende Teams seinen das A und O in der Formel 1. Sein technisches Wissen würde nur dabei helfen, sich auf die richten Bereiche zu fokussieren.

Krack ist nach McLaren-Teamchef Andreas Seidl und Williams-Boss Jost Capito bereits die dritte Formel-1-Teamführung mit Porsche-Background. "Ich denke, wenn du aus diesem Umfeld kommst, hast du einen guten Überblick darüber, wo du Geld ausgeben und wo du Geld sparen kannst. Kosten-Engineering ist ein großes Ding, auch in der Formel 1", so erklärt Krack diesen Umstand.