Mehrfache Wetterwechsel, ein abgebrochener Rennstart, 32 Boxenstopps, 16 Strafen und 13 Stürze - der Frankreich-Grand-Prix verkam am Sonntagnachmittag zu einem vollkommenen Chaosrennen, in dem normalerweise immer ein Fahrer die Oberhand behält: Marc Marquez. Der MotoGP-Superstar gilt als Spezialist in Mischbedingungen, landete am Sonntag überraschend aber nur auf Platz zwei. Er fand 19 Runden lang keine Antwort auf Lokalmatador Johann Zarco und die vermeintlich unterlegene Honda RC213V.

Wie das passieren konnte? "Das war einer dieser Tage, an dem du den Schaden minimieren musst", erklärte Marquez auf der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz seine ungewohnt defensive Herangehensweise in Le Mans. "In diesen Bedingungen war es so einfach, einen kleinen Fehler zu machen. Ich habe deshalb nur versucht, die Lücke zu Alex zu kontrollieren, denn er ist aktuell mein Hauptrivale im Kampf um die Weltmeisterschaft. Ich musste in den 1:45ern fahren, um die acht Sekunden Rückstand auf Zarco aufzuholen und das war zu viel Risiko. Ich bin daher in die 1:46er- bzw. 1:47er-Zeiten zurückgegangen und habe das Rennen einfach zu Ende gefahren."

Nach Jerez-Patzer: Marc Marquez' Sinne in Le Mans geschärft

Einen echten Anlauf Zarco nochmal einzuholen, unternahm Marquez am Sonntag also zu keiner Zeit. Und das erklärte dann auch, warum der Franzose bis zum Rennende noch fast 20 Sekunden Vorsprung herausfahren konnte - im Schnitt also knapp fünf Zehntel pro Umlauf schneller war als Marquez auf der überlegenen Ducati. Dem 32-Jährigen aus Cervera ging es im Frankreich-GP einzig um Bruder Alex, der lange Zeit knapp hinter ihm auf Rang drei rangierte.

Ein Fehler und ein potenzieller Sturz hätte für Marc Marquez somit den erneuten Verlust der WM-Führung bedeutet, wie schon in Austin oder zuletzt in Jerez. Einen Patzer wie vor zwei Wochen wollte er diesmal unbedingt verhindern und dankte sich daher rückblickend auch selbst für den Fauxpas im Spanien-GP. "Wenn ich mit einem Sieg aus Jerez hier angekommen wäre, dann bin ich mir zu 80 Prozent sicher, dass ich heute gestürzt wäre. Ich kenne mich selbst", scherzte er und ergänzte: "Ich muss mich immer wieder daran erinnern und das in Zukunft einfach besser machen."

Alex Marquez angefressen: Alles perfekt bis zum Sturz!

Zumindest in Le Mans klappte das schonmal gut. Weil Alex Marquez in der Schlussphase noch zweimal stürzte und damit erstmals im Jahr 2025 keine Punkte anschrieb, führt Bruder Marc in der Fahrer-WM nun mit komfortablen 22 Zählern Vorsprung. "Ich wusste genau, was ich zu tun hatte. Bis zum Sturz bin ich eigentlich ein perfektes Rennen gefahren", haderte Alex deswegen in seiner Medienrunde. Die beiden Abflüge nahm der jüngere Marquez-Bruder auf die eigene Kappe: "Beim ersten Crash wurde ich etwas zu entspannt, ich bin etwas langsamer [als üblich, Anm.] in die Kurve gefahren. Und auch der zweite Sturz war meine Schuld. Ich hätte das Rennen einfach beenden müssen, habe das aber nicht getan."

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Nach dem ersten Sturz in Kurve drei schnell wieder auf seine Gresini-Ducati aufgesprungen, war Alex Marquez nur vom dritten auf den sechsten Rang zurückgefallen. Anstatt den Vorsprung auf Takaaki Nakagami fortan zu kontrollieren, pushte er jedoch weiter und landete nur zwei Runden später ein zweites Mal auf der Nase. Alex hatte also den falschen Ansatz gewählt, anders als sein älterer Bruder. "Ich war zu jeder Zeit von meinen Entscheidungen überzeugt", meint Marc Marquez auch mit Blick auf die chaotische Startphase. "Einzig während der Sichtungsrunde war ich mir nicht sicher, da habe ich einfach auf Alex gewartet und das gemacht, was er getan hat."

Johann Zarco entschied sich während jener Sichtungsrunde anders als die Marquez-Brüder und legte damit den Grundstein für seinen Sensationssieg. Wie der Franzose genau gewinnen konnte, haben wir hier analysiert: