Ganz ruhig präsentiert sich Max Verstappen bei seinem ersten großen Auftritt nach dem heftigen Unfall des Niederländers beim Großen Preis von Großbritannien. In Silverstone war der Red-Bull-Fahrer nach einer Berührung mit Lewis Hamilton bei Highspeed mit 51G in die Streckenbegrenzung gekracht und ausgeschieden. Durch den heftigen Einschlag war Verstappen derart angeschlagen, dass der WM-Führende nach ersten Checks im Medical Center an der Strecke in Silverstone auch noch ein örtliches Krankenhaus aufsuchen musste.

Das Hospital verließ Verstappen gegen 22 Uhr am späten Abend nach diversen ergebnislosen Checks. Einzig ein paar Prellungen hatte sich der Niederländer zugezogen, war heftig durchgerüttelt worden. "Mir geht es gut. An den ersten Tagen nach dem Unfall hatte ich natürlich noch Schmerzen, aber seitdem wurde es besser und besser. Ich bin bereit", berichtet Verstappen nun am Donnerstag in Ungarn.

Formel 1: Verstappen nach Crash bereit für Ungarn

Zuvor hatte sich der Niederländer einzig in einem knappen PR-Statement von Red Bull geäußert und ebenfalls Entwarnung gegeben. Für das Finale der ersten Hälfte der Formel-1-Saison 2021 auf dem Hungaroring ist der Niederländer also bereit. Härter denn je habe er in der Woche zuvor trainiert, witzelt Verstappen in der obligatorischen Pressekonferenz vor dem Rennen in Ungarn.

Damit haben sich die Scherze allerdings erledigt. Bei seinem ersten richtigen Rückblick auf die Geschehnisse von Silverstone bleibt der Niederländer ernst und äußert sich ruhig, aber bestimmt. Zur Attacke auf Mercedes und Lewis Hamilton holt Verstappen aus, allerdings dosiert. "Du kannst das Ergebnis sowieso nicht ändern", erklärt Verstappen. "Aber ich bin nicht glücklich damit, was dort passiert ist. Vor allem nicht damit, so viele Punkte zu verlieren. Es ist jetzt eben so. Ich kann da nicht mehr viel mehr zu sagen."

Verstappen geht Mercedes an: Würde mich nicht so sehen wollen

Mehr lässt sich der Red-Bull-Pilot dann doch entlocken. So habe Lewis Hamilton nach Silverstone Kontakt mit ihm gesucht. "Er hat mich angerufen", bestätigt Verstappen. "Ich muss darüber nicht ins Detail gehen. Aber wir haben gesprochen." Keine Details? Weil es womöglich auch um das vielleicht emotionalste Thema in diesem Zusammenhang ging? Mehr als die Berührung mit Hamilton selbst scheint Verstappen jedenfalls die folgende Feierlaune bei Mercedes zu beschäftigen.

Bereits in einem Tweet aus dem Krankenhaus hatte Verstappen die Feierlichkeiten Hamiltons als respektlos und unsportlich deklariert. Was genau er damit meinte? "Wenn der eine im Krankenhaus liegt und der andere die Flagge schwenkt als wäre nichts passiert, obwohl er den anderen mit 51G in die Mauer geschickt hat ...", erklärt Verstappen. "Und nicht nur das. Einfach die ganze Reaktion des Teams. So feierst du einen Sieg nicht, wenn du ihn so bekommst. Das fand ich respektlos. Und es zeigt, wie sie wirklich sind. Nach einer Drucksituation kommt es raus. Ich würde so nicht gesehen werden wollen!"

Verstappen: Kein schmutziger WM-Kampf mit Hamilton

Eine ähnliche Meinung vertritt Verstappen zur betreffenden Rennszene. Was, wenn die Rollen vertauscht gewesen wären? "Dann wäre ich bei so einem Manöver sauer auf mich selbst", sagt Verstappen. Hamilton sieht es anders. Nur Minuten nach Verstappen berichtet der Weltmeister in Ungarn, das Manöver jederzeit genauso wiederholen zu würden. Verstappen weiter: "Und wenn es andersherum gewesen wäre, hätte ich auch nicht so gefeiert. Oder jemand hätte mir sagen können, dass ich nicht so feiern kann." Noch in Silverstone hatte sich Mercedes verteidigt, man habe von Red-Bull-Verantwortlichen eine Information bekommen, Verstappen sei wohlauf. Deshalb sei man nicht eingeschritten.

