Neuer Asphalt, ein potenzielles Reifendebakel und unberechenbares Wetter - der Australien Grand Prix 2024 vereint eigentlich alles, was sich MotoGP-Fans für ein unberechenbares Rennwochenende erhoffen. Den beiden WM-Rivalen Jorge Martin und Francesco Bagnaia, die vier Grand Prix vor Schluss lediglich durch zehn Punkte getrennt sind, könnte das womögliche Chaos-Wochenende auf Phillip Island jedoch nicht ungelegener kommen. Sprach Bagnaia schon nach dem Indonesien-Sprint von einer "Weltmeisterschaft der Fehler", droht in 'Down Under' nun die nächste Episode.

"Das wird ein besonders herausforderndes Wochenende", kündigt auch Martin am Donnerstag auf der offiziellen-MotoGP-Pressekonferenz an. Der Pramac-Pilot begründet: "Nicht nur, weil wir jetzt im letzten Teil der Saison angekommen sind. Das Wetter ändert sich hier täglich, wir haben einen neuen Asphalt und - verglichen mit letzter Saison - unterschiedliche Reifen. Das macht es verdammt schwierig, die Daten auszuwerten. Wir müssen schnell herausfinden, was wir für Sonntag brauchen, denn das wird der Schlüssel zum Sieg werden. Das haben wir letztes Jahr gesehen."

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Regengefahr auf Phillip Island am MotoGP-Trainingsfreitag

Schon 2023 hatte der Australien-GP eine entscheidende Rolle im Titelkampf zwischen Bagnaia und Martin gespielt. Schlechtwetter sorgte damals für einen Ausfall des Sprints, das Hauptrennen wurde vom Sonntag auf den Samstag nach vorne verlegt. Ohne belastbare Daten aus dem Sprint entschied sich Martin seinerzeit für einen GP-Start auf dem Soft-Hinterreifen, welcher in den letzten Runden jedoch komplett einbrach. Der Spanier fiel im letzten Umlauf noch auf dramatische Art und Weise vom ersten auf den fünften Platz zurück. Anstatt 12 Punkte auf Bagnaia gutzumachen, verlor er plötzlich neun Zähler auf seinen Ducati-Kollegen.

In diesem Jahr sind die beiden WM-Anwärter daher gewarnt. "Die größte Herausforderung wird es, die Reifen zu verstehen. Denn es sieht so aus, als würden wir nicht viel Zeit und Sessions im Trockenen bekommen", sagt auch Bagnaia mit Blick auf das Wetterradar, welches einen verregneten Trainingsfreitag auf Phillip Island voraussagt. Besorgt kommentiert er: "Der neue Soft ist der Medium aus 2023 und der war schon letztes Jahr am Limit." Deshalb sei es eigentlich besonders wichtig, die Reifen im Training ausgiebig zu testen, doch das Wetter wird dies wohl verhindern. Um im Hauptrennen keine bösen Überraschungen zu erleben, steht den beiden Titelrivalen deshalb eine echt Gratwanderung im Risikomanagement bevor.

Der MotoGP droht auch 2024 wieder Schlechtwetter auf Phillip Island, Foto: LAT Images
Der MotoGP droht auch 2024 wieder Schlechtwetter auf Phillip Island, Foto: LAT Images

Bagnaia & Martin: Voller Fokus auf die Weltmeisterschaft

"Ich würde es lieben hier zu gewinnen, weil das eine der schönsten Strecken ist. Aber die Weltmeisterschaft ist wichtiger, ich muss mich mehr darauf konzentrieren", kündigt Martin deshalb an und Bagnaia klingt vor dem Australien-GP ganz ähnlich: "Ich muss an die Weltmeisterschaft denken. Ich muss das Maximum rausholen, ohne dabei zu viel Risiko einzugehen - und hier Erster zu werden, ohne dabei etwas zu riskieren, ist alles andere als einfach."

Da Martin und Bagnaia in der Fahrer-WM nur durch zehn Punkte getrennt sind, will vier Grand Prix vor Schluss kein Pilot mehr dem anderen eine Möglichkeit geben, durch einen eigenen Patzer ein großes Punkteplus zu sammeln. "Es ist nicht notwendig, die Weltmeisterschaft jetzt anzuführen. Wenn es passiert, passiert es. Aber wenn ich nur ein paar Punkte aufholen kann oder verliere, ist das auch kein Problem. Wir wissen, dass die Entscheidung erst in Valencia fallen wird. Es wird fast unmöglich, die WM vorher schon zu gewinnen", meint Bagnaia stellvertretend und auch WM-Leader Martin weiß: "Ich will in Valencia einfach noch alle Optionen haben. Wir haben noch drei Rennwochenenden, in denen Fehler passieren können und diese Fehler sind dann viel schwerwiegender. Wenn du einen Fehler machst, wäre das ein Desaster. Wir müssen deshalb konzentriert bleiben und konstant konkurrenzfähig sein."

Zusätzlich verschärft wird die heikle WM-Situation noch durch den Fakt, dass gleich mehrere Piloten vorne mitmischen könnten, die nichts mehr zu verlieren haben. Einen solch großen Performance-Unterschied zwischen der Ducati GP24 und den restlichen MotoGP-Bikes wie zuletzt in Motegi erwartet Titelverteidiger Bagnaia auf der 'Fahrerstrecke' Phillip Island nämlich nicht. "Das Motorrad macht hier keinen so großen Unterschied. Die Strecke ist sehr schnell, es ist schwer, den Unterschied auszumachen. Es würde mich daher überraschen, wenn jemand eine Lücke auffahren kann", sagt er und könnte sich deshalb einen erneuten Zweikampf mit Pedro Acosta vorstellen: "Wir alle kennen sein Potenzial. Er war zum Saisonstart sehr stark, hat dann etwas Selbstvertrauen verloren. Jetzt ist er aber wieder zurück."

Welche Rolle spielen Acosta, Bastianini und Marc Marquez im Australien-GP?

"Pedro ist verdammt stark. Ich glaube, dass er unbedingt noch in dieser Saison seinen ersten MotoGP-Sieg holen will", kommentiert auch Martin und ergänzt zusätzlich: "Auch Marc [Marquez] und Enea [Bastianini] werden wieder sehr stark sein. Sie haben ihren eigenen Zweikampf [um WM-Platz drei, Anm.]. Auch sie werden beide versuchen, zu gewinnen." Dass alle drei keine Scheu davor haben, im direkten Zweikampf mit einem Titelanwärter die Ellbogen auszufahren, haben sie in der Vergangenheit bereits unter Beweis gestellt. Keine leichte Situation also für Martin und Bagnaia, doch daran wird sich wohl bis zum Saisonende nichts mehr ändern. Denn Bagnaia weiß: "Sie sind stark genug, um auch in Thailand und Malaysia mit uns zu kämpfen."

Mit Blick auf den Titelkampf gilt es deshalb, das perfekte Mittelmaß aus Risikomanagement und Performance-Maximierung zu finden. Was glaubt ihr: Gelingt das Jorge Martin oder Francesco Bagnaia auf Phillip Island besser? Gebt uns eure Tipps in den Kommentaren ab!