Die Akte Silverstone kann nun endlich geschlossen werden. Am Donnerstag des Ungarn GP mussten sich die Formel-1-Stewards des vorangegangenen GPs noch einmal mit dem Unfall zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen befassen. Red Bull hatte eine Neubeurteilung der Szene gefordert, scheiterte aber mit dem Antrag.
Hamilton bekam für das Verursachen der Kollision mit Verstappen während des Großbritannien GP eine Zehn-Sekunden-Strafe, konnte das Rennen aber dennoch gewinnen. Weil es sich bei der Strafe um eine Tatsachenentscheidung handelte, konnte kein Einspruch eingelegt werden.
Deshalb berief sich Red Bull auf das sogenannte 'Right of Review', das der International Sporting Code in Artikel 14 bereithält. Findet ein Teilnehmer innerhalb von 14 Tagen neue und signifikante Beweise, kann der Fall noch einmal geöffnet werden.
Um 16:00 Uhr konferierten die Stewards des Silverstone-Rennens via Zoom mit Red Bull und Mercedes. Das Weltmeisterteam schickte Teammanager Ron Meadows zusammen mit Strategie-Chef James Volwes und Chef-Ingenieur Andrew Shovlin ins Rennen. Christian Horner erklärte den Fall zur Chefsache und schaltete sich selbst zu. Der Teamchef wurde unterstützt von Performance-Chef Ben Waterhouse und Sportdirektor Jonathan Wheatley.
Dabei ging es zunächst nur um die Frage, ob Red Bull neue und signifikante Beweise vorlegen konnte. Erst wenn die eingebrachten Beweise als neu und signifikante eingestuft werden, wird ein Fall erneut geöffnet.
Um 19:55 Uhr hatten die Stewards ihr Urteil gefällt: Die von Red Bull eingebrachten Elemente erfüllten die Kriterien nicht. Damit ist der Fall endgültig geschlossen, eine erneute Sichtung der Szene nicht nötig.
Red Bull: Leclerc-Manöver Beweis für Hamiltons Schuld
Tatsächlich waren die eingebrachten Elemente schwach. Red Bull berief sich auf eine genaue Analyse der Linien und zog als Referenz den Zweikampf zwischen Lewis Hamilton und Charles Leclerc heran.
In Runde 50 überholte Hamilton Leclerc in Copse an genau der Stelle, an der er in Runde eins mit Verstappen kollidiert war. Dabei, so argumentierte Red Bull, wäre Leclerc genau auf der gleichen Linie wie Verstappen gewesen. Der einzige Grund, weshalb es gegen Leclerc nicht zu Kollision kam, war Hamiltons Linie.
Während Hamilton gegen Verstappen den Scheitelpunkt nicht ganz traf, fuhr er im Zweikampf gegen Leclerc ganz innen. Somit war genügend Raum für beide Autos. Infolge der Linien-Analyse führte Red Bull auch noch Simulationen durch. Demnach hätte Hamilton deutlich früher bremsen müssen, um die Kurve im Verstappen-Zweikampf ordentlich zu nehmen.
Außerdem absolvierte Red Bull extra einen Filmtag im RB15 für Alexander Albon, um die Linien nachzustellen. Auch im Simulator fuhr Red Bull zum x-ten Mal durch Copse Corner. Der Aufwand lohnte sich nicht: Auch diese Elemente sahen die Stewards nicht als neu und signifikant an.
Pikante Randnotiz: "Mit Bedenken" verwiesen die Stewards in ihrer Entscheidung auf "gewisse Anschuldigungen" Red Bulls. Diese wären im Fall einer Neuverhandlung entweder relevant oder nicht relevant für die Stewards geworden, heißt es weiter. Red Bull hätte sich mit seiner Wortwahl also womöglich selbst ein Bein gestellt. Wäre es zur Verhandlung gekommen, wären die Stewards wohl auf diesen Aspekt genauer eingegangen, heißt es. Da nun der gesamte Antrag abgelehnt wurde, verzichteten die Stewards auf eine Kommentierung der Anschuldigungen.
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