Nach dem Unfall zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton ging Red Bull nicht nur öffentlich auf die Barrikaden. Der Rennstall wollte mithilfe neuer Beweise eine Neubeurteilung der Kollision erzwingen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Die FIA-Stewards schmetterten den Antrag ab.

Doch das war nur die halbe Geschichte. Mit Bedenken hätten die Stewards bestimmte Anschuldigungen vernommen, so hieß es in dem Urteil zum Abschluss: "Solche Anschuldigungen hätten für die Stewards relevant werden können oder auch nicht, wenn dem Antrag stattgegeben worden wäre. [...] Weil der Antrag abgelehnt wurde, machen die Stewards keine Kommentare dazu."

Mercedes: Red Bull wollte guten Namen Hamiltons beschmutzen

Kurz nach dem Urteil der Stewards schoss Mercedes mit einem Statement hinter: "Wir hoffen, dass diese Entscheidung auch das Ende von abgezielten Versuchen des Führungsstabs von Red Bull ist - auch in den eingereichten Dokumenten für den erfolglosen Antrag auf Neubeurteilung - , den guten Namen und die sportliche Integrität von Lewis Hamilton zu beschmutzen."

Red Bull verliert Protest: Keine härtere Strafe für Hamilton: (09:40 Min.)

Aus dem Ankläger wurde binnen weniger Stunden der Beklagte. Bereits vor der offiziellen FIA-Teamchef-Pressekonferenz am Freitag zwischen den beiden Freien Trainings sickerte durch, dass Red Bull der FIA mangelnde Objektivität vorgeworfen haben soll - auch schriftlich.

Formel 1: Red Bull wehrt sich gegen FIA-Vorwürfe

"Nein, in keiner Weise haben wir die in Frage gestellt", verteidigte sich Christian Horner in der Pressekonferenz und fügte an: "Wir hatten nur die Befürchtung, dass die Objektivität eingeschränkt wird, indem ein Konkurrent vor der Entscheidung zu den Stewards geht. Das ist kein normaler Vorgang. Man muss die FIA als Jury sehen, die nicht beeinflusst werden darf. Uns wurde absolut versichert, dass das nicht der Fall war."

"Wir hatten eine faire Anhörung", gibt Horner zu. Das Mercedes-Statement stößt ihm hingegen auf: "Das ist etwas feindselig. Ich interpretiere nicht viel hinein, aber wir hatten nie etwas persönliches gegen einen einzelnen Fahrer. Es ging nur um die Geschehnisse von Silverstone. Es wäre für uns bei jedem anderen Fahrer genauso gewesen. Deshalb waren wir von dem Kommentar von Mercedes überrascht."

Red Bull überrascht von 'feindseeliger' Mercedes-Antwort

"Wir wollten ein bisschen Respekt in die Diskussion zurückbringen", erklärt Mercedes-Motorsportchef Wolff, der kurz nach Horner in der Pressekonferenz sprach. "Ich verstehe, dass die Emotionen überkochen, aber es ist immer eine Sache der Perspektive und der Wahrnehmung. Wir hatten das Gefühl, dass eine Linie überschritten wurde."

Neben mangelnder Objektivität der FIA soll sich Red Bull bei der Anhörung einen weiteren Fauxpas erlaubt haben. Man hört, die Bullen hätten Hamilton Absicht unterstellt. Toto Wolff wollte das weder bestätigen, noch dementieren: "Ich war nicht im Meeting. Die Dinge, die gesagt und geschrieben wurden, waren sehr emotional, aber es liegt nicht an mir, das zu kommentieren. Die Kommentare, die während und nach dem Großbritannien GP gemacht wurden und im Dokument stehen, beziehen sich nicht nur auf den Unfall, selbst. Das ging einen Schritt zu weit."

Horner: Haben Hamilton nie Absicht unterstellt

Horner bestreitet den Vorwurf vehement: "Wir haben an keinem Punkt unseres Antrags gesagt, dass er es absichtlich gemacht hat. Es ging hoch her zwischen zwei Fahrern, die um das höchste Ziel in diesem Sport kämpfen. Sie haten schon ein hartes Duell am Tag zuvor und es wäre die einzige Möglichkeit für Lewis gewesen, Max zu überholen. Das wusste er auch, weil wir das schnellere Auto an diesem Tag hatten. Wenn Max die Kurve gemacht hätte, hätten wir ein anderes Rennen gehabt."

Für beide Parteien ist der Fall damit erledigt. Während sich Horner nach der FIA-Schlappe und der Mercedes-Anklage kleinlaut gab, demonstrierte Wolff den moralischen Sieger: "Die Formel 1 braucht Kontroversen, das kann unterhaltsam sein. Aber es gibt bestimmte Grenzen, die wir einhalten und respektieren sollten. Sport soll vereinen, nicht entzweien. Wir sollten deeskalieren und nicht noch Öl ins Feuer gießen."