Red Bull geht als Mitfavorit in die Formel-1-Saison 2018. Die neue Herangehensweise, das Auto nicht mehr auf den letzten Drücker fertigzustellen, erwies sich bei den F1-Testfahrten als richtig. Erstmals seit Jahren startet Red Bull mit einem konkurrenzfähigen Chassis in die neue Saison.

Allerdings bereitet Red Bull einmal mehr der Motor Kopfzerbrechen. "Unser PS-Defizit ist gleich geblieben, vielleicht sind wir eine Spur näher dran", sagte Dr. Helmut Marko zu Motorssport-Magazin.com. "Aber das größte Handicap ist noch immer der Qualifikationsmodus. Und bei 90 Prozent der Rennen ist die Qualifikationsposition auch das Rennergebnis."

Auch im fünften Jahr der Turbo-Hybrid-Ära ist Red Bull mit Renault unterwegs. In keinem der vier bisherigen Jahre war Renault konkurrenzfähig, hinkt seit 2014 deutlich hinter Mercedes und seit 2015 auch hinter Ferrari her.

McLaren verhinderte Red Bull Honda

Nun ist es nicht so, dass Red Bull nicht Motorenpartner wechseln wollte - nur wollte niemand Red Bull beliefern. Nur Honda wollte, durfte aber wegen des Vetos von McLaren nicht. Mercedes und Ferrari wollen sich weiterhin nicht die Konkurrenz ins Haus holen, doch bei Honda sind die Voraussetzungen nun grundlegend anders.

Nach dem Aus bei McLaren verbündete sich Honda mit Red Bulls Juniorteam Toro Rosso. Toro Rosso ist das Versuchskaninchen für Red Bull, das ist klar. "Dr. Marko hat entscheidende Verhandlungen geführt", verrät Toro Rosso Teamchef Franz Tost bei Motorsport-Magazin.com. Toro Rosso Honda ist Teil des großen Red-Bull-Plans.

Red Bull hat zwar von 2010 bis 2013 alle vier Weltmeisterschaften als Kundenteam von Renault gewonnen, aber bei Red Bull weiß man: Bei der aktuellen Motorenformel ist der Status eines Werksteams ungemein wichtiger. Vor allem seit dem Einstieg von Renault als Werksteam ist Red Bull nur noch das fünfte Rad am Wagen.

Red Bull Honda 2019 einzig sinnvolle Lösung - für beide

Red Bull Honda ist für die Zukunft die einzig sinnvolle Möglichkeit für beide Partner. Renault startet langsam mit dem eigenen Werksteam durch, 2019 könnte man ein ernsthafter Konkurrent auf der Strecke sein. 2017 eskalierte bereits der Kampf zwischen Toro Rosso und dem Renault-Werksteam.

Und auch für Honda ist Red Bull die einzig sinnvolle Lösung. "Als Werk musst du um Siege mitfahren, sonst ist das für Honda uninteressant", weiß auch Franz Tost. Also müsste langfristig Toro Rosso zum Topteam werden - dafür sind aber große Investitionen nötig, um Infrastruktur aufzubauen und Personal zu holen. Es wäre ein langwieriger Prozess.

Bei Red Bull hingegen ist schon alles vorhanden. Ende der Saison 2018 läuft der Vertrag zwischen Red Bull und Renault aus. Teamchef Christian Horner beruhigt noch: "Es ist nicht unbedingt die letzte Saison mit Renault. Die Dinge für 2019 und darüber hinaus sind offen. Wir schauen genau, wie sich die Dinge bei Toro Rosso entwickeln."

Nach den Testfahrten lässt sich schon sagen: Ein komplettes Debakel wie McLaren wird Toro Rosso mit Honda nicht erleben. Toro Rosso fuhr nach Mercedes und Ferrari die meisten Runden beim Test, lag auch beim Topspeed im Mittelfeld. Red Bull wird nicht nur genau auf Toro Rosso blicken, sondern sehr genau.

Red Bull F1 braucht frühe Entscheidug

"Möglich ist alles in der Formel 1. Es ist aber zu früh, um jetzt darüber zu sprechen", beruhigt Dr. Helmut Marko noch. Zu früh zu sprechen mag es sein, zu früh für eine Entscheidung kann es nie sein. Zumal einige Teams schon an ihren Autos für 2019 arbeiten. Je früher die Entscheidung fällt, desto besser kann Red Bull die Power Unit integrieren.

Spätestens bis Juni sollte klar sein, mit welchen Motoren Red Bull fährt. Bis zum 15. Mai müssen alle Motorenhersteller bei der FIA angeben, welche Teams sie 2019 ausrüsten. Steht ein Team ohne Motoren da, muss der Hersteller einspringen, der zu diesem Zeitpunkt am wenigsten Teams beliefert. Der Hersteller muss spätestens am 01. Juni von der FIA benachrichtigt werden.

Weil aber Renault aus genannten Gründen ebenso wie Mercedes und Ferrari nicht unbedingt einen direkten Konkurrenten zum Werksteam beliefern will, bleibt möglicherweise ohnehin nur Honda übrig.

Red Bull wird es aber wohl nicht bis zur Deadline hinauszögern. Eine frühe Entscheidung für Honda hätte noch einen weiteren Vorteil: Toro Rosso profitiert 2018 noch nicht vom Werksteam-Status, weil die Entscheidung zu spät kam. Honda konnte nur Kleinigkeiten für Toro Rosso anpassen. Entscheidet sich Red Bull frühzeitig für Honda, kann Honda Red Bulls Wünsche schon in die 2019er Power Unit einfließen lassen.