Verstappen vs. Hamilton: Eskaliert der WM-Kampf völlig?: (01:00 Min.)

Einen vergifteten WM-Kampf mit dreckigen direkten Zweikämpfen erwartet Verstappen nach vielen bösen Worten zwischen Red Bull und Mercedes nun nicht. "Von meiner Seite ändert sich nichts", sagt Verstappen. "Am Ende sind wir Racer. Wir machen weiter. Ich bin natürlich nicht happy, was da passiert ist. Aber wir pushen weiter und kämpfen weiter miteinander um die WM. Ich denke, wir werden weiter auf beste Art und Weise fahren, zumindest von meiner Seite."

Hamilton-Unfall: Verstappen sieht keine Teilschuld

Wenn jemand etwas anpassen müsse, dann ohnehin nur Hamilton. "Ich habe von meiner Seite nichts falsch gemacht. Ich habe mich hart verteidigt, aber nicht aggressiv. Wäre ich aggressiv gewesen, hätte ich ihn auch in die innere Mauer drücken können. Aber ich habe ihm den Platz gelassen und meine Kurve aufgemacht", verteidigt sich Verstappen gegen Kritik, ihn treffe eine Teilschuld.

Verstappen weiter: "Wenn du dich wie er auf die innere Linie festlegst, nicht zurücksteckst und erwartest, dass du mit dem Winkel denselben Speed fahren kannst wie ich auf der Außenbahn, dann wirst du natürlich in mich crashen. Ich bin außen, öffne meine Kurve und erwarte nicht, dass er sich festlegt. Er ist dann einfach in das Heck meines Autos untersteuert. Da kann ich nicht viel machen."

Max Verstappen: Fahre hart, nicht aggressiv

Generell sei er kein aggressiver Fahrer, wehrt sich der Niederländer. "Ich bin ein harter Fahrer, ich fahre hart. Aber ich weiß am Ende ganz gut, wie ich mein Auto positionieren muss", betont Verstappen. "Ich war nicht in Unfälle verwickelt, bei denen ich in Leute reingefahren bin, ich habe auch null Strafpunkte. Das sagt schon ein wenig."

Nicht einmal in der Urteilsbegründung der Stewards wurde Hamilton die volle Schuld zugeschrieben, nur der Großteil der Schuld. Ein Rest auf Verstappens Seite? Für den Niederländer ein schlechter Scherz. "Ich weiß nicht, wie ich da einen Anteil haben soll", sagt Verstappen. "Er bekennt sich zu diesem Manöver und natürlich mache ich es ihm schwer. Aber sobald er neben mir war, habe ich Kurve aufgemacht und ihm Platz gelassen. Ich denke nicht, dass du von mir erwarten kannst, dass ich ganz von der Strecke fahre", verteidigt sich Verstappen. Dann würde es womöglich sogar heißen, er dürfe die Position nicht behalten, wenn er dafür die Strecke verlassen habe, so Verstappen.

Verstappen: Zehn Sekunden Strafe bringen gar nichts

Noch dazu habe er in der Mitte der Kurve die innere Seite sogar weiter offengelassen als gegen Rennende Charles Leclerc bei einem sehr ähnlichen Manöver Hamiltons. "Und das ist ein tolles Beispiel im selben Rennen gewesen, dass es da möglich ist, sich nicht zu berühren." Die Konsequenzen für Hamilton bewertet Verstappen ähnlich wie alle andere Teamverantwortlichen Red Bulls als zahnlos.

"Ich denke, die Strafe war nicht korrekt. Du nimmst deinen Hauptrivalen raus und gerade mit dem Speed, den wir in unseren Autos haben, da sind wir Meilen vor dem drittbesten Team", sagt Verstappen. "Wir sind bei normalen Bedingungen locker 40, 50 Sekunden vorne. Da richten zehn Sekunden Strafe gar nichts aus. Die Strafe hätte härter sein sollen."

Red Bull will Strafe neu verhandeln lassen

Aktuell läuft in Ungarn eine Anhörung mit Mercedes, Red Bull und den Stewards von Silverstone. Red Bull hat neue Beweise eingereicht und will den Fall neu aufrollen lassen. Dazu kommt es nur, wenn die FIA-Offiziellen die Dokumente als wirklich neu und auch bedeutend einstufen. Ob es zu einer Neuverhandlung kommt, erfahrt ihr zuerst auf Motorsport-Magazin.com.

Härtere Strafe für Hamilton? Stewards sichten neue Beweise!: (06:55 Min.)